Startseite Archiv Tagesthema vom 07. Januar 2020

"Der Kampf von Martin Luther King für Gleichberechtigung geht weiter, auch bei uns"

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Im Februar bringt ein Chor aus mehr als 1.100 Niedersachsen den Kampf gegen Rassismus auf die Bühne in der Swiss Life Hall Hannover. Viele Sänger*innen finden: die Botschaft von damals ist leider noch immer aktuell - macht aber Mut.

Manchmal bewirken schon einfache Worte und kleine Taten große Veränderungen. Manche bringen auch Jahrzehnte später noch Menschen zusammen, beeindrucken und ermutigen sie. So wie der Kampf von Martin Luther King und Rosa Parks gegen den Rassismus in den USA der 1960er Jahre, den nun Chöre in Deutschland und der Schweiz als Musical nacherzählen. „King und Parks haben die Welt verändert“, betont etwa Marion Döring, die bei den Aufführungen in Hannover mitsingen wird: „Sie haben sich gewaltfrei gewehrt, mit Mut und Gottvertrauen.“ Das gebe Hoffnung im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung, die es auch heute auch in Deutschland noch gibt.

Ihre Inspiration und die so vieler anderer ist über ein halbes Jahrhundert alt. Damals war es ein heißer Tag im August am Lincoln Memorial in Washington, D.C.: 250.000 Menschen stehen dicht gedrängt und lauschen einem Mann, der von seinem Traum spricht – dem Traum von Gleichberechtigung, von Freiheit, vom Ende des Rassismus. Der Redner ist Martin Luther King, es ist das Jahr 1963 und seine „I have a dream…“-Rede geht in die Menschheitsgeschichte ein. Sie ist ein markanter Schritt im Kampf gegen den Rassismus.

Dutzende kleinere Chöre werden sich zu einem großen Chor mit über 700 Stimmen vereinigen. Bild: Jens Schulze

Schon Jahre zuvor hatte Rosa Parks, ebenfalls Afroamerikanerin, den „Montgomery Bus Boykott“ ausgelöst: 1955 hatte sie in einem Bus ihren Sitzplatz nicht für weiße Passagiere freigegeben, sondern war sitzen geblieben. Bürgerrechtler riefen daraufhin dazu auf, dass alle Schwarzen zu Fuß zur Arbeit gehen sollten, statt den Bus zu nutzen. 381 Tage lang blieben die hinteren Busreihen für schwarze Passagiere leer - bis ein Gericht die Rassentrennung in Bussen im November 1956 abschaffte. Rosa Parks wurde damit wie Martin Luther King Vorreiterin der Gleichberechtigungsbewegung.

Heute, mehr als 55 Jahre später, bewegen diese Taten und Worte noch immer Menschen, auch tausende Kilometer weiter östlich. Seit dem Sommer 2019 treffen sich in ganz Deutschland regelmäßig kleine und größere Chöre, die die Geschichte der Menschenrechtsbewegung in den USA nacherzählen und nachsingen wollen. „Martin Luther King – Ein Traum verändert die Welt“ heißt das Musical, das Laien und professionelle Schauspieler*innen einstudieren und in mehreren Städten von Hamburg bis Thun in der Schweiz aufführen werden. Organisiert wird alles von der Stiftung Creative Kirche, die bereits Musicals wie „Die 10 Gebote“ und „Martin Luther“ auf gleiche Weise inszeniert hat. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, die Evangelische Kirche in Deutschland und der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden sind Kooperationspartner. Außerdem unterstützt das Musical ein Projekt von „Brot für die Welt“, das für sauberes Trinkwasser in Kenia sorgt.

Auch über 50 Jahre nach Martin Luther Kings "I have a dream"-Rede bleibt das Thema Rassismus aktuell. Bild: Jens Schulze

 „Die Geschichte von Rosa Parks und Martin Luther King ist einfach beeindruckend“, sagt Marion Döring, die schon Chorerfahrung hat. „Sie haben mit ihrem Engagement zumindest juristisch für das Ende der Rassentrennung gesorgt und zwar unter Einsatz ihres Lebens“, ergänzt Sabine Sundermeyer mit Nachdruck. Beide singen in einem Projektchor in Hannover-Langenhagen, der sich extra für das Musical gegründet hat. „Sie hätten für ihr Verhalten festgenommen und bestraft werden können – haben sich aber nicht einschüchtern lassen. Das ist eine unglaubliche und wichtige Geschichte.“

