Rette uns.
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Andacht am 17. Sonntag nach Trinitatis
Sonne, gelbes Laub auf den Wegen, ein milder Herbsttag. Der 9. Oktober beginnt freundlich in Halle an der Saale. Im Paulusviertel versammeln sich rund 80 Gläubige in der Synagoge, es ist Jom Kippur, Fest der Versöhnung, der höchste jüdische Feiertag.
Das Bethaus liegt nahe dem Bahnhof. Ich kenne die Gegend, viele Besuche bei Freunden, traumhaft schöne Altbauten. Gegen Mittag versucht ein Mann in Kampfmontur die Tür der Synagoge aufzuschießen. Doch die Sicherheitseinrichtungen am Gebäude verhindern dies. Dann fallen wieder Schüsse. Zwei Menschen sterben. Die Polizei fasst am Nachmittag den mutmaßlichen Täter. Ein rechtsextremer Hintergrund ist wahrscheinlich.
Dieser 9. Oktober: Ein böser und bitterer Tag. Bitter. Weil dreißig Jahre zuvor zehntausende Menschen im nahen Leipzig friedlich für eine offene Gesellschaft demonstriert haben – mit Kerzen und Gebeten. Ein böser Tag, da hierzulande jüdische Gotteshäuser Panzerglas brauchen, damit ihre Gläubigen sicher sind. Ein bitter-böser Tag, weil wieder einmal Menschen wegen einer kranken Ideologie sterben, die bereits im vergangenen Jahrhundert Millionen das Leben gekostet hat.
Mein christlicher Glaube fußt im Judentum. Ohne Sarah, ohne David, ohne Jesaja – kein Evangelium von Jesus Christus. So bete ich heute für die Opfer des Anschlags von Halle mit Worten aus dem Avinu Malkenu. Dieses Gebet gehört zum Versöhnungsfest, zu Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag:
Unser Vater, unser König, gedenke! Denn Staub sind wir.
Unser Vater, unser König, verzeih und vergib unsere Verfehlungen.
Unser Vater, unser König, tue es deinetwillen und rette uns!