Startseite Archiv Tagesthema vom 15. August 2018

Speisen aus den Klostergärten

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Hauswirtschaftsleiterin Felicitas Potyka-Hartmann bewirtet die Gäste des Klosters Wülfinghausen mit vielem, was die Gärten hier hergeben

Der Start in eine Arbeitswoche ist für viele Menschen nichts, nachdem sie sich besonders sehnen. Felicitas Potyka-Hartmann hingegen beginnt ihren Montag mit einem Gang durch die idyllischen Gärten des Klosters Wülfinghausen. Zwischen Stachelbeeren, Zwetschgen, Mangold und Basilikum ersinnt die Hauswirtschaftsleiterin zu Wochenbeginn den Speiseplan für die Gäste des Klosters. „In diesem Jahr ist hier alles besonders üppig“, schwärmt sie.

Potyka-Hartmann arbeitet erst seit einigen Monaten im Kloster Wülfinghausen westlich von Hildesheim. Doch die reichhaltigen Gärten passen ideal zu der Frau, die selbst 30 Jahre lang ein Gartenfachgeschäft mit Gartenbaubetrieb führte und sich für ökologische Landwirtschaft begeistert. Im Frühjahr spricht sie mit den Klostergärtnern ab, was gesät werden soll. Täglich geht sie mit ihnen zu Beeten, Büschen und Bäumen, um zu schauen, was geerntet werden kann.

„Wir überlegen, was kommt auf den Speiseplan, was wird eingefroren, was wird eingemacht“, erläutert die 64-Jährige. In einer Speisekammer unter der Küche stehen Regale voller Gläser mit Marmeladen, eingelegtem Gemüse oder Kräutersirup. Die Eier kommen von den Hühnern des Klosters. Dinkel wird hier frisch gemahlen und verarbeitet. Fleisch und anderes, was eingekauft werden muss, stammen von spezialisierten Öko-Betrieben.

Felicitas Potyka-Hartmann zeigt auf ein Gemüsebeet unter anderem mit Mangold und Frühkartoffeln. Bild: Stefan Korinth

Das Kloster bietet seinen Gästen von Vollkost über vegetarisch und vegan bis hin zu laktose- und glutenfrei ein umfassendes Verpflegungsangebot, erklärt Felicitas Potyka-Hartmann. Bei Anmeldungen können Unverträglichkeiten angegeben werden. Eine Diätköchin gehört neben Gärtnern, Hausmeister und Hauswirtschafterinnen zu ihrem Team.

Möglichst viel dessen, was die Gärten hergeben, wird hier angeboten. „Irgendwann kriegt man ein Gespür dafür, was man aus welchem Essen zur Weiterverwendung machen kann, ohne etwas wegzuwerfen.“ Und schließlich kommen auch die vielen frischen Blumensträuße hier aus den Klostergärten. 

Hauswirtschaftsleiterin Felicitas Potyka-Hartmann beim Schreiben des Dienstplans in ihrem Büro. Bild: Stefan Korinth

Der Garten ist allerdings nicht Potyka-Hartmanns einziger Arbeitsplatz: „Wenn wir Gruppen zu Gast haben, stehe ich überwiegend in der Küche“, erzählt sie. Mit ihren Kolleginnen kocht und backt sie dann für die Gäste des Klosters, die hier eine Auszeit vom Alltag nehmen oder Gott erleben wollen. Zum Mittag gibt es heute beispielsweise „Mediterranen Klostertopf“. Fast täglich wird zudem frisch gebacken. So wie an diesem Tag: Hauswirtschafterin Sabine Harder-Ehrich macht Zwetschgenkuchen aus den Früchten, die Gärtnerin Désirée Levy eben von den Bäumen gepflückt hat.

Nachmittags geht Felicitas Potyka-Hartmann dann an ihren dritten Arbeitsort: das Büro. Aufgabe der Leiterin ist es nämlich auch, die Arbeiten der Angestellten zu koordinieren und Arbeitspläne zu schreiben. Eine zentrale Koordination sei sehr wichtig, erklärt sie. Dies erleichtere die Arbeit für alle. Kollegen könnten dann auch besser mal als Hilfen füreinander einspringen.

