Auch in den Herbstferien: LernRäume locken
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Auch in den Herbstferien gehen viele Kinder in Niedersachsen in die Schule. In von den Kirchen initiierten „Lernräumen“ spielen und lernen sie gemeinsam - und üben, was durch Corona zu kurz kam.
Kinder und Jugendliche, die freiwillig in den Herbstferien die Schule besuchen? Klingt ungewöhnlich, ist es auch. Aber normal ist nichts, wenn eine Pandemie weltweit wütet. „Wenn man in den Ferien ohnehin nicht wegfahren kann oder will, ist es doch toll, gemeinsam mit Freunden zu lernen“, sagt Dr. Gabriele Obst. Die Leiterin des Evangelischen Gymnasiums Nordhorn ist in dieser Ferienwoche regelmäßig im Schulgebäude, denn dort üben Kinder aus den Jahrgängen 5 bis 8 mit „Lernbegleitern“ aus dem 12. und 13. Jahrgang. Um 9 Uhr beginnt der Tag mit lockeren Spielen, dann folgt eine Stunde Lernzeit. Nach einer Pause wird noch einmal anderthalb Stunden geübt - 22 Kinder profitieren aktuell von dem Angebot.
Schon in den großen Ferien hatte das Gymnasium eine „Sommerschule“ angeboten. „Wir konnten gar nicht so viele Teilnehmer aufnehmen, wie wir wollten“, sagt Pädagogin Obst. „Da hat home schooling echt etwas verändert. Viele Schüler haben gemerkt: Ohne Schule ist es auch nicht toll. Und ich kann manches nicht so gut, komme nicht mit.“ Für das freiwillige Angebot sprachen die Klassenleitungen gezielt Kinder an - im Kern geht es um konkrete Lerninhalte und selbständiges Arbeiten, auch im Hinblick auf einen möglichen neuen Shutdown.
Die Schließungen vom Frühjahr sitzen in der durch Schließungen, Corona-Auflagen und Digitalisierungsdruck durchgeschüttelten Bildungswelt noch tief: Eltern, Lehrkräfte und Kinder möchten nicht wieder zurück in die Welt des ausschließlichen home schooling. Aber wie können Schülerinnen und Schüler nach den Ferien möglichst viel Stoff im Klassenzimmer lernen, ohne sich anzustecken? Eine Frage, die auch die Lehrkräfte bedrückt.
Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) empfiehlt in einem Brief allen Lernenden, einen warmen Pullover mitzunehmen - denn die Verantwortlichen werden viel lüften müssen. Doch auch wenn Präsenzunterricht weiter ohne Masseninfektionen gelingt: Viele Lern-Lücken sind längst gerissen. Und nicht alle Eltern können ihren Kindern dabei helfen, sie wieder zu schließen.
In den Sommerferien haben „LernRäume“ in Niedersachsen genau hier angesetzt: Schulen, evangelische und katholische Kirchengemeinden, Vereine und Initativen öffneten ihre Türen und boten Orte an, an denen Kinder gemeinsam lernen und Gemeinschaft lernen konnten. Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und die katholischen Kirchen hatten die Idee angestoßen, zahlreiche weitere außerschulische Partner schlossen sich an. Landesweit waren mehr als 6.500 Kinder und Jugendliche in rund 600 "LernRäumen" aktiv dabei - etwa in Kirchengemeinden, Schulbauernhöfen, Volkshochschulen und Jugendherbergen. Und eben auch in Schulen wie dem Evangelischen Gymnasium.
Mit inzwischen 3,5 Millionen Euro fördert das Kultusministerium die „Lernräume“ - und auch im Herbst geht es damit nun weiter. Die Angebote richten sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die durch Pandemie und teilweise eingeschränkten Schulbetrieb besondere Unterstützung benötigen. Projekte für Grundschulen existieren ebenso wie Selbstlernangebote für weiterführende Schulen.
Er wolle dafür sorgen, dass Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter auch weiter mit den unterstützten Kindern arbeiten, sagt Deutsch- und Religionslehrer Thomas van den Berg, der die „Lernräume“ an der Evangelischen Schule in Nordhorn koordiniert. „Die Resonanz war sehr positiv“, sagt er: „Es hat die Kinder zusammengeführt und die Familien entlastet.“ Der 60-Jährige kann sich vorstellen, dass eine „kleine Tradition“ entstehen könnte: „Wir wollen das als ein Mentorenprogramm etablieren und auch in den nächsten Ferien durchführen.“
„Es ist großartig, wie intensiv bei den lokalen Projekten der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufgenommen wird“, sagt Oberlandeskirchenrätin Dr. Kerstin Gäfgen-Track, Leiterin der Bildungsabteilung der Landeskirche Hannovers und Bevollmächtigte der Konföderation. „Wie spontan und mit welcher Fröhlichkeit das passiert: Nicht mit jedem Bruchrechnen machen, sondern individuell schauen, was man gemeinsam üben kann. Das Engagement, mit dem Menschen da einzelne Kinder fördern, finde ich sehr beeindruckend.“
Alexander Nortrup