Orgel des Jahres aus Otterndorf // Das war 2020 #5
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„Es ist beeindruckend, wie viele Stimmen die St.-Severi-Gemeinde für ihre Orgel bekommen hat. So kommt ein wunderschönes und klangstarkes Instrument, das in Otterndorf häufig zu verschiedenen Anlässen zu hören ist, zu Recht zu dem Titel der ‚Orgel des Jahres 2020‘“, kommentiert Catharina Hasenclever, Geschäftsführerin der von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegründeten Stiftung Orgelklang.
Die von Dietrich Christoph Gloger erbaute Orgel enthält 46 Register mit 2676 Pfeifen und ist die größte Barockorgel zwischen Elbe und Weser. Im 19. Jahrhundert wurde sie an den Orgelstil der Zeit angepasst. Nun steht eine große Sanierung dieser bedeutenden historischen Orgel an. „Es ist dies eine der wichtigsten und leider auch teuersten Orgelmaßnahmen in der hannoverschen Landeskirche“, so Regionalbischof Brandy. „Vor Ort wird mit großartigem Engagement und zumeist ehrenamtlich für die Realisierung dieses Projektes gearbeitet.
Die Auszeichnung zur ‚Orgel des Jahres‘ ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Sanierung der Orgel bald umsetzen zu können.“ Insgesamt werden die umfassenden Arbeiten rund 1,7 Millionen Euro kosten. Im vergangenen Jahr hat die Stiftung Orgelklang die Sanierung des Instruments mit 5.000 Euro gefördert.
Seit 2013 engagiert sich der „Verein zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf“ unter Vorsitz von Irmgard Kröncke für die Sanierung der Orgel. „Wir sind sehr glücklich über diese Auszeichnung“, freut sich Kröncke, „und möchten alle, die für uns abgestimmt haben, an unserer Freude teilhaben lassen! Gerade in diesen Zeiten mit Corona tut diese Nachricht richtig gut.“ Der Verein veranstaltet regelmäßig erstklassige Konzerte in der Otterndorfer Kirche und hat vor einigen Jahren eine Sondebriefmarke zum Erhalt der Orgel herausgegeben.
Die Glocken der Northeimer St.-Sixti- Kirche gehören zu den wertvollsten und ältesten ihrer Art im Land. Das bestätigte jetzt einmal mehr eine kleine Expertise eines jungen Bremer Glockenenthusiasten.
Der 16-jährige Hendrik Hopfenblatt dokumentiert seit Jahren Kirchenglocken vorwiegend in Niedersachsen und hat auf einem eigenen YouTube-Kanal in 100 Kirchtürmen schon über 300 Glocken akustisch und optisch dokumentiert. „In der Sixti-Kirche hängt eines der wohl wertvollsten Geläute Niedersachsens“, betonte er nach einem Besuch in Northeim, bei dem er mit Kirchenvorstand Dr. Christian Steigertahl auf den 63 Meter hohen Turm stieg, um die Glocken unter die Lupe und vors Mikrofon zu nehmen.
Die älteste Glocke ist rund 900 Jahre alt, so der glockenbegeisterte Schüler: „Am meisten Beachtung hat aber die große Glocke verdient. Sie ist ein wunderbares Stück der Spätgotik, sowohl im Klang als auch in ihrer Verzierung. Ersterer ist so ausgesprochen mächtig, durchdringend und einprägsam, dass diese Glocke weit oben in der Liste von den klangschönsten Glocken Niedersachsens steht.“ Sie habe den Ton d´-4 und ein unglaubliches Gewicht von 3.700 Kilogramm. Eine normalschwere Glocke ihrer Tonlage wiege die Hälfte.
Die Dokumentation der Klänge der Kirchenglocken in Niedersachsen, aber zunehmend auch darüber hinaus in Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Hessen und Bayern hat sich der junge Bremer Hendrik Hopfenblatt zum Hobby gemacht. Allein in den vergangenen drei Jahren, so berichtet er, habe er über 100 Kirchtürme erstiegen und so vor Ort gut 300 Glocken für die Nachwelt festgehalten. Er macht das nicht nur für seine private Datenbank, seine Internetseite und seinen YouTube-Kanal „GlockenHenry“, sondern auch für das Projekt createsoundscape.de. Bei Letzterem handelt es sich um ein Onlineverzeichnis, in dem nach und nach alle Glocken und Geläute in Deutschland vorgestellt werden sollen.
An dem Internetprojekt kann sich jeder beteiligen, das heimatliche Glockengeläut vorstellen und dann hochladen. Mitinitiator ist das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien anlässlich des Kulturerbejahrs 2018. Als Hendrik Hopfenblatt gemeinsam mit Sixti-Kirchenvorstand Dr. Christian Steigertahl in über 50 Metern Höhe die Sixti-Glocken begutachtete, erzählte der 16-Jährige auch, wie er zu dem ungewöhnlichen Hobby gekommen ist. „Mit acht Jahren habe ich mit meinen Eltern Urlaub in Kroatien gemacht“, erinnert er sich. „Auf dem Weg zum Einkaufsladen läutete die Glocke der Dorfkirche, und die Glockenstube war offen, sodass ich die Glocke auch sehen konnte. Seitdem bin ich ergriffen vom Glockenläuten.“
Auch den Glockensachverständigen der Hannoverschen Landeskirche Andreas Philipp habe er schon gelegentlich auf seinen Dienstfahrten begleiten dürfen. Wenn Hendrik auf Glockentour geht, dann tut er dies nach einem festen Ablaufplan. So schreibt er die Verantwortlichen der jeweiligen Kirche vorher per E-Mail an und macht einen Termin aus. Steht dieser, dann wird eine Außenaufnahme vom Gotteshaus gemacht. Es folgen Fotos vom Geläut im Glockenstuhl und das Einrichten der Geräte für die Tonaufnahmen. Präzision ist gefragt, auch in der Erfassung der geschichtlichen Daten. Sein Ziel ist es, die Glockenlandschaft in Deutschland zu dokumentieren und zu inventarisieren.
Bei so viel Begeisterung ist es kein Wunder, dass auch der Berufswunsch des 16-Jährigen etwas mit Glocken zu tun hat. „Ich habe 2017 bereits ein Schulpraktikum in der Glockengießerei Petit & Edelbrok absolviert.“ Später wolle er Glockensachverständiger werden. „Vielleicht dann als Nachfolger von Andreas Philipp nach meinem Studium.“