So stehen die ehemalige Lehrerin und die Referentin für Genderpolitik nun zweimal pro Monat an Mittwochabenden im Gemeindehaus der Emmauskirche, um mit zehn bis 20 anderen Sänger*innen und der Chorleiterin, einer ausgebildeten Opernsängerin, die Stücke des Musicals zu üben. 34 Chöre aus der Region sowie viele einzelne Sänger*innen werden sich am 15. Februar in der Swiss Life Hall Hannover zu einem einzigen Chor mit über 1100 Stimmen vereinigen. „Teil von etwas so Großem zu sein, fühlt sich sehr gut an“, sagt Sundermeyer und lächelt.

Marion Döring ist beeindruckt von den Protagonisten der amerikanischen Gleichberechtigungsbewegung. Bild: Jens Schulze

22 Stücke sind bis Februar zu proben, bei manchen auch kleine Choreografien. Wer mitmacht, tut es auch wegen der Botschaft von Martin Luther King, Rosa Parks und der anderen Freiheitskämpfer. „Menschen können sich gewaltfrei wehren, aus der niedrigsten gesellschaftlichen Schicht heraus, das beeindruckt mich sehr!“ Von dieser Einstellung könne man sich immer noch eine Scheibe abschneiden.

Die Themen Rassismus und Ungleichheit sind immer noch nicht erledigt, finden die Sänger*innen in Hannover. Ob sich das in dem antisemitischen Anschlag von Halle im Oktober zeigt oder dem europaweiten Erstarken rechter Parteien: „Wir sind noch lange nicht am Ziel“, sagt Sabine Sundermeyer. „Diesen Mut der amerikanischen Bürgerrechtler, die Courage, ,Stop‘ zu sagen, die brauchen wir auch heute. Deswegen beteilige ich mich an dem Musical - es überträgt die damaligen Probleme ins Heute. Die Musik ist ein wunderbares Mittel, die Emotionen spürbar zu machen: den Stolz und Mut voranzugehen, aber auch das Drama.“

Für Sabine Sundermeyer ist Rassismus und Gleichberechtigung immer noch ein großes Thema. Bild: Jens Schulze

„Ich sehe, dass es funktionieren kann“, ergänzt Karoline Ratsch. Die Studentin reist gern und hat unter anderem in Singapur Positives erlebt: „Da steht eine Moschee neben einem buddhistischen und einem hinduistischen Tempel, neben einer christlichen Kirche – in friedlichem Miteinander. Es geht also!“ Sie hat sich mit drei Freundinnen zum Musical-Singen angemeldet, Martin Luther King und seine Rede waren ihr aus dem Englischunterricht bekannt. „Ich habe auch einen Traum“, erklärt sie, „im Grunde ist es derselbe, den King hatte: dass alle Menschen respektvoll miteinander umgehen. So viele sind nur auf ihren Weg fokussiert, statt ein offenes Auge für andere zu haben. Ich wünsche uns mehr Miteinander, gerade im Alltag, unabhängig von der Herkunft oder dem sozialen Stand.“

Christine Warnecke
Karoline Ratsch hat sich mit Freundinnen zum Musical-Singen angemeldet. Bild: Jens Schulze

Der Veranstalter: die Stiftung Creative Kirche

Aus einem kleinen Chorprojekt des Evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten mit 60 Sängerinnen und Sängern entwickelte sich die Stiftung Creative Kirche mit heute über 40 hauptamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Die Vision: eine einladende, begeisternde Kirche. Ob „Himmelwärts“-Gottesdienste, Pop-Oratorien, Kindermusical oder Gospelkirchentage – das Motto der Stiftung ist „Glauben singen, Glauben leben“. Mitmachen kann jeder, unabhängig von seiner Religion.

Die „Creative Kirche“ ist eine selbstständige kirchliche Stiftung und gemeinnützig. Finanziert wird sie von Privatpersonen, Unternehmen, Kirchen, andere Stiftungen und öffentlichen Stellen sowie aus Eintrittsgeldern und den Erlösen aus CD- und Notenverkäufen.

Tickets für die Aufführungen des Musicals gibt es hier.