Ein Satz, der nicht von seiner Kraft verloren hat
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Andacht zum 18. Sonntag nach Trinitatis
Es brodelt. Scheinbar von Tag zu Tag wird die Unzufriedenheit größer. Immer mehr Menschen fühlen sich benachteiligt, nicht mehr gehört, abgehängt. Es wächst der Zorn auf die „anderen“: Auf diejenigen, die „da oben“ die Entscheidungen treffen und dabei die aus dem Blick verlieren, für die sie Verantwortung tragen. Und auf diejenigen, die mehr oder vielleicht genauso viel haben wie man selbst - aber viel weniger dafür tun müssen.
Solche Konflikte, die über eine längere Zeit schwelen und immer größer werden, können eine Gemeinschaft an ihre Grenzen bringen. Das ist kein Phänomen der Gegenwart oder der letzten hundert Jahre. Schon der Autor des Jakobusbriefes im ersten Jahrhundert nach Christus reagiert auf solche Auseinandersetzungen in den ersten christlichen Gemeinden. Ganz schlicht geht es um die Frage: Wie gelingt es uns als Gemeinschaft zusammenzuleben?
Die Antwort im Jakobusbrief ist schon zur damaligen Zeit nicht neu. Sie wurde auch über die Jahrhunderte immer wieder gegeben und ist unverändert gültig: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Der Vers aus dem 3. Buch Mose enthält einen Anspruch, dem wir uns immer neu stellen müssen: Verhalte dich gegenüber anderen Menschen so, wie du selbst möchtest, dass man sich dir gegenüber verhält. Das ist immer wieder eine Anfechtung, denn sie zwingt mich, dass ich ein Stück zurücktrete und mein Handeln reflektiere.
Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Was wäre, wenn ich für meine Kinder keine Zukunft sehen würde in dem Land, in dem ich lebe? Wenn ich Unterdrückung, Gewalt und Krieg ausgesetzt wäre? Würde ich mich dann nicht auch auf den Weg machen in Länder, in denen ich eine Zukunftsperspektive sehe? Wie würde ich mir wünschen, dass man mich dort aufnimmt?
Die Konfliktbewältigung in einer Gemeinschaft – sei es bei den ersten Christinnen und Christen oder bei uns heute – fängt bei mir selbst an. Ich muss mein Handeln immer wieder neu vom biblischen Wort aus dem 3. Buch Mose und seinen zahlreichen Aufnahme in die ethischen Maßstäbe der Jahrhunderte aus befragen. Und damit kann ich gar nicht früh genug anfangen.
In der ersten Klasse der Grundschule gibt es ein neues Wahlpflichtfach mit dem Titel „Achtsamkeit“. Auf dem Elternabend wird erklärt, dass es in den 90 Minuten in jeder Woche um zwei Dinge geht: Achtsam mit sich selbst umzugehen: Was brauche ich wirklich, damit es mir gut geht? Was sind meine Wünsche und Träume? Und zweitens: Achtsam mit den Mitschülerinnen und Mitschülern umzugehen. Was wünschen sie sich? Und wie passt das mit dem zusammen, was ich möchte? Damit es möglichst gar nicht erst anfängt zu brodeln…
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