#IchBinDabei: Porträt Kirsten Ahrens-Imhorst
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Wenn Kirsten Ahrens-Imhorst freitagsmorgens beim Schnack im Zug fallen lässt, was sie vor dem nächsten Gottesdienst am Sonntag noch zu tun hat, blickt sie immer wieder in erstaunte Gesichter: „Du? In der Kirche?“, heißt es dann aus der Pendlerclique Richtung Großstadt. „Das hätte ich ja nicht gedacht. Du bist doch sonst ganz normal!“ Ihre Augen blitzen, und ihre roten Haare scheinen noch kräftiger zu leuchten, wenn Kirsten Ahrens-Imhorst davon erzählt. Sie lacht – und wird gleichzeitig nachdenklich: „Warum ist es nicht normal, wenn jemand in die Kirche geht?“
Kirsten Ahrens-Imhorst ist auf dem Land groß geworden, in einem kleinen Dorf an der Elbe kurz vor Hamburg. Keine Frage, dass sie als Säugling getauft und als Jugendliche konfirmiert wurde. „Das war einfach so. Es gehörte dazu, aber ohne tiefe Bindung. Wir waren typische U-Boot-Christen“, erzählt Kirsten Ahrens-Imhorst im Pfarrgarten ihrer heutigen Heimatkirche, St. Nicolai in Lüneburg. „Kirche war da, hatte aber keine Priorität. Sie plätscherte so dahin.“
Als in ihrer Konfer-Gruppe ein Junge war, der sie eines Tages fragte, ob sie nicht bei der Vorbereitung der Kindergottesdienste mithelfen wolle – da guckte Kirsten das erste Mal aus ihrem U-Boot heraus. „Ich war total angefixt. Die Leute waren so nett, irgendwie achtsamer, freundlicher und zugewandter als ich es kannte. Die Gemeinde zeigte uns: Wir sind ein Schatz, unsere Arbeit ist wertvoll.“
Trotzdem: Nach Konfirmation, Schulabschluss und mit ihrer Ausbildung tauchte Kirsten Ahrens erst einmal wieder ab. „Durch Umzug und Beruf habe ich den Kontakt verloren. Und dann war ich viele, viele Jahre weg.“ Außer an den Festen natürlich, die gehörten dazu wie früher.
Und dann saß sie eines Tages auf einer ihrer Umzugskisten und hörte eine Kirchenglocke läuten. Kirsten Ahrens war mit Sack und Pack zu ihrem Freund gezogen. „Da stand auf einmal diese Kirche vor meiner Eingangstür, in ihrer ganzen Präsenz.“ Roland Imhorst lebte vis-à-vis zu St. Nicolai, einer großen alten Backsteinkirche im Lüneburger Wasserviertel. Er selbst ging ohnehin ganz selbstverständlich in den Gottesdienst, und Kirsten begann mitzugehen.
„Ich merkte wieder: Es ist ein gutes Feld, dort zu sein“, erzählt sie. „Es ist gut, dazuzugehören. Unverbindlich und trotzdem verbindlich.“ Die beiden heirateten vor dem Altar ihres geistlichen Nachbarhauses, sie ließen ihren Sohn taufen, ganz bewusst als Baby. „Weil ich glaube, dass man durch die Taufe mit allem ausgestattet ist, was man braucht.“
Kirsten Ahrens-Imhorst selbst merkt, dass sie ruhiger wird, wenn sie etwas für sie Unlösbares in Gottes Hand legt. „Wenn ich weiß, dass ich alles getan habe, was ich kann, und es trotzdem noch keine Lösung gibt: Dann bete ich. Ich bitte Gott, die Sache zu übernehmen. Wenn es mir gelingt, die Dinge dann loszulassen, ist es gut. Mit dem Ergebnis kann ich mich versöhnen, auch wenn es nicht immer das ist, was ich erhofft habe.“
Als sie in Elternzeit war, sprach sie ihr Pastor an, ob sie nicht mit im Kirchenvorstand mitarbeiten wolle. Sie hatte das Gefühl, ohnehin gerade nicht genug zu tun zu haben, und sagte zu. 15 Jahre ist das jetzt her. „Während einer so langen Zeit gab es auch mal Phasen, die nervten. Das ist klar“, sagt sie. „Aber insgesamt ist diese Arbeit unglaublich toll. Weil ich etwas bewirken und bewegen kann. Die Kirche lässt zu, dass ich sie mit verändere. Wir denken gemeinsam und entscheiden gemeinsam. Es ist irgendwie leicht – und wunderschön.“
Ihr Sohn ist mittlerweile 17, die Elternzeit lange her. Kirsten Ahrens-Imhorst pendelt täglich von Lüneburg nach Hamburg in das Notariat, in dem sie arbeitet. Ihr Ehrenamt führt sie trotzdem weiter, seit sechs Jahren sogar als Vorsitzende des Vorstands. Um sich die Leitung zuzutrauen, machte sie zunächst eine Fortbildung für Frauen in ehrenamtlichen Führungspositionen. Und dann erlebte sie, wie dieses Ehrenamt auch ihre Persönlichkeit verändert. „Ich habe gemerkt: Ich wachse. Ich bin zum Beispiel viel konsensorientierter geworden – ohne konfliktscheu zu werden.“
Was sie besonders mag an den Kontakten in der Kirche, das ist die etwas andere Art des Miteinanders. „Christenmenschen gehen mit ihrem Gegenüber wertschätzender um, auch in Konfliktsituationen. Sie sind zwar genauso genervt wie alle anderen, wenn etwas nicht läuft. Aber da schwingt noch ein anderer Strang mit.“ Sie liebt, was die große Institution Kirche ihr bietet: schöne Gebäude, durchbetete Räume, Oasen, Orte zum Krafttanken. Konzerte, Ausstellungen. „Und wir haben nette, zugewandte Leute. Wenn ich mir das alles klar mache, weiß ich gar nicht, warum die Leute uns nicht die Türen einrennen“, sagt sie und lächelt noch einmal so, dass ihre Haare mitleuchten. „Wir haben doch die beste Botschaft der Welt.“