„Der Glaube hilft, nicht zu resignieren“
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Migrationsberatung der Diakonie: Tägliche Arbeit zwischen Erfolgen und Rückschlägen
Manchmal bleibt es bei einem Informationsgespräch, häufig werden sie jedoch zu langfristigen Begleitern: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Migrationsberatung in der Diakonie. Täglich erleben sie Menschen mit schwerem Schicksal, stehen in Kontakt mit Behörden, Einrichtungen und Arbeitgebern und müssen sich mit schärfer werdenden Gesetzeslagen auseinandersetzen. So auch das Team im Landkreis Grafschaft Bentheim: Seit zwei Jahren arbeiten in Nordhorn Diakonie und Caritas im damals neu errichteten „COMPASS“-Haus unter einem Dach.
Auf reichlich Erfahrung kann Ursula Waldmann-Drews zurückblicken, die seit 25 Jahren in der Migrationsberatung tätig ist. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit haben sich in dieser Zeit geändert: Unter anderem bitten heute viele Geflüchtete mit abgelehntem Asylbegehren um Unterstützung, eine Härtefalleingabe bei der niedersächsischen Härtefallkommission des Innenministeriums einzureichen – damit sie, die in Lohn und Arbeit stehen und sich sozial integrieren, eine Chance bekommen, ihren Aufenthalt in Deutschland zu festigen.
Eine andere Aufgabe stellt sich dadurch, dass viele Geflüchtete über so genannte „sichere Drittländer“ einreisen und deshalb überhaupt kein Asylverfahren in Deutschland führen dürfen. Sie sind verpflichtet, dorthin zurückzukehren und die Ausländerbehörden müssen innerhalb von sechs Monaten deren „Rückführung“ organisieren. Um dies im Einzelfall zu verhindern, können sich die Diakonie-Mitarbeiter an die jeweiligen Ansprechpartner der Kirchen wenden. Es gilt, ein Dossier zu erstellen und eine Beurteilung zu verfassen, die von den Kirchenvertretern dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zugestellt wird – um zu prüfen, ob das Asylverfahren aufgrund der unzumutbaren Härte nicht doch in Deutschland erfolgen kann.
Auf diese Weise konnte etwa im vergangenen Jahr die Abschiebung zweier junger Jesidinnen und ihres fünfjährigen Neffen nach Rumänien verhindert werden. Einer der Gründe lag darin, dass bereits anerkannte Familienmitglieder in der Region leben – eine erneute Trennung hätten die Betroffenen nach Einschätzung aller Beteiligten nicht verkraftet. In diesem Fall machte das BAMF vom sogenannten „Selbsteintrittsrecht“ Gebrauch: Das Asylverfahren konnte also hier durchgeführt werden. Schon im Frühherbst traf die Anerkennung samt Aufenthaltsgenehmigung ein.
Fälle wie diese motivieren Ursula Waldmann-Drews. Neben ihr gehören zum Team für die Grafschaft Bentheim die Kollegen Dimitrij Manweiler, Nuray Gulizada, Miriam Brink (jeweils ev.-ref. Diakonisches Werk) und Lena Rohling (Caritas). Das Aufgabenfeld umfasst abseits der Beratung von Migranten auch Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Qualifizierung der ehrenamtlichen Integrationslotsen.
Immer wieder müssen die Mitarbeiter Herausforderungen und Rückschläge meistern – seien es verschärfte Gesetzeslagen, wie die auf 18 Monate ausgedehnte Abschiebefrist bei Kirchenasyl für sogenannte Dublin-III-Flüchtlinge, oder konkreteVorkommnisse, wie der Abbruch einer Berufsausbildung eines Migranten. Nicht selten weinen Menschen in der Sprechstunde. Für Ursula Waldmann-DrewssindesGesprächemitKollegenundkörperlicherAusgleichwieSpaziergänge,die ihr im bisweilen geführten „Kampf gegen Windmühlen“ Kraft geben. „Auch der Glaube an Gott hilft mir, nicht zu resignieren“, sagtsie.
Den Belastungen der täglichen Arbeit stehen freilich zahlreiche Glücksmomente gegenüber. „Ich freue mich immer, Menschen zu sehen, die nicht aufgeben“, sagt Miriam Brink. „Außerdem erfährt man viel Dankbarkeit.“ Auch für Ursula Waldmann-Drews sind es immer schöne Augenblicke, wenn Menschen strahlen, weil sie ihren Weg gemacht haben. Sie blickt zur Schublade und berichtet: Erst an diesem Morgen hat ihr ein Klient voller Stolz seinen Gesellenbrief zugesandt.
Sebastian Hamel