Startseite Archiv Tagesthema vom 27. August 2018

Bischof mit Luther im Escape-Room

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Kirchengemeinde in Südniedersachsen bietet Rätselspiel für Jugendliche und Erwachsene an

Gemeinsam mit vier Jugendlichen kriecht der hannoversche Landesbischof Ralf Meister auf dem Boden herum. Unter einem Bett ziehen sie einen alten Koffer hervor und finden in einer Ecke eine alte Truhe. Beide sind mit Kombinationsschlössern verriegelt. "Halleluja", rutscht es dem 56-jährigen Theologen heraus, während er sich die Stirn reibt. Zusammen mit der kleinen Jugendgruppe spielt Meister das Rätselspiel "Luther-Escape", das die evangelische Martin-Luther-Kirchengemeinde im südniedersächsischen Schönhagen entworfen hat. 

Hinter einer unscheinbaren Tür im Gemeindehaus verbirgt sich der besondere Raum, der die Teilnehmer auf eine Zeitreise ins späte Mittelalter katapultiert. Meister und seine Mitspieler suchen fieberhaft zwischen Bettlaken aus Leinen, in historischen Schränken und Schubladen, auf einem alten Schreibtisch und in Papieren nach Hinweisen. Sie sollen das Geheimnis um das Verschwinden des Reformators Martin Luther (1483-1546) aus seiner Studierstube lüften, in der er im Jahr 1521 die Bibel übersetzt hatte. 

Kirchenvorsteherin Kerstin Ahlborn ist die Spielleiterin und verfolgt das Geschehen im Nebenraum über eine Videokamera. Ziel des Spiels ist es, innerhalb einer Stunde die Rätsel zu lösen, um die Codes für die Schlösser zusammenzutragen, sagt Ahlborn. Die Inhalte in den Truhen und Koffern führen schließlich zur Lösung und erst dann dürfen die Spieler den Raum wieder verlassen. "Man braucht dafür kein konkretes Wissen über Luther", betont sie. Im Zweifelsfall gibt die Pfarrsekretärin über ihr Smartphone und Lautsprecher den Spielern einen Hinweis: "Schaut mal unter den Bettdecken nach."

Marit Stippich (14), Michel Gerke (14), Felix Ahlborn (15), der hannoversche Landesbischof Ralf Meister (56) und Tim Heuer (15, von links) im „Luther-Escape“ der Martin-Luther-Kirchengemeinde im suedniedersaechsischen Schönhagen. Bild: Swen Pförtner/ epd-Bild

Der 14-jährige Michel Gerke stürzt los und hält etwas ratlos einen Metallbehälter in den Händen. "Das ist eine alte Wärmflasche", erklärt Meister. Auch dieses Fundstück liefert neue Hinweise. "Solange sie noch etwas Neues entdecken, lasse ich sie weiter rätseln", sagt Ahlborn. Nur, wenn das Team gar nicht weiter kommt, bekommen sie Hilfe. Schließlich soll "keiner frustriert rausgehen". 

Die Idee für das ungewöhnliche Angebot der Kirchengemeinde sei ihr gekommen, nachdem sie selbst ein sogenanntes Escape-Game gespielt habe, sagt Ahlborn. Die in Japan entwickelte Spielform wurde in Deutschland erstmals 2011 veranstaltet. Mittlerweile gibt es an mehr als 140 Orten mehr als 500 Escape-Room-Spiele. Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums im vergangenen Jahr griffen auch andere Kirchengemeinden, beispielsweise in Düsseldorf oder Etelsen bei Bremen, die Idee eines Luther-Escape-Rooms auf. 

In Schönhagen sorgt ein Team von zehn Ehrenamtlichen dafür, dass angemeldete Besuchergruppen das Spiel erleben können, sagt Ahlborn. Seit der Eröffnung im März haben sich etwa 30 Gruppen, darunter Theologiestudenten, Erzieherinnen oder auch Urlaubsreisende aus Süddeutschland auf die Spurensuche Luthers begeben. Das von den Teilnehmern für das Projekt gespendete Geld kommt der Kirchenstiftung zugute, die seit Jahren eine halbe Pfarrstelle in dem 1.000 Einwohner zählenden Ort finanziert. 

Der Landesbischof auf Spurensuche im Escape-Room. Bild: Swen Pförtner/ epd-Bild

Nach 50 Minuten intensiven Rätselratens sind auch der Landesbischof und seine jungen Mitspieler am Ziel, das hier natürlich nicht verraten werden darf. Jeder hat mindestens eine der sieben Schlösserkombinationen öffnen können. Stolz und auch erleichtert verlässt die kleine Gruppe den Raum. Der 15-jährige Tim Heuer sagt, ganz nebenbei habe er etwas mehr über die Reformation und Luther gelernt. Auch Meister ist nach seinem allerersten Besuch in einem Escape-Room begeistert. Die Spielform vermittele in einer Leichtigkeit ein Thema, das für Jugendliche eher dröge erscheine. Zudem könne der "Luther-Escape" auch gut von Erwachsenen gespielt werden. "Das hat richtig Spaß gemacht."  

Charlotte Morgenthal (epd)
Bild: Swen Pförtner/ epd-Bild

Der Escape-Room

Das späte Mittelalter hat im Gemeindehaus Einzug gehalten. Ein kleiner Raum verwandelte sich zu Luthers Stube auf der Wartburg, die viele Geheimnisse und Rätsel verbirgt.
Wo ist Luther abgeblieben? Diese Frage stellt sich Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen. Dringend benötigt er wertvolle Hilfe bei der Suche.
Die Besucher suchen nun nach Luthers Spuren und lösen das Räsel um sein Verschwinden; nur so werden sie den Raum wieder verlassen können.
Eine Stunde haben sie dafür Zeit. Gefragt ist Teamgeist. Drei bis sechs Köpfe schaffen es vielleicht gemeinsam, alle Rätsel zu lösen.
Mitspielen? Informieren und Termin vereinbaren! 

Bild: Kirchengemeinde Schönhagen

Kirchengemeinde Schönhagen

Die Martin-Luther-Kirchengemeinde liegt mitten im Solling. Neben dem Kirchort Schönhagen gehören die Ortschaften Kammerborn, Amelith, Nienover und Polier zur Gemeinde. Schon von weitem fällt die überaus große Kirche auf. Mit dem Signet "Offene Kirche" ausgezeichnet, ist sie das ganze Jahr über als Ort der Stille und des Gebets geöffnet. 

Die Gemeinde freut sich über regen Gottesdienstbesuch. Der Gottesdienst ist Zentrum des kirchlichen Lebens in Schönhagen. Rund 1150 Menschen gehören zur sehr aktvien Gemeinde. 

Gemeinde Schönhagen