Startseite Archiv Tagesthema vom 28. September 2021

"Was wir brauchen, sind echte Veränderungen"

Zehntausende demonstrieren für das Klima - zwei Tage vor der Bundestagswahl

Knapp 30.000 überwiegend junge Menschen haben am Freitag allein in Niedersachsen und Bremen für mehr Klimaschutz demonstriert. In Hannover und Bremen zogen jeweils mehr als 8.000 Teilnehmende unter dem Banner von "Fridays for Future" durch die Stadt.

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In Niedersachsen und Bremen haben am Freitag Tausende junge Menschen für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit demonstriert. Auch viele Ehrenamtliche aus Kirchengemeinden und Jugendgruppen im ganzen Gebiet der Landeskirche beteiligten sich an den Aktionen. Den Auftakt hatten am Vormittag Schülerinnen und Schüler in Vechta, Norderney und Lehrte bei Hannover gemacht. Allein in Bremen zogen dann am Vormittag nach Polizeiangaben mehr als 8.000 Menschen durch die Stadt, "Fridays for Future" meldete gar 15.000 Teilnehmende. Der Demonstrationszug habe sich über rund zwei Kilometer erstreckt. Auf ihren Plakaten war unter anderem „Klimaschutz ist ein Grundrecht“, „Der Regenwald muss bleiben“ oder „Gute Planeten sind schwer zu finden“ zu lesen.

Auch in Celle zogen Hunderte Protestierende durch die Straßen. (Foto: Christine Warnecke)
Auch in Celle zogen Hunderte Protestierende durch die Straßen. (Foto: Christine Warnecke)

Auch auf Norderney war Vikarin Mona Bürger unterwegs mit anderen Demonstrierenden. "Leider war es eine ziemlich kurze Angelegenheit", sagt sie. "Aber immerhin: Ein paar kamen und haben auf dem Kurplatz vor dem Rathaus Rabatz gemacht." Ähnlich laut ging es bei Alica Martin und den anderen Mitgliedern der Evangelischen Jugend Wesermünde zu: Sie nahmen mit kreativen Plakaten und Sprechchören am Klimastreik in Bremerhaven teil - und dokumentierten ihre Aktivitäten fleissig auf Instagram.

Vikarin Mona Bürger bei der Klimademo auf Norderney (Foto: privat).

In Hannover versammelten sich rund 8.000 Menschen vor einer Bühne auf dem Opernplatz, um mit Trommeln, Fahnen, Transparenten und Sprechchören durch die Innenstadt zu ziehen. „Wirksame Klimapolitik ist kein Nice-to-have, sondern unsere Überlebensgrundlage“, sagte eine Rednerin unter Applaus. „Was wir brauchen, sind echte Veränderungen.“ Die künftige Bundesregierung sei die letzte, die dafür die Weichen stellen könne. "Es ist ein wichtiges Zeichen, dass Kirche zusammen mit der gesamten Gesellschaft für Klimaneutralität eintritt", sagte Dr. Stephanie Springer, Präsidentin des Landeskirchenamtes, am Rande des Protestzugs in Hannover.

Der 15 Personen umfassende Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) unterbrach eigens seine Sitzung in der Landeshauptstadt, um an der Demonstration teilzunehmen. Das zeige, dass der Einsatz für den Klimaschutz nicht nur eine Sache der Jüngeren sei, sagte die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich: „Es ist ein Thema, das uns alle generationenübergreifend betrifft.“

Die EKD solidarisiere sich mit der Klimabewegung, ein „weiter so“ gehe nicht, sagte der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. In den kommenden Jahren müsse die Transformation zu einem nachhaltigen Leben gelingen: „Wir freuen uns, dass dieses Thema jetzt durch junge Leute ins Zentrum rückt. Es ist wichtig, dass wir die Kosten unseres Lebens nicht künftigen Generationen aufbürden.“

Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, auf der Klimademo in Hannover am 24. September 2021 (Foto: Nancy Heusel).
Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, auf der Klimademo in Hannover am 24. September 2021 (Foto: Nancy Heusel).

"Es ist für mich alternativlos, auf die Straße zu gehen", sagt Christiane Gebauer, Studierende aus der ESG Göttingen. "Gerade kurz vor
der Bundestagswahl ist es doch meine Pflicht, auf die Bewahrung der Schöpfung aufmerksam zu machen.“ Zusammen mit anderen Studierenden und dem Banner "Kirche fürs Klima" marschierte sie durch die Universitätsstadt. "Die Bewältigung der globalen Erderwärmung ist eine Krise von bisher unbekanntem Ausmaß", sagt der Göttinger Studierende und ESG-Mitglied Friedrich Neuhof.

Die Göttinger ESG-Studierenden Christiane Gebauer (links) und Friedrich Neuhof (Foto: ESG Göttingen).
Die Göttinger ESG-Studierenden Christiane Gebauer (links) und Friedrich Neuhof (Foto: ESG Göttingen).

"Wir sind dabei, weil es politische Entscheidungen braucht, um diese Gesellschaft zu transformieren", sagt Helmke Hinrichs vom Ausschuss für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung im Kirchenkreis Lüneburg. "Die Ideen für andere Energieformen und nachhaltiges Handeln unter Berücksichtigung aller gesellschaftlichen Schichten sind schon lange da, aber im Moment werden sie bei Weitem noch nicht ausreichend unterstützt. Das Argument 'es ist zu teuer' zieht nicht - weil die Flut-Katastrophen hierzulande und Brände weltweit zeigen, dass die dadurch entstehenden Kosten viel höher sind. Vorbeugen ist besser! Wir müssen die Jugendlichen jetzt unterstützen!"

Klima-Streikende in Lüneburg (Foto: Kirchenkreis Lüneburg)
Klima-Streikende in Lüneburg (Foto: Kirchenkreis Lüneburg)

In Lüneburg kamen nach Polizeiangaben rund 1.500 junge Leute zusammen. In Göttingen waren es rund 3.000. Oldenburg meldete um die 4.000 Demonstrierende. Auch in Osnabrück und Bremerhaven protestierten Tausende gegen eine verfehlte Klimapolitik. In Braunschweig waren es etwa 1.500 Teilnehmer.

Text/Video: epd /Evangelische Medienarbeit

Weltweiter FFF-Aktionstag

Zu mehr als 1.700 Klima-Protesten in mehr als 80 Ländern weltweit hat die von der Schwedin Greta Thunberg gegründete Bewegung "Fridays for Future" (FFF) am 24. September aufgerufen. In Niedersachsen und Bremen fanden insgesamt rund 60 Demonstrationen statt. Bundesweit waren es nach Angaben der Organisatoren mehr als 470 mit Zehntausenden Teilnehmern. Aufgerufen hatten die Bewegung „Fridays for Future“ und weitere Organisationen, darunter auch die evangelischen Kirchen in Niedersachsen. Zwei Tage vor der Bundestagswahl forderten sie konkrete politische Schritte, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu müsse die nächste Bundesregierung spätestens 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen.

Demonstrieren während der Unterrichtszeit

Das niedersächsische Kultusministerium erklärte anlässlich der Demonstrationen vom Freitag, wenn Schülerinnen und Schüler im Pflichtunterricht unentschuldigt fehlten, weil sie während dieser Zeit demonstrierten, so müsse das auch entsprechend bewertet werden. Grundsätzlich sei es aber zu begrüßen, dass junge Menschen sich für den Klimaschutz einsetzten, hieß es.

epd