Startseite Archiv Tagesthema vom 28. März 2021

Eine (Vor-) Ostergeschichte 2021

Andacht zum Sonntag Palmarum

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Am Palmsonntag breiteten die Bewohner Jerusalems Palmzweige auf den Straßen vor Jesus aus und hießen ihn so als König willkommen.

So weit, so bekannt. Aber: Warum haben die das damals überhaupt gemacht? Was für Palmblätter waren das überhaupt? Eine kurze Recherche ergibt: Palmen sind eine uralte Pflanze, schon vor 70 Millionen Jahren gab es sie. Und es existieren heute 2600 verschiedene Palmenarten.

Damals, in Jerusalem, kannte man vor allem die Dattelpalme. Deren Holz nutzte man zum Bauen und Verfeuern, die Früchte waren frisch oder getrocknet eine süße Energienahrung (eingekocht wird daraus Dattelhonig) und als Judas Makkabäus in Jerusalem den Tempel im Jahr 164 v.Chr. wieder eingeweihte, wurde das Gotteshaus mit Palmzweigen als Siegessymbol geschmückt.

Im Jahr 1963 fand man dann bei Ausgrabungen in Masada einen Tonkrug mit 2000 Jahre alten Dattelsamen. Die Römer belagerten damals, ca. vierzig Jahre nach Jesu Tod, die Festung, in der sich aufständische Juden verbarrikadiert hatten. Den Ausgang der Geschichte schildert der Historiker Josephus: Die Aufständischen - wohl knapp 1000 Menschen, Männer, Frauen Kinder - sehen die Ausweglosigkeit ihrer Lage und begehen kollektiv Selbstmord, um nicht in die Hände der Feinde zu fallen.

Verstaubtes, historisches Wissen, das mit heute nichts mehr zu tun hat? Nein: 2015 wagten israelische Forscher ein Experiment. Die Dattelpalmensamen wurden in warmem Wasser aufgeweicht, sorgsam vorbereitet und dann in frische Erde gesetzt. Und mit aufwendiger und geduldiger Pflege wuchs ein Setzling heran, der sich tatsächlich zu einer Dattelpalme entwickelte. „Methuselah“ nannte man diese (männliche) Pflanze - in Erinnerung an den ältesten Mann der Bibel, den Großvater Noahs. Ein botanisches Wunder.

Letztes Jahr nun gelang den Forschern ein erneutes Wunder: Aus einem weiteren 2000 Jahre alten Dattelsamen wuchs eine weibliche Pflanze, Hanna genannt. Und im September 2020 war es dann endlich soweit: Bestäubt mit Pollen von von Methuselah trug Hanna erstmals Früchte. Der Name der neuen-alten Dattelsorte: Phoenix Dactylifera.

Ja, bis zu Ostern ist es noch eine Woche. Und normalerweise haben wir Mandelbaum und Weizen vor Augen, wenn wir Bilder für Tod und Auferstehung Jesu suchen. Aber für mich ist das die Ostergeschichte des Jahres 2021: Dattelpalmzweige, über die Jesus in den Tod reitet. Datteln, die während eines Massenselbstmords und dann über 2000 Jahre in einem Tongefäß unbeachtet in der Dunkelheit liegen. Schwarz, eingeschlossen, unscheinbar, tot. Und die jetzt leben, wachsen, grünen und süße Frucht bringen.

Einen gesegneten Palmsonntag allen!

Matthias Bochow
Bild: 221715/pixabay.com

Der Bibeltext

Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!

Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht (Sach 9,9): »Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.«

Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte.

Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat. Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.

Matthäuas 12, 12-19
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Bild: Wiebke Ostermeier/lichtemomente.net

Der Autor

Pastor Matthias Bochow