Felicitas Potyka-Hartmann vor den Regalen mit Marmeladen und weiteren Gartenprodukten. Auch Honig und Likör werden im Kloster produziert. Bild: Stefan Korinth

Im Frühjahr schloss die Hauswirtschaftsleiterin eine Weiterbildung in nachhaltiger Wirtschaftsweise ab. Ihre berufliche Position lässt sich gut mit ihrem ökologischen Anspruch verbinden, erklärt Potyka-Hartmann. Denn größere Einrichtungen verbrauchen oft zu viele Ressourcen, die sich mit guter Planung und effektiven Methoden einsparen ließen.

Dabei gehe es nicht nur um den Lebensmitteleinkauf, sondern etwa auch ums Putzen. So sorgte Potyka-Hartmann für die Anschaffung eines Dosiergeräts für Reinigungsmittel. Dieses gibt je nach Putzoberfläche ein passendes Gemisch heraus, mit dem ihre Kolleginnen dann arbeiten können. „Das spart nicht nur Mittel, man muss auch nicht mehr so viel schleppen“, sagt sie.

Beruflich begann sie Anfang der 1970er Jahre in ihrer Heimatstadt Kassel als Hauswirtschafterin in der Altenhilfe. Schon dort übernahm sie die Küchenleitung. Immer wieder bildete sie in den folgenden Jahrzehnten Hauswirtschafter an Schulen oder an einer Außenstelle der Uni Kassel aus. „Aber ich bin keine Theoretikerin. Mich zog es immer wieder in die praktische Arbeit.“ So war sie in der Altenpflege, der Hilfe für Suchtkranke oder der Behindertenhilfe tätig – immer in der Hauswirtschaft und fast immer für kirchliche Arbeitgeber. „Meine Arbeit musste immer einen sozialen Hintergrund haben.“ 

Die Blumensträuße, die in der Krypta und anderen Klosterräumen stehen, stammen ebenfalls aus dem eigenen Garten. Jede Konventualin hat ihren eigenen Garten im Kloster. Bild: Stefan Korinth

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes arbeitete sie im Gartengeschäft ihres Mannes. Parallel aber auch weiterhin in der Hauswirtschaft. Zuletzt war sie im Kloster Bursfelde tätig. Von dort ging es nach Wülfinghausen. Hier will Potyka-Hartmann so lange arbeiten wie möglich und schon eine Nachfolgerin für sich suchen, die sie einarbeiten kann.

Der Juli war für die Hauswirtschaft die Zeit der Grundreinigung. Als andere Urlaub machten, wurden hier die Matratzenbezüge gewaschen. Das Kloster hatte in dieser Zeit vier Wochen Pause. Die Konventualinnen gingen in Urlaub, das Seminarangebot mit seinen Spiritualitätskursen, Exerzitien oder geistlichen Einkehrtagen ruhte. Mit Ausnahme weniger gästefreier Wochen ist das Kloster sonst durchgängig gut belegt. 25 bis 30 Gäste sind normal, rund 40 Gäste das Maximum, berichtet Potyka-Hartmann.

Die spirituellen Angebote des Klosters begeistern die Hauswirtschaftsleiterin sehr: „Die Reiter-Exerzitien finde ich toll. Auf dem Pferd durch die Natur zu reiten, ist etwas Besonderes“, schwärmt sie. „Ich gehe auch gern ins Mittags- oder Abendgebet.“ Zu ihrem Geburtstag gaben ihr die fünf Konventualinnen in der gotischen Klosterkirche eigens ein kleines Harfenkonzert.

