Altarkreuz: Blutiges Schmuckstück
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Karfreitag. Wir erinnern uns daran, dass Jesus gestorben ist. Wie er gestorben ist.
Den Schrecken hat das Kreuz bis heute nicht verloren. Der elektrische Stuhl vor 2000 Jahren. Hinrichtungsmaschinen verbreiten Angst. Das sollen sie ja auch.
Einige Menschen, die mit Jesus gelebt hatten, erlebten ein paar Tage nach dessen Tod: Jesus. Er ist nicht tot. Er lebt. Er ist zu erleben. Mal ganz deutlich in der Gestalt, die alle kannten, sogar mit den Wunden in Händen und Füßen. Mal erst im Nachhinein im Lesen und Verstehen der Bibel. Im Brotbrechen beim Abendmahl. Dann wieder in einem hellen Licht… Auch nach seinem Tod ist Jesus die Seite Gottes, die uns nachgeht. Die uns anspricht. Die uns anrührt. Gottes Sache, die mit Jesus so wunderbar einen Neuanfang in unserer Welt genommen hatte, geht weiter. Das erlebten Menschen, die Jesus aus Nazareth getroffen hatten, aber auch Menschen, die ihm nie begegnet waren. Das erleben Menschen bis heute.
Paulus entdeckt einen Sinn: Denn er bringt das Sterben von Jesus nicht mit den Tätern von damals, sondern mit Gott zusammen. Er zieht Gott mit hinein in den Schrecken des Sterbens von Jesus. Jetzt kommt zum Ziel, was einst mit Weihnachten begann: Gott wird Mensch, wird Mensch bis zum Äußersten, bis zum Tod.
Und so passieren in der Kreuzigung von Jesus zwei Gegensätze gleichzeitig. Das Furchtbare, der Tod, und das Wunderbare, die Versöhnung.
Deutlich zu sehen ist das in vielen Altarkreuzen. Der grausame und quälende Kreuzestod ist deutlich zu sehen. Der Künstler hat sich um eine möglichst lebens- oder eher todesechte Darstellung bemüht. Der Körper ist ausgemergelt. Blutverschmiert. Das ist der Tod.
Ganz anders dagegen das Kreuz selbst. Das ist kein Folterinstrument, sondern ein Schmuckstück. Prunkvoll ist es. Verschnörkelt. Mit Blattgold und Blumenornamenten. Und vor allem überdimensioniert. Das Kreuz ist für den daran genagelten Körper viel zu groß.
Das hat seine Berechtigung. Denn das, was am Kreuz von Jesus passiert, ist übergroß. Es ist größer als alles Sterben.
Gott bittet, lasst Euch versöhnen. Er kommt und bittet, bittet uns an seinen Tisch. Im Abendmahl wird Versöhnung spürbar, sichtbar. Da stehen wir mit all den Scherben und Brüchen und werden entlastet und von Gott mit strahlenden, freundlichen Augen eingeladen. Wir sind gebeten. Nicht nur heute sind wir von Gott gebeten, sondern morgen genauso und wieder und wieder. Und deshalb brauchen wir das Kreuz – nicht nur heute sondern morgen und übermorgen und alle Tage unseres Lebens. Brauchen das Kreuz und das Wort von der Versöhnung.
Amen.
Jakob Kampermann