Eine (Vor-) Ostergeschichte 2021
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Am Palmsonntag breiteten die Bewohner Jerusalems Palmzweige auf den Straßen vor Jesus aus und hießen ihn so als König willkommen.
So weit, so bekannt. Aber: Warum haben die das damals überhaupt gemacht? Was für Palmblätter waren das überhaupt? Eine kurze Recherche ergibt: Palmen sind eine uralte Pflanze, schon vor 70 Millionen Jahren gab es sie. Und es existieren heute 2600 verschiedene Palmenarten.
Damals, in Jerusalem, kannte man vor allem die Dattelpalme. Deren Holz nutzte man zum Bauen und Verfeuern, die Früchte waren frisch oder getrocknet eine süße Energienahrung (eingekocht wird daraus Dattelhonig) und als Judas Makkabäus in Jerusalem den Tempel im Jahr 164 v.Chr. wieder eingeweihte, wurde das Gotteshaus mit Palmzweigen als Siegessymbol geschmückt.
Im Jahr 1963 fand man dann bei Ausgrabungen in Masada einen Tonkrug mit 2000 Jahre alten Dattelsamen. Die Römer belagerten damals, ca. vierzig Jahre nach Jesu Tod, die Festung, in der sich aufständische Juden verbarrikadiert hatten. Den Ausgang der Geschichte schildert der Historiker Josephus: Die Aufständischen - wohl knapp 1000 Menschen, Männer, Frauen Kinder - sehen die Ausweglosigkeit ihrer Lage und begehen kollektiv Selbstmord, um nicht in die Hände der Feinde zu fallen.
Verstaubtes, historisches Wissen, das mit heute nichts mehr zu tun hat? Nein: 2015 wagten israelische Forscher ein Experiment. Die Dattelpalmensamen wurden in warmem Wasser aufgeweicht, sorgsam vorbereitet und dann in frische Erde gesetzt. Und mit aufwendiger und geduldiger Pflege wuchs ein Setzling heran, der sich tatsächlich zu einer Dattelpalme entwickelte. „Methuselah“ nannte man diese (männliche) Pflanze - in Erinnerung an den ältesten Mann der Bibel, den Großvater Noahs. Ein botanisches Wunder.
Letztes Jahr nun gelang den Forschern ein erneutes Wunder: Aus einem weiteren 2000 Jahre alten Dattelsamen wuchs eine weibliche Pflanze, Hanna genannt. Und im September 2020 war es dann endlich soweit: Bestäubt mit Pollen von von Methuselah trug Hanna erstmals Früchte. Der Name der neuen-alten Dattelsorte: Phoenix Dactylifera.
Ja, bis zu Ostern ist es noch eine Woche. Und normalerweise haben wir Mandelbaum und Weizen vor Augen, wenn wir Bilder für Tod und Auferstehung Jesu suchen. Aber für mich ist das die Ostergeschichte des Jahres 2021: Dattelpalmzweige, über die Jesus in den Tod reitet. Datteln, die während eines Massenselbstmords und dann über 2000 Jahre in einem Tongefäß unbeachtet in der Dunkelheit liegen. Schwarz, eingeschlossen, unscheinbar, tot. Und die jetzt leben, wachsen, grünen und süße Frucht bringen.
Einen gesegneten Palmsonntag allen!
Matthias Bochow