Startseite Archiv Tagesthema vom 26. November 2019

Zum Synoden-Auftakt: Rückblick und Ausblick

Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de

Zwei Männer, 50 Jahre und ein Ziel: Kirche mitgestalten

In einer Synode mitarbeiten, das ist eine langfristige Angelegenheit. Sechs Jahre währt die Amtsperiode des Kirchenparlaments in der Landeskirche Hannovers, seine Mitglieder müssen einen langen Atem mitbringen. Kirchenverfassung, Bauausschuss, Finanzplanung - für Claas Goldenstein war das alles im Februar 2014, als die 25. Synode ihre Arbeit aufnahm, völliges Neuland. Der damals 20-jährige war Vorsitzender der Landesjugendkammer und wurde gemeinsam mit drei weiteren Vertretern zur Berufung in die Synode vorgeschlagen. „Im Grunde konnte damals niemand sagen, ob wir über eine derart lange Zeit mitmachen können“, sagt Goldenstein rückblickend. „Ich persönlich konnte das nur machen, weil ich es als eine Art studienbegleitendes Langzeitpraktikum betrachtet habe.“

Es wurde weit mehr als ein Praktikum - und eine lohnenswerte Zeit, resümiert der inzwischen 26-Jährige: Sechs Jahre Synodenarbeit haben ihm einen intensiven Einblick in die Entwicklung von Kirche und ihrer Organisation gewährt. „Ich war schon vorher in der Evangelischen Jugend aktiv“, sagt der Master-Student. „In der Synode habe ich noch auf ganz anderen Ebenen mitgestalten und Dinge bewegen können. Und ich konnte meinen durchaus kirchenkritischen Freundinnen und Freunden genau erklären, für wie viele sinnvolle Dinge Kirche Geld ausgibt.“

Auch das Miteinander in dem mehrmals pro Jahr tagenden Gremium hat den Studenten überrascht: Man streite sich auch einmal über Sachthemen. „Am Anfang einer Sitzung setzt man sich aber hin und hält Andacht. Eine Person spricht ein Gebet. Man steht auf und singt miteinander. Ich finde es total gut und beeindruckend, dass man sich bewusst für diese Dinge Zeit nimmt.“

Claas Goldenstein hat in zwei Ausschüssen mitgearbeitet - und war zwischenzeitlich das jüngste Mitglied der 25. Synode. Bild: Jens Schulze

Thomas Reisner weiß das schon sehr lange - und freut sich umso mehr, dass sein 50 Jahre jüngerer Kollege es so wahrnimmt. Der 76-Jährige war Mitglieder zweier Synoden und hat als pensionierter Richter, zuletzt am Oberverwaltungsgericht Lüneburg, viel Expertise in Verwaltungsrecht einbringen können. Für den Juristen, der sich in seinem Berufsleben auch mit Demonstrationsverboten und Stiftungsunis befasst hat, ist Kirche eine lebenslange Herzensangelegenheit: „Für mich ist diese Verbindung in Rostock entstanden, wo ich aufgewachsen bin. In der DDR war es besonders greifbar, welche Bedeutung eine Institution wie die Kirche haben kann.“ Reisner und ein Schulkamerad haben in der Schule bewusst den Fahnenappell verweigert und stattdessen an ihrem Glauben festgehalten: „Innerlich sangen wir ‚Ein feste Burg ist unser Gott‘“, sagt der Synodale. Wie entscheidend Kirche Gesellschaft mitgestalten kann, wurde spätestens in der Endphase der DDR deutlich - anlässlich von 30 Jahren Mauerfall ist in den vergangenen Wochen die Rolle von Pastoren und Friedensgebeten oft genug benannt worden.

