Startseite Archiv Tagesthema vom 07. September 2020

Stabwechsel im Kloster - Landesbischof Ralf Meister wird 65. Abt in Loccum

Das 1163 gegründete Kloster Loccum ist ein spirituelles Zentrum in Niedersachsen und ein regelmäßiger Treffpunkt von Politik und Kirche. Künftig wird ein neuer Abt die Geschicke des Klosters lenken. Ralf Meister übernahm das Amt von Horst Hirschler.

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Mit einem festlichen Gottesdienst ist der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover am Samstag als neuer Abt des traditionsreichen Klosters Loccum bei Nienburg eingeführt worden. Der 58-jährige Theologe tritt die Nachfolge von Horst Hirschler (87) an, der das Amt 20 Jahre lang innehatte. Bei der Feier in der Klosterkirche mit Bläserklängen, Orgelstücken und A-cappella-Gesang nahm er das Abtkreuz sowie Krummstab und Abtsring als Zeichen des Amtes entgegen.

Einzug des Konvents und der Mitwirkenden beim Gottesdienst in der Klosterkirche. Bild: Jens Schulze

Wegen der Corona-Pandemie war die Zahl der Festgäste auf 160 beschränkt. Unter ihnen waren auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Kultusminister Grant Hendrik Tonne (beide SPD) sowie Altbundespräsident Christian Wulff. Die katholischen Bischöfe Heiner Wilmer aus Hildesheim und Franz-Josef Bode aus Osnabrück beteiligten sich mit Lesungen und Gebeten an der Gestaltung der Feier. Meister war bereits im Januar vom Kloster-Konvent zu Hirschlers Nachfolger gewählt worden. Eigentlich sollte er schon im Mai eingeführt werden, die Feier wurde aber aus Gründen des Infektionsschutzes verschoben.

Aufgrund der Corona-Beschränkungen konnten nur 160 Gäste am Festgottesdienst in der Klosterkirche in Loccum teilnehmen. Unter ihnen waren auch Altbundespräsident Christian Wulff und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. Bild: Jens Schulze

Meister würdigte seinen Vorgänger Hirschler als "Baumeister des Herrn": "Wir verdanken ihm so vieles an diesem Ort." In seiner Predigt rief er zu einer Verbindung von Glauben und Vernunft auf. Dafür stehe seit Jahrhunderten das Kloster Loccum. Es komme darauf an, aus der Geschichte zu lernen, Unrecht zu erkennen und für eine bessere Welt zu arbeiten. "Vernunft ist mehr als bloße Logik", betonte der neue Abt. "Sie ist die verantwortliche Weise, mit der Welt umzugehen."  

Ministerpräsident Weil sagte, mit dem Ausscheiden Hirschlers aus dem Amt des Abtes gehe eine Ära zu Ende. "Eine Ära der jahrzehntelangen Arbeit an den Menschen in Niedersachsen." Hirschler verbinde profunde Bildung mit einem tiefen Glauben, großer Überzeugungskraft und einer unübersehbaren Autorität. Dabei lasse er keine Distanz zu den Menschen aufkommen, sondern bleibe nahbar. "Es sind große Spuren, die er hinterlässt."

In seiner Predigt sprach der neue Abt über den Zusammenhang von Vernunft und Glaube. Bild: Jens Schulze

Das Kloster gilt als spirituelles Zentrum der Landeskirche Hannovers. Es wurde im Jahr 1163 von Zisterzienser-Mönchen gegründet und ging um das Jahr 1600 zum evangelischen Glauben über. Seither leben keine Mönche mehr im Kloster, stattdessen werden dort Pastoren und Pastorinnen ausgebildet. Meister wird dieses Amt parallel zu seinen Aufgaben als Landesbischof in Hannover ausüben. Er wird der 65. Abt des Klosters sein und der 19. seit der Reformation.

Der Prior des Klosters, Arend de Vries, hob bei der Feier die Verdienste des bisherigen Abtes hervor. Horst Hirschler habe sich mit Hingabe und Leidenschaft für das Kloster eingesetzt, sagte er bei der Entpflichtung: "Ihre hohe Präsenz hat das Kloster zu einem öffentlichen und offenen Ort gemacht, wo Menschen in alten Mauern und lebendig gebliebenen Traditionen Stärkung und Trost suchten und fanden." Hirschler, der von 1988 bis 1999 Landesbischof war, hatte Anfang Januar beim traditionellen Epiphanias-Empfang der hannoverschen Landeskirche in dem Kloster seinen Rücktritt bekanntgegeben. Er hatte das Amt am 4. Juni 2000 von seinem inzwischen verstorbenen Vorgänger Eduard Lohse übernommen.

Der bisherige Abt Horst Hirschler übergibt sein Abtskreuz an den Prior des Kloster Loccum, Arend de Vries. Bild: Jens Schulze

Der Abt leitet den 14-köpfigen Konvent, zu dem Theologen und Juristen gehören und der für die Geschicke des Klosters verantwortlich ist. Das Amt ist heute an eine Person geknüpft, die das bischöfliche Amt ausübt oder früher ausgeübt hat. Durch eine Verfassungsänderung, die das Kloster im August beschloss, können künftig auch Frauen in den Konvent berufen werden und auch Äbtissin werden.

Michael Grau/epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen
Der Konventuale Ralf Tyra (links) überreicht den traditionellen Krummstab des Abtes an Ralf Meister. Bild: Jens Schulze

Abtswechsel im Kloster Loccum

Der alte und der neue Abt im Interview.

Glückwünsche für den neuen Abt

Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) gratulierte Ralf Meister zur Einführung. In Loccum vereinten sich Vergangenheit und Zukunft, schreibt die stellvertretende Leitende Bischöfin der VELKD, Kristina Kühnbaum-Schmidt aus Schwerin, in einem Brief. Meister werde das Kloster "mit geistlicher Präsenz, theologischer Klarheit und untrüglicher Intuition" auf dem Weg in die Zukunft begleiten, betonte die Bischöfin der Nordkirche. Meister ist auch Leitender Bischof der VELKD.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen
Der 65. Abt des Klosters Loccum, Landesbischof Ralf Meister. Bild: Jens Schulze

Das Kloster Loccum

Das Kloster Loccum zwischen Weser und Steinhuder Meer wurde 1163 von Zisterzienser-Mönchen gegründet und wechselte um das Jahr 1600 zum evangelischen Glauben. Heute ist es ein geistliches Zentrum der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Seit mehr als 200 Jahren dient es als Predigerseminar für Pastoren und Pastorinnen in Niedersachsen und Bremen. Damit ist Loccum das älteste evangelische Predigerseminar in Deutschland, das sich ununterbrochen an einem Ort befindet.

Loccum gilt neben dem Kloster Maulbronn in Baden-Württemberg als das am besten erhaltene Zisterzienser-Kloster nördlich der Alpen. Aktuell wird die Anlage für rund 29 Millionen Euro grundlegend saniert und erneuert. 2012 hatte die Landeskirche bereits die Klosterkirche für 3,3 Millionen Euro restaurieren lassen. Das Kloster gehört heute zur "Gemeinschaft Evangelischer Zisterzienser-Erben in Deutschland". 

Das Kloster hatte auch staatsrechtlich eine wegweisende Rolle. 1955 wurde hier der bundesweit erste Staatskirchenvertrag unterzeichnet, in dem sich das Land Niedersachsen und die evangelischen Kirchen zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit im säkularen Staat verpflichteten. Seit 1950 treffen sich hier Vertreter der Landesregierung und der Kirchen jährlich am 6. Januar zum Epiphanias-Empfang. Zurzeit wird das Kloster für rund 29 Millionen Euro umgebaut, restauriert und erweitert.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen