Startseite Archiv Tagesthema vom 20. Dezember 2018

"Das gemeinsames Ziel ist der Einsatz für Menschen in Not"

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Tagung des Rates des Lutherischen Weltbundes in Jerusalem

Lasse Schmidt-Klie gehört seit Mai 2017 zum Rat des Lutherischen Weltbundes. Im November traf sich der Rat nun in Jerusalem.

Herr Schmdit Klie, Sie waren gerade in Jerusalem zum Treffen des Rates des Lutherischen Weltbundes. Außerdem gehören Sie dem so genannten „Weltdienstausschuss“ an. Worum geht es bei der Arbeit?

Hilfe für Menschen in Not ist seit der Gründung des Lutherischen Weltbundes 1947 eine zentrale Säule der Kirchengemeinschaft. Die ersten Projekte? Auffanglager für Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten hier in Deutschland. Christinnen und Christen aus Ländern, die unter der schrecklichen deutschen Besatzung gelitten hatten, nahmen sich dem Leid der deutschen Vertriebenen an. Deutschland hat damals in hohem Maße international organisierte Hilfe auch von Kirchen erfahren.

Was bedeutet „Weltdienst“?

Der Weltdienst ist das Entwicklungs- und Flüchtlingshilfswerk der im Weltbund zusammengeschlossenen 148 evangelisch-lutherischen Mitgliedskirchen. Zurzeit sind wir der 7. größte Implementierungspartner der UN. Mehr als 2,7 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in über 25 Ländern erreichen unsere Projekte jährlich. Zwei Mal im Jahr trifft sich der Ausschuss, er besitzt dabei eine Art Aufsichtsratsfunktion: Genehmigt das Budget, im Jahr 2018 etwa 150 Millionen Euro, diskutiert und bestätigt Rechenschaftsberichte der Leitungsebene und legt die Strategie für die nächsten Jahre fest. Die Besonderheit des Ausschusses ist es, dass die Hälfte der Ausschussmitglieder von den großen Entwicklungs- und Flüchtlingshilfswerken der Mitgliedskirchen wie der deutschen Diakonie Katastrophenhilfe besetzt werden. Die andere Hälfte besteht aus aktuellen Ratsmitgliedern. Aus Deutschland gehört neben mir noch Bischof Frank July aus Württemberg dem Ausschuss an.

Bild: Ben Gray / LWF

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Nach dem Erdbeben in Nepal hat der Lutherische Weltbund gemeinsam mit „Islamic Relief weltweit“ Hilfsprojekte auf die Beine gestellt. Eine christliche und eine muslimische Organisation arbeiten dort eng zusammen, um Menschen, die größtenteils Hindus sind, zu helfen. Das ist nur ein Beispiel: Auch mit Caritas Internationalis bestehen wichtige Kooperationen. Der Einsatz für Menschen in Not, egal wo sie herkommen oder an was sie glauben, ist unser gemeinsames Ziel: Solche Kooperationen sind gelebte Welt-Gemeinschaft, von diesem Geist brauchen wir in so vielen Bereichen so viel mehr.

Ist der Mittlere Osten ein Fokus der Arbeit des Lutherischen Weltbundes?

Der Mittlere Osten ist sicher auch für den LWB eine besondere Region, allein durch das Auguste-Victoria-Krankenhaus, das seit fast 70 Jahren durch den LWB getragen wird und für die medizinische Versorgung der Menschen im Westjordanland und Gaza ungemein wichtig ist. Das Auguste-Victoria-Krankenhaus auf dem Ölberg wird vom LWB getragen und Bildungseinrichtungen in Jerusalem werden gefördert. Darüber hinaus sind wir in Flüchtlingslagern in Jordanien und dem Irak engagiert. Auch in dem wohl größten Flüchtlingslager Zaatari leiten wir ein Bildungsprojekt für Jugendliche. Im November wurde die Grenze zwischen Jordanien und Syrien seit Langem wieder geöffnet: Das sind aktuelle Entwicklungen, die besprochen wurden. 

Bilder aus dem Nahen Osten sind häufig im Fernsehen zu sehen. Geraten da andere Krisenregionen in Vergessenheit?

Das mediale Interesse an der Region ist ungebrochen hoch und damit auch die Bereitschaft für Projekte in der Region zu spenden. Diese Projekte sind wichtig und jede Spende absolut nötig, keine Frage. Trotzdem gibt es viele humanitäre Katastrophen über die kaum berichtet wird und die unser Handeln fordern. Die Norwegische Flüchtlingshilfe NRC hat 2018 eine negativ Liste der am meisten vernachlässigten Krisen herausgegeben. Die Top 5: Demokratische Republik Kongo, Südsudan, Zentralafrikanische Republik, Burundi und Äthiopien. Viele Hilfsorganisationen müssen diese Länder verlassen, weil Spenden fehlen. Wir sind unter großen Anstrengungen immer noch in diesen Ländern aktiv und wollen – solange nur irgendwie möglich – es auch gerade dortweiter sein.

Besuch im Augusta Victoria Hospital. Bild: Ben Gray / LWF

Sie sind neu in Rat und Ausschuss. Welche Rolle möchten Sie dort spielen?

Ich bin kein Experte für entwicklungspolitische Fragen. Ich bin das jüngste Ausschussmitglied und kann nicht– wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen – auf 30 Jahre Erfahrung in dem Gebiet zurückblicken. Meine Landeskirche unterstützt mich bei der Vorbereitung, trotzdem ist die Arbeit eine Herausforderung, aber eine wahnsinnig spannende. Ich bin gewählt, um meine Perspektive – auch als junger Erwachsener – meine Gedanken und meine Ideen in den Ausschuss einbringen. Das mag vielleicht zunächst nach wenig klingen, ist aber enorm wichtig. Im Bundestag sitzen auch nicht nur Juristen und Politikwissenschaftler, sondern Repräsentanten verschiedenster Regionen und bestenfalls auch Generationen.

Außerdem ist es mir wichtig die Arbeit des Lutherischen Weltbundes in Deutschland bekannter machen. Die Arbeit fasziniert mich. Unsere Arbeit fasziniert mich. Die Landeskirche Hannovers ist Teil der Kirchengemeinschaft, die Projekte des Lutherischen Weltbundes sind unsere Projekte. 

Die Ratstagung in Genf im Juli 2018.

Über Lasse Schmidt-Klie

Lasse Schmidt-Klie ist 28 Jahre alt. Geboren und aufgewachsen ist der Student in Goslar. Lasse Schmidt-Klie studiert Mathematik und Ev. Theologie in Hannover und Jerusalem und ist zurzeit Studienreferendar für die beiden Fächer an einem hannoverschen Gymnasium (Goetheschule Hannover).

Wie das Engagement für die Kirche kam? "Jugendarbeit in meiner Heimatgemeinde, FSJ über das ELM in Südafrika; Auslandsstudium in Jerusalem, Stipendium ev. Studienwerk Villigst und Mitarbeit in der stipendiatischen Selbstverwaltung!"

Bild: Dirk-Michael Grötzsch

Der Lutherische Weltbund

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft von 148 Kirchen lutherischer Tradition. Unseren Mitgliedskirchen in 99 Ländern gehören weltweit über 74 Millionen Christinnen und Christen an. Wir sind eine Gemeinschaft von Kirchen, die miteinander den Weg der Erneuerung beschreiten. Wir wollen unseren Glauben innerhalb unserer Gemeinschaft und darüber hinaus in die Tat umsetzen und uns dabei von Gottes Wort und Geist leiten lassen. Der LWB wurde 1947 gegründet.