Lobe den Herren
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Das ist die Situation: Ich sitze in einem Gottesdienst in einem Pflegeheim. Ich halte ihn nicht selber. Also habe ich auch nicht die Lieder ausgesucht. Einen Organisten gibt es hier gar nicht. Es sitzen einige alte Leute hier. Im Rollstuhl und auf anderen Stühlen. Und wir singen alle: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. Alle Strophen. Und alle singen mit.
Als Joachim Neander diese Verse gedichtet hat im 17. Jahrhundert, gab es dieses Pflegeheim noch gar nicht. Aber alte Menschen ganz bestimmt. Und Krankheit sowieso. "Natürlich wissen sie, dass sie krank sind", sagt mir eine Angestellte im Haus hinterher. "Sonst wären sie ja gar nicht hier."
Joachim Neander wird das auch gewusst und gekannt haben. Anderes möchte ich ihm gar nicht unterstellen. Aber ich gebe zu, dass ich seit Jahren in meinen Gottesdiensten die dritte Strophe auslasse, weil ich Gott nicht für meine Gesundheit danken mag.
Ich bin nun mal selber chronisch krank. Also immer.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob diese alten Menschen sich selbst so sehen. Gesundheit und Krankheit sind dehnbare Begriffe. Können sie Gott also danken für Gesundheit, die sie lange Jahre erlebt haben? Oder gefällt es ihnen sogar, wie Gott sie jetzt gerade erhält? Oder müssen sie unzufrieden sein?
3 Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet, der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet. In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet!
Mag ich glauben, dass Gott mich künstlich und fein bereitet hat? Auch mit Krankheit? Doch, so ein Glaube wäre stark. Und die Vorstellung, dass diese Menschen, die da sitzen, diese Strophe singen und sie glauben, beeindruckt und rührt mich.
Und ich ahne, dass man dafür durch ein dunkles Tal gewandert sein muss, um so etwas für sich zu begreifen:
Er ist dein Licht, Seele, vergiss es ja nicht.
Amen.
Jakob Kampermann/EMA