Martin Luther King bewegt noch heute // Das war 2020 #2
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Es ist ein besonderes Musical über das Leben des US-amerikanischen Bürgerrechtlers in der Swiss-Life-Hall Hannover. Viele Sängerinnen und Sänger finden: Die Botschaft von damals ist leider noch immer aktuell – macht aber Mut. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass sich so viele Leute findenlassen“, sagt Hanjo Gäbler, der mit Christoph Terbuyken die 22 Lieder der Show komponiert hat.
Gäbler meint die 1.164 Chormitglieder, die auf der Tribüne im Hintergrund mitsingen und sich dabei zu Gospeltönen, Rock ’n’ Roll und Popmusik sanft im Rhythmus wiegen. Am Handgelenk tragen sie ein leuchtendes Armband. Alle zusammen wirken wie ein Meer aus kleinen bunten Lichtern. Auf der bundesweiten Tournee wird der Megachor an jedem neuen Ort neu zusammengestellt. An der Aufführung in Hannover beteiligten sich 34 Chöre und 234 Einzelsänger aus der Region. Martin Luther King protestierte in den 1950er- und 1960er-Jahren als schwarzer Pastor gegen die Diskriminierung der Afroamerikaner in den USA. Er wurde zum bekanntesten Sprecher der Bürgerrechtsbewegung. Beim „Marsch auf Washington“ hielt er im August 1963 vor rund 250.000 Menschen seine berühmte Rede „I Have a Dream“ (Ich habe einen Traum). 1964 erhielt er den Friedensnobelpreis. Vier Jahre später wurde er im Alter von 39 Jahren von einem Attentäter erschossen.
Auf der Bühne spielt Gino Emnes den Bürgerrechtler. Der 43-jährige Niederländer hat Wurzeln auf dem karibischen Aruba und im südamerikanischen Surinam. Viele Produzenten trauten sich noch immer nicht, bestimmte Rollen mit Menschen anderer Hautfarben zu besetzen. Das sei bei ihm anders, sagt Emnes. Als einer von wenigen schlüpfe er auch in unterschiedliche Rollen anderer Hautfarbe.„Dessen bin ich mir schon sehr bewusst“, sagt der in Hamburg lebende Schauspieler. Er wünsche sich, dass das Musical zum Nachdenken anregt und Mut macht. Eine Besucherin, die 53-jährige Eleonore aus der Nähe von Bielefeld, stimmt ihm zu und sagt: „Der Traum von Martin Luther King ist heute noch lange nicht zu Ende geträumt.“
Das Musical macht – der nur allzu realen Tragik der Geschichte zum Trotz – Hoffnung. Die Songtexte aus der Feder von Andreas Malessa spielen dabei eine genauso große Rolle wie die 15-köpfige Big Band und die acht Profidarsteller, die stimmgewaltig und eindrücklich den Bürgerrechtler und seine Mitstreiter, darunter Rosa Parks und Malcolm X, verkörpern. Zudem gehen bekannte Songs wie „Go down Moses“ oder „We Shall Overcome“ den Zuschauern unter die Haut. Das Publikum bedankt sich mit lang anhaltendem Applaus.
Produziert wird das Stück von der gemeinnützigen Stiftung Creative Kirche im nordrheinwestfälischen Witten. Sie hat die Idee der Mitsing-Musicals inzwischen etabliert. Das Stück über Martin Luther King ist bereits ihr viertes Chorprojekt. Dabei ist dieses Thema gerade hochbrisant, sagt Mitinitiator Bernd Sieper. „Zur- zeit erleben wir in unserer Gesellschaft vielfach, dass Menschen ausgegrenzt werden.“ Mit dem Musical wolle die evangelische Kirche zeigen, dass es sich lohnt, sich dagegen aufzulehnen.
EMA8 Minuten und 46 Sekunden Schweigen gegen jede Form der Fremdenfeindlichkeit. So erlebten wir es in den vergangenen Tagen. 8 Minuten und 46 Sekunden rang George Floyd um Atem. Politikerinnen, Demonstranten, Fußballer und Polizisten gehen auf die Knie.
Eine beeindruckende Geste. So setzte Colin Kaepernick, der ehemalige Quarterback der San Francisco 49ers, 2016 ein Zeichen gegen Polizeigewalt gegen Schwarze. Schweigen, knien, Botschaften auf Trikots und Armbinden: Stiller Protest gegen Rassismus an vielen Orten. Stiller Protest bestreitet nicht den Sinn von Demonstrationen. Er ist eine Demonstration. Er setzt auf die Kraft von gemeinsamen Zeichen und Gesten, über alle kulturellen Grenzen hinweg.
Er lehnt jede Form von Gewalt ab. Er will nicht die üblichen Redewendungen wiederholen, die allzu bekannten, gewohnten Sätze. Stiller Protest wirkt nicht nur nach außen. Er befragt uns selbst: Wo schlummern meine eigenen Vorurteile, welche Gewohnheiten der Diskriminierung prägen mein Leben, warum reicht mein Mut zur Veränderung nicht?
Stiller Protest steht auf, wenn im Bus Menschen wegen ihrer Hautfarbe verspottet werden. Er sucht das Gespräch, wenn Stammtischwitze rassistisch werden. Stiller Protest bleibt aufmerksam und stärkt den inneren Widerstand.
Er schärft das soziale Gewissen. Alle Menschen sind Gottes Kinder. Für diese uns verliehene Würde beten und kämpfen wir.
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Matthäus 5,9) Dieser stille Protest verwandelt die Welt.
Landesbischof Ralf Meister angesichts der Demonstrationen gegen Rassismus nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd im Mai 2020.