Die Schwestern waren es sogar, die den Ausschlag für Potyka-Hartmanns Zusage an das Kloster Wülfinghausen gaben. Als sie das erste Mal hier war, lasen sie im Mittagsgebet eines Text von Dietrich Bonhoeffer, in dem es um einen ersten Schritt ging, erinnert sich Potyka-Hartmann. „Da war mir klar, hier fange ich an.“

Stefan Korinth
Mit Gärtnerin Désirée Levy pflückt Felicitas Potyka-Hartmann Zwetschgen im Klostergarten. Bild: Stefan Korinth

Kloster Wülfinghausen

Das Kloster Wülfinghausen ist ein Ort, das von der Communität Kloster Wülfinghausen belebt wird. Zur Communität gehören im Augenblick fünf Schwestern. Drei gemeinsame Gebetszeiten in der Krypta und Zeiten der Stille geben dem Tag seinen besonderen Rhythmus. Sie sind der Atem klösterlichen Lebens und öffnen einen Raum des zweckfreien Daseins vor Gott. Die Gebetszeiten der Communität strukturieren den Tagesverlauf aller Gäste und Kursteilnehmer*Innen. Sie sind zu den einzelnen Gebetszeiten auch eingeladen.

Im Kloster wird eine ökumenisch offene Spiritualität mit einer aus der Erfahrung des Lebens gewonnenen und im Gebet gegründeten Theologie verbunden. Im „Haus der Stille“ wird diese Verknüpfung in Form vielfältiger Kursangebote erfahrbar. Im Mittelpunkt stehen dabei der Grundkurs Spiritualität und Angebote, bei denen Erfahrungen aus der ignatianischen Exerzitien-Spiritualität vermittelt werden.

Pastor Gerhard Dierks, Leiter des Hauses der Stille im Kloster Wülfinghausen

„Klosterapotheke“

Das Kloster Wülfinghausen präsentiert sich bei der anstehenden 200-Jahr-Feier der Klosterkammer auch unter dem Motto „Klosterapotheke“. Sabine und Gerd Hornbostel aus dem Kreis der ehrenamtlich assoziierten Klosterfreunde zeigen dort Kräutertinkturen, Wildkräutersalze und andere Produkte aus dem Garten des Klosters, das im Mittelalter auch ein überregionales Krankenhaus („Siechenhus“) beherbergte. Von Schöllkraut über Mädesüß bis zum stinkenden Storchenschnabel finden sich innerhalb der Klostermauern 38 verschiedene Wildkräuterarten, erläutert das Ehepaar Hornbostel. Die Ehrenamtlichen organisieren zudem jährlich einen Wildkräutertag im Kloster Wülfinghausen.

Klosterkammerjubiläum

Das Kloster Wülfinghausen beteiligt sich am großen Fest der Klosterkammer am Samstag, 25. August im Wöltingerode mit vier Angeboten:

Die Schwestern der Communität Kloster Wülfinghausen gehören zum Trägerkreis der Stundengebete und werden sich regelmäßig daran beteiligen.

Pastor Hans-Martin Kätsch, zugleich Steinmetz- und Steinbildhauergeselle, wird mit einer Steinbildhauerarbeit an die Tradition der mittelalterlichen Bauhütten erinnern. Er ist zugleich Assoziierter der Communität. Die Besucher*Innen werden miterleben, wie das Weihekreuz des Klosters aus einem Kalksandstein entsteht.

Zu den Assoziierten der Communität gehören auch Sabine und Gerd Hornbostel. Sie haben sich auf die im Klostergarten wachsenden Kräuter spezialisiert und werden dazu die „Wülfinghäuser Klosterapotheke“ öffnen.

Zusammen mit Sr. Heike Scheufler und Marlies Stockmeier (einer Assoziierten des Klosters) wird Pastor Gerhard Dierks Specksteinarbeiten anbieten. Dieses Angebot richtet sich besonders an Kinder und Familien.

Andere Klöster lassen Bibelverse - wie einst die Mönche - in einem „Scriptorium“ abschreiben, bieten persönliche Bibelworte und Segnungen an oder eine Einführung in die Sticktechnik des traditionellen Klosterstichs.