Die Gemeinschaft in der Synode sieht auch Thomas Reisner bei allen Auseinandersetzungen und Debatten als zentral an: „Da gibt es Resonanzen und Widersprüche, aber immer auch gelingendes Miteinander.“ Für den ehemaligen Richter war das zentrale Ereignis in der Arbeit der 25. Synode die Verabschiedung der Kirchenverfassung. „Das war der Hauptteil unserer Arbeit, die viel Freude gemacht hat. Sie hatte zudem eine Besonderheit: Sie wurde ins Internet gestellt.“ Es habe knapp 500 Stellungnahmen zu den Artikeln gegeben, die dann im Verfassungsausschuss einbezogen und diskutiert worden seien. „Das kennen wir in der staatlichen Gesetzgebung so nicht“, sagt Reisner. „Das fand ich sehr gelungen.“

Ein weiteres wichtiges inhaltliches Thema der 25. Synode - das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit - hat Claas Goldenstein während seiner Arbeit als Synodaler auch in seinem Studium bewegt: In seinem Bachelor in Umweltwissenschaft und Wirtschaftspsychologie drehte sich vieles genau darum. Für ihn ist es eine gute Richtungsentscheidung, bewusst den Klimaschutz zu priorisieren. Das Ringen um die Umsetzung von großen Zielen bis in die einzelnen Kirchengemeinden zeigt ihm aber auch, dass die Dinge eben manchmal komplex sind: „Ich dachte, das muss doch gehen, dass mehr als 1.400 einzelne Körperschaften Öko-Strom-Verträge haben. Aber das braucht eben sehr viel Zeit und Überzeugungskraft.“ Aufgeben solle man hehre Pläne deshalb nicht, sagt der 26-Jährige - eher müsse man geduldig weiter dicke Bretter bohren.

Goldenstein wünscht sich, dass auch die neu gewählten Synodalen sich große Ziele setzen - und etwa das Thema „Offenes WLAN an Kirchtürmen“ angehen. „Das könnte auch viele junge Menschen wieder ganz neu mit der Kirche in Verbindung bringen.“ Sein Fazit der zurückliegenden sechs Jahre: „Synode bedeutet, dass eine Menge Leute viel Arbeit und Herzblut in ein zutiefst demokratisches Verfahren stecken und dabei Ehrenamtliche und Externe mit einbeziehen. Da entstehen viele kluge Dinge.“

Für den 26-Jährigen geht es nun in eine neue Lebensphase - ohne Synode, dafür bald mit Master und neuen Aufgaben. Auch Thomas Reisner gehört der 26. Landessynode, die im Februar 2020 erstmals tagen wird, nicht mehr an - er hat dann mehr Zeit für die drei Kinder, die an ganz unterschiedlichen Orten leben. Kirchenvorsteher und Mitglied des Kirchenkreisvorstands ist der 76-Jährige seit 1984 ohnehin - und Kirche mitgestalten, das bleibt für ihn Ehrensache. Auch wenn nun Andere in der Landessynode daran weiterarbeiten.

Alexander Nortrup
JS6_7668

Thomas Reisner hat der 24. und 25. Synode der Landeskirche angehört. Bild: Jens Schulze

Berichterstattung

Die Synode - ganz einfach erklärt

Letzte Tagung der 25. Landessynode

Die 25. Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers kommt unter der Leitung ihres Synodenpräsidenten Dr. Matthias Kannengießer von Dienstag, 26. November, bis Freitag, 29. November 2019, zu ihrer XIII. Tagung im Großen Saal der DIAKOVERE-Henriettenstiftung in Hannover (Marienstraße 72-90, Hannover) zusammen. Mit dieser Tagung endet die sechsjährige Legislaturperiode der 25. Landessynode. Die neu gewählte 26. Landessynode wird sich vom 20. bis 22. Februar 2020 konstituieren.

Die Tagung beginnt am Dienstag um 14.00 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche der Henriettenstiftung. In der ersten Plenarsitzung ab 15.15 Uhr berichtet der Vorsitzende des Landessynodalausschusses (LSA) über aktuelle Ereignisse seit der letzten Synodentagung.