Startseite Archiv Tagesthema vom 19. Juni 2021

Vom Suchen und Finden

Andacht zum 3. Sonntag nach Trinitatis

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Sind die Überschriften eigentlich richtig? Vom Verlorenen? Vom verlorenen Schaf? Vom verlorenen Groschen? Dann auch noch der verlorene Sohn?

Die Geschichten erzählen tatsächlich davon, dass etwas verloren gegangen ist. Und dann, finde ich, vor allem davon, dass etwas wieder gefunden wurde. Insofern ist es dann wirklich ziemlich egal, ob die Frau einen Teil ihres Brautschmucks verloren hat, den einen Silbergroschen von zehn. Sie freut sich in jedem Fall, ihn wiedergefunden zu haben und macht eine Feier mit ihren Nachbarinnen. Weil das Wiederfinden für sie so schön war.

Wo also finden wir uns in diesen Erzählungen wieder? In den meckernden Pharisäern, die sich darüber aufregen, dass Jesus so offensichtlich hemmungslos mit allen zusammen isst und ist? Oder in den Schafen und Groschen, die verloren gegangen sind? Oder in den Hirten und Witwen, die sich daran machen, zu suchen?

Ich betrachte aufmerksam die Frau, die mir gegenüber sitzt auf ihrem Rollator und erzählt, dass sie nie einen Beruf gelernt habe. Von 90 Jahren war das gar nicht drin. So war sie vor allem Hausfrau und Mutter. Das hätte sie auch nie gelernt. Und dann hat sie eine Träne im Auge. Sie hätte so vieles falsch gemacht. Sie habe sich verloren zwischen all den Umständen und ihren begrenzten Möglichkeiten.

Solche Geschichten gibt es wahrscheinlich ganz oft zu erzählen. Auch mit einer Träne im Auge. Und dann erzählt uns Jesus seine Geschichten von unserem Gott. Vom beharrlichen Suchen. Und finden.
Und dem Fest am Ende.

Amen.

Jakob Kampermann
Die Party zum Wiederfinden ist das schöne am Verlieren. Bild: canva

Der Bibeltext

Es nahten sich ihm aber alle Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen:
Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet?
Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet? Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. So, sage ich euch, ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.

Lukasevangelium 15, 1-10
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Bild: Wiebke Ostermeier/lichtemomente.net

Der Autor

Pastor Jakob Kampermann