Startseite Archiv Tagesthema vom 29. August 2018

Ein Hirte bei den Schäfern

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Regionalbischof Rathing hilft beim Hüten von Schnucken in der Heide

Ralf Bachmann lässt seinen Blick über die Herde schweifen. Rund 600 Heidschnucken und Ziegen grasen auf der ausgedehnten Fläche bei Bispingen in der Lüneburger Heide. Die genügsamen Tiere sind in Bewegung, während sie Gräser und Schößlinge zwischen dem Heidekraut mit ersten lila Blüten herausknabbern. "Man muss einfühlsam sein, um dabei alle im Blick zu haben", sagt Bachmann. "Und Erfahrung haben." Der 57-Jährige ist seit 39 Jahren Schäfer. Bis zu diesem Freitag hatte er einen besonderen Praktikanten an seiner Seite, der das Hirtenamt sonst nur im übertragenen Sinne betreibt.

Der Lüneburger Regionalbischof Dieter Rathing hat den Schäfer seit Montag bei seinen täglichen Runden durch den Naturschutzpark Lüneburger Heide begleitet. Seit 2011 nimmt sich der evangelische Theologe einmal im Jahr eine Woche Zeit, um in eine für ihn fremde Arbeitswelt einzutauchen. Der 61-Jährige scheut auch nicht davor zurück, zuzupacken und ein Schaf zwischen seinen Beinen festzuhalten. 

"Ich bin mit Tieren groß geworden. so etwas habe ich schon als Junge gemacht", sagt Rathing. Als Lehrling in einem Beruf, den manche auch noch im fortgeschrittenem Alter ergreifen, würde er durchaus taugen, meint Bachmann. "Er erfasst, um was es geht."

Regionalbischof Dieter Rathing und Schäfer Ralf Bachmann bei den Heidschnucken. Bild: Karen Miether/ epd-Bild

Der Verein Naturschutzpark Lüneburger Heide setzt sich seit mehr als 100 Jahren für den Erhalt der Lüneburger Heide ein. Ohne die sechs Schnuckenherden und die Ziegenherde, die beim Verein angestellte Schäferinnen und Schäfer wie Bachmann hüten, würde das Heidekraut schnell von Gräsern und Gebüsch überwuchert werden. Zwar kommen heute auch Maschinen in der Heidepflege zum Einsatz, wie die Leiterin Schafzucht und Beweidungsmanagement, Barbara Guckes, erläutert. Zugleich blieben aber alte Wirtschaftsformen ein Vorbild.

Nachts kommen wie schon in früheren Zeiten die Schafe in den Stall, erläutert Guckes. "In der Regel sollen sie keinen Sternenhimmel sehen." Der Vorteil dabei sei, dass die Tiere einen Teil ihres Kotes drinnen hinterließen. Er könne andernorts als Dünger verwendet werden. "Der Nährstoffkreislauf aus der Heide in den Stall, wurde schon in der alten Heidewirtschaft gepflegt." Ökologisch und hundertprozentig artgerecht würden die Tiere gehalten.

Bachmanns Schafe haben ausnahmsweise die Nacht in einem Pferch verbracht. Die Fläche, die sie an diesem Tag beweiden, liegt vom Stall zu weit entfernt. Für den Schäfer ist das ein mulmiges Gefühl, seit wieder Wölfe in der Region heimisch sind. Ob der Zaun die Jagdtiere im Zweifel fernhält, weiß er nicht. "Aber der ist nach Vorschrift", sagt Bachmann. "Falls etwas passiert, kriegen wir Ersatz."

Bild: Karen Miether/ epd-Bild

Seine Schnucken sind inzwischen auf ein Stück Grasland weitergezogen. Hier fressen sie ausgiebig. Ruhe kehrt ein. Der Altdeutsche Schäferhund Prinz legt sich zur Abkühlung am heißen Sommertag in einen Wassergraben. "Meine Herde hat abends die Bäuche noch voll", sagt der Schäfer. Doch auf die Lagerung von Winterfutter habe die Dürre der letzten Wochen heftige Auswirkungen. "Diese Wiese wird üblicherweise zwei Mal im Jahr gemäht", erzählt er. In diesem Jahr war schon der erste Schnitt dürftig. Einen zweiten werde es wohl nicht geben. Seine Chefin Guckes hat frühzeitig Futter zugekauft. Doch auch sie meint: "Es wird schwierig, über den Winter zu kommen."

Auf ihre Handstöcke gestützt, kommen Schäfer und Regionalbischof ins Gespräch. Über Berufe, von denen Rathing inzwischen in viele hineingeschnuppert hat, und über Berufungen. Auch Pastoren seien der Wortbedeutung nach Hirten, sagt Rathing. Im Idealfall hielten sie wie der Schäfer die Herde die ganze Gemeinde zusammen und hätten doch jeden einzelnen im Blick. Bachmann, der Ende der 1970er Jahre über eine Landkommune zu seinem Beruf gekommen ist, sagt: "Ich habe Glück gehabt." Seine Arbeit sei in Krisen auch ein Anker gewesen. "Ein Schäfer lässt seine Herde nicht allein. Ich musste immer raus."

Karen Miether/epd
Landessuperintendent Dieter Rathing als Schäfer. Bild: Karen Miether/ epd-Bild

VNP - Hüter der Heide

Unter dem Kürzel VNP versammeln sich drei Institutionen: Der Verein Naturschutzpark e.V., die Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide und die VNP-Naturpark GmbH. 

Mit der Arbeit von Stiftung und GmbH wird das Ziel des Vereins umgesetzt: Schutz und Entwicklung der Gesamtgefilde.

Der Verein Naturschutzpark e.V. ist eine der ältesten privaten Naturschutzorganisationen Deutschlands. Gegründet 1909 in München, hat er sich zum Ziel gesetzt, großflächig Naturschutz zu betreiben. Nach dem Vorbild der amerikanischen Nationalparks möchte der VNP schutzwürdige und eindrucksvolle Landschaften mit ihrer Pflanzen- und Tierwelt, insbesondere im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide schützen und pflegen.

Die VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide ist im Jahr 2002 aus dem Verein Naturschutzpark e.V. hervorgegangen. Zum Stichtag 1. Januar 2008 übertrug der Verein Naturschutzpark sein gesamtes Vermögen in der Lüneburger Heide und sämtliche damit verbundene Rechte und Pflichten auf seine Stiftung. Die Zielsetzungen der Stiftung sind mit denen des Vereins laut Stiftungssatzung identisch. Auch personell gibt es zwischen Vereins- und Stiftungsführung weit reichende Überschneidungen, welche für alle Zukunft den Schutz der Lüneburger Heide im Sinne des Vereins gewährleisten. Unter dem Kürzel „VNP“ sind insofern sowohl Stiftung als auch Verein zu verstehen.

Die VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. 
Zweck der Stiftung ist die Förderung der Aufgaben des gemeinnützigen Vereins Naturschutzpark e.V

Die GmbH ist zuständig für die an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichtete Führung der Nebenbetriebe. Dazu gehören Milchhalle und Museumsladen in Wilsede, das Landhaus Haverbeckhof in Niederhaverbeck, das Hotel Hof Tütsberg bei Schneverdingen und das Heide-ErlebnisZentrum in Undeloh. In den gastronomischen Betrieben legen wir Wert auf die Verwendung von regionalen Produkten wie Heidschnucke oder Buchweizen. 

Die GmbH kümmert sich außerdem um die Großparkplätze, die Holz-Hackschnitzel-Heizwerke und die Photovoltaikanlagen.

Verein Naturschutzpark