Auf der Suche nach der Kirche von morgen
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Wenn Janette Zimmermann in Springe bei Hannover unterwegs ist, kann sie zu vielen Häusern eine Geschichte erzählen. "Die Bäckerei da drüben", sagt die evangelische Diakonin und deutet mit dem Finger über die Straße, "da ist jetzt ein Café drin, wo man auch mit dem Kinderwagen durch die Tür kommt." Und in dem leerstehenden Laden da vorn hat sie mal vorübergehend ein "Pop-Up-Café" für junge Eltern eröffnet.
Zimmermann sieht die Stadt mit den Augen ihrer Zielgruppe: der 25- bis 45-Jährigen, die häufig den Kontakt zur Kirche verloren haben. Und genau das will die 37-Jährige ändern. Sie bezeichnet sich selbst als "Kirchenpionierin" und sucht nach neuen Wegen, wie die Kirche von morgen aussehen.
Mit dieser Suche ist sie nicht allein. Landauf landab haben die Kirchen in Deutschland Zukunftsprozesse gestartet, um angesichts von Traditionsabbrüchen und Mitgliederverlusten neue Ideen zu entwickeln. Deutschlands größte evangelische Kirche, die hannoversche Landeskirche, hat bisher allein 48 innovative Projekte durch einen speziellen Fonds unterstützt - von der mobilen Kirche im Bauwagen bis zum Gemeindecafé. Viele von ihnen gehören zugleich zur Bewegung "Fresh Expressions of Church", die aus England kommt. Bundesweit fördert "Fresh X", wie es kurz heißt, mehr als 200 innovative Projekte.
In Springe hat Janette Zimmermann zunächst einmal Interviews mit Menschen aus ihrer Zielgruppe geführt, um ihre Wünsche und Bedürfnisse zu erkunden. Sie fand heraus: Viele gestresste Eltern vermissten in ihrer Stadt ein ruhiges Plätzchen, wo sie nachmittags einfach mal so hingehen konnten, ohne dass sich jemand von Kindern gestört fühlt. Und ein anderes Ergebnis: Viele aus dieser Generation leben völlig ohne Kirche. "Sie haben das Empfinden, dass ihnen die Kirche nichts bringt." Zimmermann zog daraus für ihre Arbeit die Konsequenz: "Diesen Menschen ist es wichtig, dass sie überhaupt erst einmal gesehen werden."
So hat sie zunächst Aktionen wie das Pop-Up-Café "Kleine Pause" gestartet. Es kamen bis zu hundert Besucher am Tag in den leerstehenden Laden. Daraus entwickelte sich eine Initiativ-Gruppe, die Ideen für Familien entwickelt. Manchmal kommen auch ein paar Leute aus der Gruppe zur Andacht in die Kirche. In der hat die Gemeinde inzwischen die Bänke ausgeräumt und Stühle hineingestellt. Das wirkt einfach gastlicher, sagt Zimmermann: "Die Kirche wird sich verändern, ob wir wollen oder nicht."
Diakonin Janette Zimmermann geht in kleinen Schritten voran. In Springe hatte sie für den Advent wieder etwas Besonderes auf die Beine gestellt: einen Adventskalender quer durch die Stadt mit weihnachtlich dekorierten Häusern und Schaufenstern. 25 Stationen machten mit - das Netzwerk trägt. Das Motto der Religionspädagogin: "Erst einmal umfassend zuhören und wahrnehmen. Und dann schauen, ob gemeinsam etwas daraus entsteht."
Text: Michael Grau/epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen