Premiere für die digitale Synode
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Viel Aufwand, viel Technik - und viel Ertrag: Die Landessynode hat sich am Freitag, den 10. Juli, erstmals in einer Mischform vor Ort und per Videoübertragung getroffen. Das hat hunderte Meter Kabel, Disziplin und auch Geduld gekostet, lief aber letztlich erstaunlich reibungslos. Ein Organisator, eine Synodale und ein interessierter Zuhörer haben uns erzählt, wie sie diese historische Tagung erlebt haben.
Seit Freitag gegen 16.30 Uhr ist sie Geschichte, die II. Tagung der 26. Landessynode. Ob die Zusammenkunft auch historisch war, mögen Andere beurteilen - auf jeden Fall lief sie beträchtlich anders ab, als alle Tagungen von Landessynoden zuvor. Sie war deutlich kürzer: Nur für einen Tag trafen sich die Synodalen, geplant wären eigentlich drei gewesen. Zudem machte die Corona-Pandemie vor Ort, im Saal der DIAKOVERE Henriettenstiftung in Hannover, eine stark veränderte Sitzordnung mit entsprechend großen Abständen nötig. Die größte Neuerung aber war die Video-Übertragung der Debatte via landeskirchlicher Internetseite und Zoom samt der Möglichkeit für die Mitglieder der Landessynode, Fragen und Beiträge per Video-Chat live in das Plenum zu senden. Mancher Parteitag und manche Großveranstaltung sind an solchen technischen Anforderungen schon gescheitert.
Die Landessynode dagegen hat die Feuerprobe souverän bestanden. „Aus unserer Sicht hat das super geklappt“, sagt Thomas Och, der Leiter des Büros der Landessynode. „Die Technik hat genau das gehalten, was uns zugesagt worden war. Es lief flüssig und stabil. Wir sind dankbar für alle Unterstützung aus dem Haus und über die disziplinierte Mitarbeit aller Beteiligten.“ Er habe die Hoffnung, dass sich so auch alle Synodalen, die nicht vor Ort dabei sein konnten, ein bisschen mitgenommen und wertgeschätzt fühlen, sagt Och.
Themen auf der verkürzten Synodentagung waren unter anderem die Konsequenzen aus der Corona-Krise: etwa die angespannte Finanzlage der Landeskirche durch einbrechende Steuereinnahmen und Verordnungen für die Handlungsfähigkeit von Kirchenkreisen und -gemeinden. Aber auch neue Personalkonzepte und Ideen für neue Wahlverfahren bei den Kirchenvorstandswahlen 2024 wurden debattiert.
Pastor Andreas Zachmann hat den Livestream der Tagung im 128 Kilometer entfernten Kirchgellersen bei Lüneburg verfolgt. Er findet: „Der große Aufwand hat sich gelohnt! So konnte ich die Tagung gut verfolgen und mir selbst ein Bild machen.“ Bisher habe er immer wieder die Website der Landeskirche aktualisiert, um die schriftlichen Berichte nach und nach lesen zu können. „Das ist eher ein trockenes Geschäft gewesen“, sagt Zachmann. „Die Live-Übertragung wird vermutlich kein Massenpublikum anziehen. Aber ich fand es gut und bin dafür sehr dankbar, den ganzen Tag über auch noch einmal zeitversetzt zusehen und zuhören zu können.“
Sogar 221 Kilometer entfernt vom Ort des Geschehens war Pastorin Maike Selmayr. Die Synodale aus Cuxhaven konnte sich eine persönliche Teilnahme als Diabetikerin mit ärztlichen Attest nicht vorstellen. „Die Infektionsgefahr war mir zu groß“, sagt sie. Weil ihr die Mitarbeit in der Synode dennoch sehr wichtig ist, hat sie dankbar per Videokonferenz teilgenommen - und war erstaunt, dass nur eine Handvoll anderer Synodaler diese Möglichkeit wahrgenommen hat. „Die Konferenzschaltung gelang ohne Störungen und mit verschiedenen Kameraperspektiven - dieser Aufwand hat sich wirklich gelohnt.“ In ihrem Cuxhavener Büro habe es die Synodale sehr berührt, als Landesbischof Meister in seiner Andacht zu Beginn der Tagung sagte: „Als Christen wissen wir, was es heißt, in einem Zwischenraum zu leben“. Selmayr war nicht in Hannover und konnte doch alles mitverfolgen, vertraute Gesichter sehen und Stimmen hören: „Eigentlich war ich dennoch mittendrin.“
Selmayr sorgte bei der Tagung in Mischform auch für ein absolutes Novum: Sie meldete sich als erste Synodale per Videochat zu Wort. Als das Aktenstück 7 („Zahlung von Reisekosten“) aufgerufen wurde, thematisierte niemand in der Aussprache das Thema „Künftige Reisekostenersparnis durch vermehrte Ausschusstagungen per Videokonferenzen“. Da wurde der Pastorin aus Cuxhaven klar: „Dann muss ich das tun.“ Präsident Matthias Kannengießer begann, über die Anträge abstimmen zu lassen. „Jetzt oder nie!“, dachte Selmayr und schrieb mit einigen Tippfehlern auf die Schnelle ihr Anliegen in den Chat. „Da kam das Signal: ,Ihr Mikrofon wird jetzt freigeschaltet.'" Dann konnte sie ihr Anliegen einbringen: „Hohe Synode, verehrter Präsident…“. Eine Synodale antwortete, dass der Rechtsausschuss dieses Thema bereits beraten würde. Das genügte Maike Selmayr - sie war allerdings auch nicht ganz sicher, ob sie einen Antrag hätte stellen können. „Ungeachtet dieser Formalitäten bin ich vor allem sehr dankbar, dass meine Stimme in der Synodentagung gehört worden ist.“
Ob das digitale Modell in Zukunft so bleiben kann oder soll, kann Oberkirchenrat Thomas Och zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Die geplante viertägige Haushaltsklausur im November könne er sich jedenfalls nur schwer als Online-Debatte vorstellen: „Da müssen sich ja zwischendurch auch immer wieder Ausschüsse und Gremien treffen und Entscheidungen vorbereiten. Das ist online kaum zu bewerkstelligen.“ Außerdem könnten laut der aktuellen Geschäftsordnung Synodale nicht über Video an Abstimmungen teilnehmen. „Der Rechtsausschuss ist damit befasst“, sagt Och. Der könne aber frühestens im November dazu berichten - und dann müsse eine entsprechende Änderung auch von der Landessynode beschlossen werden. Klar ist: Die Synode selbst kann ihre Arbeitsform regeln - aber sie muss es auch nach ihren eigenen Spielregeln tun. „Solche Prozesse brauchen Zeit, das ist bei parlamentarischer Arbeit eben so“, sagt Thomas Och.
Alexander Nortrup