#IchBinDabei: Das Projekt Zwischenzeit
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„Das hier ist Kirche auf mich zugeschnitten“, sagt Judith Reinefeld und lässt sich in ein graues Sofa fallen. Das steht jedoch weder in einer Kirche, noch einem Gemeindehaus - sondern in einem ehemaligen Laden in der Nordhorner Innenstadt. Durch die bodentiefen Fenster fallen Sonnenstrahlen hinein und auf ein buntes Sammelsurium an Stühlen, die um Holztische stehen, auf Sofas, Euro-Paletten mit Kissen und Regale, in denen Flyer, Bücher und Spiele stehen. „ZwischenZeit“ steht in geschwungenen blauen Lettern auf der Eingangstür. Was ist dieser Raum? „Coworking-Platz, Meditationsraum, Musik-Abende, Poetry-Slam, Diskussionsforum… die ZwischenZeit ist das, was du draus machst. Es klingt wie eine Plattitüde, ist aber tatsächlich so“, sagt die Lehrerin.
Sie habe anfangs einen Raum gesucht, um neben dem Job und zwei Kindern mal etwas Ruhe für sich zu finden. „Aber das hat sich dann schnell gewandelt, weil ich viele Leute kennengelernt habe.“ Jonathan Nehrke zum Beispiel, ein Sozialarbeiter, der über eine WhatsApp-Einladung auf den Raum aufmerksam wurde. „Mir wurde gesagt: Da ist so ein neues Ding, wo man diskutieren und sich austauschen kann – und ich dachte: Klasse, das ist genau mein Ding!“
Zwar ist die „ZwischenZeit“ die Idee von Simon de Vries, einem Pastor, und auch seine Kollegin Henrike Lüers hat einen Stellenanteil für dieses Projekt – aber auch Jonathan Nehrke als überzeugter Atheist ist hier gern. „Ich bin sehr religionskritisch. Aber es hat sich herausgestellt, dass ich mit meinen Gedanken und der Kritik willkommen bin. Ich treffe auf offene Ohren, komme in den Dialog: Jackpot.“
Er mache ganz neue – positive – Erfahrungen mit Gläubigen. „Bisher hatte ich mich mit ihnen vor allem online, in Foren oder Facebook auseinandergesetzt. Aber so persönlich, wenn man sieht, was die Worte mit dem gegenüber machen, das ist eine ganz andere Sache. Wir spielen uns hier die Bälle zu, es geht nicht um Kirche, sondern die Menschen, die aufeinandertreffen. Was sie bewegt und noch bewegen könnte.“
Für Pastor Simon de Vries ist die Idee aufgegangen. „Leute, die Ideen haben, kommen zusammen und starten neue Dinge. Der Raum wächst mit seinen Leuten.“ Für Lehrerin Judith Reinefeld hat sich schon ganz konkretes ergeben: „Mir ist Antirassismus-Arbeit ein Anliegen. Wenn man die Nachrichten verfolgt, löst das in mir den Drang aus, etwas zu tun. Und hier in der ZwischenZeit habe ich Leute kennengelernt, mit denen ich gerade ein Programm für Rassismus-Sensibilisierung in Kitas erarbeite. Hier in Nordhorn werden demnächst die Erzieherinnen und Erzieher dafür geschult – das ist klasse.“
Für Jonathan Nehrke ist die ZwischenZeit an sich nicht kirchlich, für Judith Reinefeld hingegen schon: „Für mich ist Kirche ein Sammelbecken von Weltverbesserern, die sich einsetzen, dass die Welt besser und schöner und toleranter wird. Vielleicht haben nicht alle diesen christlichen Hintergrund, aber irgendwo denselben Wunsch. Das bringt uns hier zusammen.“