Ja Herr! Aber...
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Andacht zum 17. Sonntag nach Trinitatis
Da stehen sich zwei gegenüber. Führen ein Gespräch, nein: eine Debatte, nein: ein Duell, wer Recht hat, wer Amerika in Zukunft führen soll. Trump gegen Biden. Angekündigt ist das Ganze wie ein Box-Event. Und nicht nur Millionen von US-Amerikanern schauen gespannt diese Nacht in Richtung Cleveland, Ohio, wo der Präsident und sein Herausforderer aufeinander treffen. Wie werden sie miteinander umgehen? Worüber werden sie sprechen? Wie steht es um die Argumente, Ziele, Visionen der beiden? Und dann das: statt eines Gesprächs gegenseitige persönliche Vorwürfe, Beleidigungen und Angriffe. Oft endet das „Duell“ in Chaos und Geschrei.
Zeitsprung: Vor knapp 2000 Jahren stehen sich zwei gegenüber. Und hier endet es nicht, hier geht es los mit Geschrei: Eine Frau, mit der Jesus offensichtlich partout nicht reden will, versucht lautstark auf sich aufmerksam zu machen. So sehr, dass es den Jüngern schon geradezu unangenehm wird. Aber Jesus stellt sich taub (und wirkt dabei ziemlich unsympathisch): Für die da bin ich nicht zuständig. Gespräch verweigert. Doch statt mit hängenden Schultern klein beizugeben macht die Frau etwas, das man angeblich keinesfalls darf: Sie widerspricht Jesus. Eine Frau einem Mann. Eine einfache Ausländerin einem gebildeten Einheimischen, einem Rabbi: „Ja Herr! Aber…“
Und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie dann alle gespannt in Richtung Jesus schauten: Kommt jetzt ein Wutausbruch, ein lautstarkes Auf-den-Tisch-Schlagen? Werden die eigenen Argumente noch einmal, nur eben doppelt so laut herausposaunt?
Nein. Jesus korrigiert sich. Hält inne, denkt nach, lächelt, gibt ihr Recht: „Frau, dein Glaube ist groß! Was du willst, soll geschehen!“
Na also, geht doch. Von den beiden (!) also können wir lernen: Aus einem Duell eine Debatte, ein Gespräch machen. Sich nicht abwimmeln lassen, Mut haben zu widersprechen, aber eben auch den Argumenten des anderen zuhören. Davon könnten sich sowohl Joe Biden als auch Donald Trump, aber genauso jede Menge Wutbürger aller Couleur eine dicke Scheibe abschneiden.
Natürlich, das war schon immer schwer, selbst für Jesus. Aber es ist zu schaffen, ganz bestimmt. Nachzulesen ist das im Predigttext für morgen: Matthäus 15,21-28.
Matthias Bochow