"Vom Widerstand ins aktive Gestalten"
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Stephan Wichert-von Holten ist Propst des Kirchenkreises Lüchow-Dannenberg, zu dem auch Gorleben gehört.
Herr Wichert - von Holten, wie haben Sie die Nachricht aufgenommen, dass der Salzstock Gorleben aus der Endlagersuche raus ist?
Wichert-von Holten: "Ich kann es noch gar nicht glauben. Seit dem Vormittag steht das Telefon nicht mehr still, wir haben uns alle gegenseitig quasi durchs Telefon umarmt. Seit 40 Jahren sind unsere Seelen auf diesem Weg, in den Protesten, das sind ja mittlerweile Generationen – nun fühlen wir uns ein wenig wie angekommen. Wobei es ja damit noch nicht vorbei ist und wir weitermachen – wir haben ja nicht für uns gekämpft, sondern für den besten Standort."
Was ändert sich jetzt?
Wichert-von Holten: "Ich möchte es so sagen: Ich hoffe, dass etwas erhalten bleibt: das besondere Miteinander, das hohe soziale und gesellschaftliche Engagement, das hier entstanden ist. Wir haben auch gelernt, was bürgerschaftliche Beteiligung bedeutet: mit Polizei, Politik und Demonstrierenden zu reden und aufeinander zuzugehen. Diese Identität sollten wir auf jeden Fall erhalten und diese Erfahrungen weitertragen – auch wenn wir das ursprüngliche Identifikationsmerkmal verlieren. Dieses Kapitel ist zu Ende – aber wir schlagen ein neues Buch auf. Wir gehen vom Widerstand quasi ins aktive Gestalten.“
Was bedeutet die Entscheidung für die Gemeinde und die Menschen in Gorleben?
Wichert-von Holten: „Das Endlager hat über die Jahre entzweit, aber auch vereint. Es hat so Vieles beeinflusst. Wir möchten jetzt den weiteren Prozess begleiten: anderen Regionen, die nicht so protesterfahren sind, zur Seite stehen und solidarisch für den besten Standort kämpfen. Das Gorlebener Gebet werden wir nicht beenden, sondern fortführen, bis eine Lösung gefunden ist.
Gorleben ist der Beweis, dass sich Hartnäckigkeit und Geduld auszahlen und dass Entscheidungen nach sachlichen Gründen getroffen werden und nicht nach politischen – das macht Mut. Und wir sind realistisch: auch wenn die Gorlebener Salzstöcke aus dem Rennen sind – die Tonschichten rund um Gorleben sind es nicht.“
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