Startseite Archiv Tagesthema vom 13. November 2018

Vorlesen statt Business Administration

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Vom Schreibtisch in die Diakonie: Azubis des Reifen- und Technologie-Riesen Continental haben in Northeim in mehreren Einrichtungen mit angepackt.

73 Jahre trennen Alexander Spiller (20) von der Dame, die ihn besonders beeindruckt hat. Spiller studiert im ersten Jahr für den Bachelor of Arts Business Administration – nun half er eine Woche im Alten- und Pflegeheim Innere Mission: „Ich wollte mich gerne mit älteren Menschen beschäftigen und einen Einblick in den Pflegeberuf bekommen.“ Ein Erlebnis schildert er so: „Beim Sturz-Präventionstraining ging eine 93 Jahre alte Frau als fitteste Person hervor.“

Continental ermöglicht seinen Mitarbeitern mit dem Projekt „Aspect Change“ einen beruflichen Perspektivwechsel – das Angebot wurde gemeinsam mit dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) entwickelt. Sieben Auszubildende des Werks in Northeim haben sich eine Woche lang engagiert. Sie halfen im Alten- und Pflegeheim der Inneren Mission, unterstützten im Tagestreff „Oase“ und packten in den Harz-Weser-Werkstätten mit an. „Mit diesem Projekt möchten wir die Sozialkompetenz und das Verantwortungsgefühl unserer Auszubildenden fördern“, erklärt Jens Heuchert, Ausbildungsleiter bei Continental am Standort Northeim. Bereits seit 2011 bietet Continental seinen Mitarbeitern die Möglichkeit zu diesem Perspektivwechsel auf Zeit an und erfährt regen Zuspruch.

Der Vorleser: Alexander Spiller von Continental im Alten- und Pflegeheim Innere Mission. Foto: Continental AG

Während der Projektwoche sind die Azubis in den Alltag der Einrichtungen eingebunden. „Spazierengehen, unterhalten, spielen – alles, wozu die Pflegekräfte nicht so häufig kommen“, sagt Greulich. Antonia Kittel war eine der diesjährigen Teilnehmerinnen. Sie ist im zweiten Studienjahr zum Bachelor of Arts Business Administration und unterstützte die Mitarbeiter in den Harz-Weser-Werkstätten. „Ich wurde sofort freundlich und offen aufgenommen und bin überrascht, dass auch kleine Dinge ausreichen, um für große Freunde zu sorgen“, berichtet die 22-Jährige.

Perspektivwechsel: Antonia Kittel von Continental wirft einen Blick in die Arbeitswelt der Harz-Weser-Werkstätten. Foto: Continental AG

Am Ende der Projektwoche fand eine Abschlussveranstaltung statt, bei der die Auszubildenden vor Kollegen, Führungskräften und Partnern aus den Einrichtungen an ihren persönlichen Erfahrungen teilhaben lassen. Als Dank für die langjährige gute Partnerschaft spendet Continental den drei Einrichtungen einen Scheck in Höhe von jeweils 700 Euro. „Wir freuen uns sehr, dass wir unseren Mitarbeitern gemeinsam diese Erfahrung jedes Jahr wieder ermöglichen können“, sagt Heuchert. Das Projekt soll auch im kommenden Jahr fortgeführt werden. „Wir haben jetzt schon zwei Azubis auf der Warteliste stehen, die diesmal nicht mitmachen konnten“, freut sich Heuchert über das Interesse.

Jens Heuchert, Ausbildungsleiter bei Continental in Northeim.
Jens Heuchert, Ausbildungsleiter bei Continental in Northeim.

Kirche auf Arbeit

„Menschen, die in Unternehmen arbeiten, verlieren oft das Gefühl dafür, wie es in anderen Berufen und Bereichen aussieht. Ein Blick über den Tellerrand ist daher immer ein Gewinn, vor allem gleich zu Beginn der Karriere“, ist sich Peter Greulich sicher. Der Referent für Wirtschaft vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, der das Projekt mit Continental zusammen entwickelt hat, unterstützt es auch in diesem Jahr. „Das Leben einmal aus einer ganz anderen Sicht zu sehen und mit Situationen konfrontiert zu sein, in die man sonst nicht kommt – das sind wertvolle Erfahrungen, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.“

„Aspect Change“ gibt es nicht nur5 bei Continental, betont Greulich: „Mittlerweile betreuen wir ähnliche Formate auch bei anderen Ausbildungsunternehmen.“

Peter Greulich vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt.