Hat Gott auch diese Dürre geschaffen?
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Andacht zum Erntedankfest
Alles ist gut? Auch die Trockenheit in diesem Jahr? Auch die schlechte Ernte, die nicht wie in früheren Zeiten durch entsprechend hohe Preise ausgeglichen wird, weil wir ja in einem globalen Handelssystem agieren? Hat Gott auch diese Dürre geschaffen? Oder sind das nicht doch wir Menschen mit all dem, was zu einem Klimawandel und damit zu größeren Extremen im Wettergeschehen beiträgt? Wofür soll ich da noch danken?
Das mag sich in diesem Jahr mancher Landwirt und mancher Gottesdienstbesucher fragen, der am Sonntag in der Kirche Erntedankfest feiert, und dem vielleicht nicht nach Feiern zu Mute ist. Denn im zweiten Jahr in Folge ist für viele Bäuerinnen und Bauern die Ernte schlecht. Letztes Jahr verregnet, dieses Jahr vertrocknet. All die Arbeit, all das investierte Geld, praktisch umsonst. Für manchen Betrieb geht es um die Existenz. Außerdem steht der Winter vor der Tür und damit die Frage: Reicht der Vorrat, das Futter für die Tiere?
Fragen, mit denen sich die meisten Menschen heute nicht mehr beschäftigen müssen. Vor hundert Jahren hätten wir mehr Sorge um unser tägliches Brot gehabt und vermutlich den Gürtel im Winter enger schnallen müssen. Mißernten führten unweigerlich zu Hungersnöten. Weltweit geschieht das immer noch. Aber dank der Globalisierung und unserer Wirtschaftskraft sind die Regale voll, egal, wie die Ernte bei uns ausfällt. Also doch alles gut?
Im ersten Timotheusbrief, in dem sich diese Verse finden, geht es um die Frage: Darf ich alles essen, oder gibt es auch für Christen verbotene Speisen wie beispielsweise in den jüdischen Gemeinden? Die Antwort des Briefschreibers ist eindeutig: Es gibt nichts, was verboten ist. Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Nicht aus sich selbst heraus, sondern wenn es als Geschenk Gottes verstanden wird. Entscheidend ist nicht, was ich esse, sondern mit welcher Haltung ich es tue. Und die angemessene Haltung ist Dankbarkeit.
Dank meint, nichts als selbstverständlich zu betrachten, nicht als etwas, worauf ich Anspruch hätte, sondern als ein Geschenk, eine gute Gabe. Und es ist auch klar, wem ich danke. Gott ist der Geber aller guten Gaben.
So hat es Matthias Claudius gedichtet, so singen wir es am Erntedankfest: „Was nah ist und was ferne, von Gott kommt alles her. (..) das schöne Frühlingswetter und Schnee und Ungestüm.“ (EG 508)
Also auch die Dürre dankbar aus Gottes Hand nehmen? Vielleicht nicht dankbar für die schlechte Ernte. Aber dafür, dass wir trotzdem satt werden. Und möglicherweise neu gelernt haben, dass wir nicht unabhängig von der Schöpfung leben können, sondern nur als ein Teil von ihr.
Pastorin Ricarda Rabe, Referentin für den Kirchlichen Dienst auf dem Lande