"Dem Leid mit Liebe, Umsicht und Schönheit begegnen"
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Mit einem "Tag der offenen Tür" feiert das Jugendhospiz Löwenherz bei Syke sein 20-jähriges Bestehen. Hospiz-Seelsorgerin Maren Kujawa erzählt im Interview von Festen im Hospiz und besonderen Momente.
Frau Kujawa, seit fast einem Jahr sind Sie nun Seelsorgerin im Kinderhospiz. Wie haben Sie diese Zeit empfunden? Ist es so, wie gedacht oder hat Sie etwas überrascht?
Es ist eine sehr kostbare Zeit für mich. Zu erleben, wie liebevoll und umsichtig die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Pflege mit den erkrankten Kindern und Jugendlichen umgehen. Zu lernen wie individuell und ganz persönlich das Begleiterteam den Eltern und Geschwisterkindern begegnet, beeindruckt mich weiterhin. Sie alle machen manchmal das Unmögliche möglich
Das Hospiz feiert Geburtstag. Wie ist da die Stimmung - feiern an einem Ort, wo es um Krankheit und Tod geht? Wie geht das?
Ach, Feiern und Feste im Hospiz, die sind ist uns gar nicht so fremd. Wir feiern Geburtstage, Nikolaus, Advent, Weihnachten und Ostern. Wir gucken die Fußball WM, ausgerüstet mit Knabberzeug, Getränken und Fanutensilien. Leider war die WM dieses Jahr ein eher kurzes und trauriges Ereignis. Wir grillen draußen im wunderschönen Garten. Achja und auch Fasching wird hier gefeiert. Die Familien, die Kinder und Jugendlichen, erkrankt oder gesund, feiern gerne und genießen unbeschwertes Miteinander. Es wird viel gelacht an diesem Ort.
Und auch geweint. Wenn ein Kind oder ein Jugendlicher stirbt, dann sind alle sehr bewegt. Eine Kerze wird dann im Eingangsbereich in beiden Häusern entzündet. So wissen alle im Haus, MitarbeiterInnen und Familien, dass ein Kind gestorben ist. Wenn die Familie dann auch noch länger mit ihrem verstorbenen Kind im Haus bleibt, dann beeinflusst dass die Atmosphäre sehr. Alle werden mit der Endlichkeit konfrontiert. Eine Mutter neulich, hat es sehr gut getan da zu sein, als ein Kind gestorben ist. Weil sie erlebt hat wie hier im Haus die Familie begleiten – das hat sie sehr berührt. So feiern wir auch Abschiedsrituale. Und das alles, das füreinander da sein, trösten, lachen, stärken, Wut aushalten, weinen. Die ganze Fülle des Lebens.
Wie sind Sie als Seelsorgerin in das Jubiläum einbezogen?
Am Vormittag stehe ich im Abschiedsraum und erzähle den unterschiedlichen Besuchergruppen von unseren Ritualen und wie wir mit dem Sterben umgehen. Am Nachmittag habe ich mit allen Hauptamtlichen MitarbeiterInnen Zeit für die Familien. Wir haben alle eingeladen, die bisher im Hospiz waren. Wir werden viel Zeit zum Reden und zum Wiedersehen haben.
Das Begleiterteam und ich haben für den Abend ein Abschiedsritual vorbereitet. Wir werden uns an alle Kinder erinnern, die bei uns waren und hier oder zuhause gestorben sind. Wir werden singen, schweigen, Texte hören und am Ende bekommt jede und jeder einen Luftballon. Ca. 250 orange Luftballons werden wir dann in den Himmel steigen lassen. Wie ein Gruß, eine Verbindung in jene Welt.
Ein Lego-Bau vom Hospiz, Motorradfahrer, die zum Jubiläum kommen wollen - das Hospiz hat viele Freunde und Unterstützer! Wie geht es Ihnen, wenn Sie solche Nachrichten lesen oder hören?
Na, ich bin sehr gespannt und kann mir das auch noch gar nicht so richtig vorstellen. Es werden 3000-4000 Gäste erwartet, riesige Zelte aufgebaut. Viele Attraktionen warten auf die Gäste. Die Motorradfahrer sind schon langjähriger Gäste an diesem Tag. Aber wie das dann sein wird? Ich lasse mich überraschen. Mein Respekt gilt dem Verein, der das alles organisiert.
Welche Momente sind es, die Sie in Ihrer Arbeit am meisten schätzen?
Puh! Wenn ich von einer Mutter höre, wie gut ihr die Zeit im Hospiz tut. Weil sie sich ausruhen kann, gemütlich frühstücken, einfach im Garten sitzen, Zeit zum Kuscheln mit ihrem Kind hat und über ihr Leben reden kann, sich austauschen konnte mit anderen Familien.
Und besonders, wenn ich miterlebe, wie die Pflegerinnen damit umgehen, wenn ein Kind im Sterben liegt und wenn es gestorben ist. Wie liebevoll sie es mit den Eltern waschen, anziehen und dann aufbahren. Für mich sind das heilige Momente. In allem Leid und in aller Schrecklichkeit, die der Tod bedeutet, begegnen sie ihn mit Liebe, Umsicht und Schönheit. „Kostbar und einmalig habe ich geschaffen“, dieser Satz steht bei dem Propheten Jesaja. Gott spricht ihn uns Menschen zu. Das erlebe ich in solchen Momenten.
Interview: Angelique Schienke-Bohn