Leben ist mehr
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Andacht zum 14. Sonntag nach Trinitatis
Der Apostel Paulus war ein großer Kommunikator. Heute würde er wohl per Whatsapp oder Mail kommunizieren und sich (wahrscheinlich) wesentlich kürzer fassen (müssen), um unserem heutigen Leseverhalten zu entsprechen. Und vielleicht hätte er auch die vielen Nebensätze und gedanklichen Verschachtelungen durch Smileys, Abkürzungen und Hashtags ersetzt, um von seinen Adressatinnen und Adressaten verstanden zu werden.
Was er aber nicht angepasst hätte, wäre das Thema seiner Kommunikation: Unsere Beziehung als Menschen zu Gott und Gottes Beziehung zu uns Menschen. In den Briefen des Paulus finden wir tiefgreifende Auseinandersetzungen mit (fast) allen relevanten Glaubensthemen von ganz praktischen Fragen des Glaubensvollzugs im Alltag bis zu komplexen theologischen Fragestellungen.
Es gibt allerdings auch Dinge, die die Kommunikation des Paulus von einem Teil unserer heutigen Kommunikation unterscheiden. Einmal geht fast allen paulinischen Briefen ein persönlicher Kontakt voraus, d.h. ein kürzerer oder längerer Besuch bei den Adressatinnen und Adressaten. Wenn Paulus also seine Briefe schreibt, hat er reale Menschen vor Augen, denen er schon „live“ gegenübergestanden hat. Und er bemüht sich dann, seine Antworten möglichst direkt auf deren jeweilige Lebensumstände zu beziehen.
Gleichzeitig entziehen sich die Briefe des Paulus jeglicher Schnelllebigkeit. Er nimmt seine Leserinnen und Leser immer wieder hinaus aus dem Alltag und stellt sie mit ihren Fragen, ihren Ängsten und Hoffnungen in einen beeindruckenden Kontext: Dieser reicht von der Erwählung des Menschen durch Gott bis zum Tag der Wiederkunft Christi.
Dabei geht es nicht um billige Vertröstung. Paulus erzählt eindrücklich davon, dass unser Leben mehr ist als nur der Blick auf die Herausforderungen, die uns jetzt im Moment vor Augen stehen. Es sind Glaube, Hoffnung und Liebe, die unser Leben grundlegend ausmachen. Und diese drei reichen weit über alle Kategorien hinaus, an denen wir unser Leben allzu oft ausrichten. Sich das bewusst zu machen, gibt eine neue Freiheit und Weite, um das eigene Leben zu gestalten.
Kommunizieren wie Paulus heißt also, mein Gegenüber ernsthaft und liebevoll in den Blick zu nehmen. Und ihm oder ihr davon zu erzählen, dass Gott für unser Leben eine Perspektive bereithält, die weit über die Last oder Freude des Augenblicks hinausgeht. Ob das in Briefen geschieht wie bei Paulus, oder per Messengerdienst, Videocall oder im direkten Gespräch, spielt dann gar keine entscheidende Rolle mehr – Hauptsache, die Botschaft kommt an.
Amen.
Pastorin Meret Köhne