„Der Chor ist wie eine wöchentliche Therapie“
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Es ist ganz still in der St. Johanniskirche. Alle Blicke liegen auf Bettina Hevendehl am Keyboard. Sie hebt ihre Hand, gibt den Einsatz und wie aus dem Nichts erschallt ein getragenes "Ohhhh" von mehr als zwei Dutzend Sänger*innen. Manche von ihnen sind 20, andere schon über 70 Jahre alt und ihre bunte Zusammensetzung tragen sie im Namen: "Mixed Generations". Alle haben eins gemeinsam: die Begeisterung für die gemeinsame Musik.
Mit ihrer Chorleiterin Bettina Hevendehl proben sie derzeit für ihren Auftritt als Teil des Mega-Chors beim Martin Luther King-Musical am 15. Februar in der Swiss Life Hall Hannover. Auch Jugendliche aus der Jugendkantorei singen mit, dazu zwölf einzelne Sänger*innen, die nicht allein proben wollen. Chorleiterin Bettina Hevendehl hat schon zwei andere von der Stiftung Creative Kirche organisierte Musicals miterlebt – es ist für sie ein Baustein einer aktiven (Chor-)Gemeinde. Denn an Workshops mit Gospelgrößen, überregionalen Chortreffen, Auftritten bei Festen und Gottesdiensten oder den Niedersächsischen Gospelkirchentagen nimmt der Chor seit seiner Gründung 2003 rege teil. „Ich hatte damals einfach Lust, etwas Neues aufzubauen und Gospel lag im Trend“, erzählt Bettina Hevendehl mit Elan und Entschlossenheit in der Stimme. Der ausgebildeten Kirchenmusikerin folgen die Sänger*innen ganz offenbar gern.
„Der Andrang war bei der ersten Probe so groß - die Stühle haben gar nicht ausgereicht! 90 Leute kamen damals, etwa 35 sind es heute, die fest im Gospelchor mitmachen. Und das neben der Jugendkantorei und einem Seniorenchor mit etwa 50 Teilnehmern - die übrigens nicht nur Volkslieder singen wollen! Die Begeisterung fürs Singen ist in Soltau und der Umgebung auf jeden Fall da. Manche gehen auch in den Gottesdienst, seit sie im Chor singen, weil sie die Gemeinschaft erleben und sehen, wie lebendig Kirche ist. Am Martin Luther King-Musical fasziniert mich, wie gezeigt wird, was ein Mensch alles erreichen kann – und zwar gewaltfrei. King hat – nicht allein, aber dennoch – die Welt verändert. Das Thema Rassismus ist damit leider noch nicht erledigt. Der Kampf und Erfolg sind aber sehr ermutigende Zeichen und im Musical klasse inszeniert.“
Angelika Franz: „Ich bin seit der Gründung des Chors dabei! Ich habe damals in der Zeitung gelesen, dass Bettina Hevendehl etwas vorhat, einen neuen Chor aufbauen will. Ich kannte Bettina schon, auch weil meine Tochter bei ihr im Jugendchor gesungen hat. So bin ich dann zur Probe gegangen und dabei geblieben! Es hat einfach gepasst. Singen lädt meine Batterie auf.
Ich war auch schon bei zwei Musicals der Creativen Kirche dabei: bei den „10 Geboten“ und „Martin Luther“ - das sind tolle Projekte. Die Aufführungen sind immer sehr anstrengend, aber es macht auch unglaublich viel Spaß und ist ein großes Erlebnis.“
Ursula Heimann: „Singen entspannt mich ungemein. Nach den Proben schlafe ich immer richtig gut! Auf das Musical freue ich mich sehr - ich finde es unglaublich schön, in so einem großen Klangkorpus aufzugehen, ein Teil von so etwas Großem zu sein. Das ist auch eine Herausforderung, sich mit so vielen Menschen zu koordinieren! Und das Thema ist ja leider weiterhin aktuell – Rassismus und Antisemitismus gibt es auch heute noch. Da ist Martin Luther King für mich auch Ansporn, selbst etwas in Bewegung zu setzen und Diskriminierungen nicht zuzulassen. Er ist als Person ja auch spannend – wie früh er sich mit diesen Themen auseinandergesetzt hat und politisch aktiv wurde. Da können wir uns alle eine Scheibe von abschneiden.“
Jörn Dollenberg: „Ich bin Christ. Und ich singe ohnehin im Gospelchor, da drängt es sich auf, auch bei dem Musical „Martin Luther King“ mitzusingen. Nervös bin ich eher weniger deswegen – eher gespannt auf den „großen Tag“, wie es dann sein wird, in so einem gigantischen Chor zu singen – und dann gleich zweimal, in zwei Aufführungen. Das wird gewaltig sein, dort mittendrin zu stehen. Bei den Regionalproben haben wir schon gemerkt, dass uns Bettina Hevendehl sehr gut vorbereitet hat, wir sind dort prima mitgekommen und fühlen uns sicher. Wir singen hier ja auch mit einem gewissen Anspruch – immer mit Spaß, aber auch dem Ehrgeiz, besser werden zu wollen.“
Alexandra Wedler-Schmidt: „Bei mir dreht sich alles um die Musik und das Singen. Ich kann gar nicht ohne! Meine Eltern sind beide Opernsänger, da habe ich die Affinität von Kindesbeinen an mitbekommen. In diesem Chor singe ich seit acht Jahren und natürlich nehme ich die Aufführungen gern mit. Beim Martin Luther King-Musical wird gleichzeitig für "Brot für die Welt" gesammelt – wir tun also auch noch etwas Gutes! Das ist großartig. Ansonsten sind die Proben wie meine wöchentliche Therapie! Singen erleichtert, es macht fröhlich und beschwingt. Das ist ja wissenschaftlich auch bewiesen, aber viel wichtiger: ich spüre es so.“
Christine Warnecke