Speisen aus den Klostergärten
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Hauswirtschaftsleiterin Felicitas Potyka-Hartmann bewirtet die Gäste des Klosters Wülfinghausen mit vielem, was die Gärten hier hergeben
Der Start in eine Arbeitswoche ist für viele Menschen nichts, nachdem sie sich besonders sehnen. Felicitas Potyka-Hartmann hingegen beginnt ihren Montag mit einem Gang durch die idyllischen Gärten des Klosters Wülfinghausen. Zwischen Stachelbeeren, Zwetschgen, Mangold und Basilikum ersinnt die Hauswirtschaftsleiterin zu Wochenbeginn den Speiseplan für die Gäste des Klosters. „In diesem Jahr ist hier alles besonders üppig“, schwärmt sie.
Potyka-Hartmann arbeitet erst seit einigen Monaten im Kloster Wülfinghausen westlich von Hildesheim. Doch die reichhaltigen Gärten passen ideal zu der Frau, die selbst 30 Jahre lang ein Gartenfachgeschäft mit Gartenbaubetrieb führte und sich für ökologische Landwirtschaft begeistert. Im Frühjahr spricht sie mit den Klostergärtnern ab, was gesät werden soll. Täglich geht sie mit ihnen zu Beeten, Büschen und Bäumen, um zu schauen, was geerntet werden kann.
„Wir überlegen, was kommt auf den Speiseplan, was wird eingefroren, was wird eingemacht“, erläutert die 64-Jährige. In einer Speisekammer unter der Küche stehen Regale voller Gläser mit Marmeladen, eingelegtem Gemüse oder Kräutersirup. Die Eier kommen von den Hühnern des Klosters. Dinkel wird hier frisch gemahlen und verarbeitet. Fleisch und anderes, was eingekauft werden muss, stammen von spezialisierten Öko-Betrieben.
Das Kloster bietet seinen Gästen von Vollkost über vegetarisch und vegan bis hin zu laktose- und glutenfrei ein umfassendes Verpflegungsangebot, erklärt Felicitas Potyka-Hartmann. Bei Anmeldungen können Unverträglichkeiten angegeben werden. Eine Diätköchin gehört neben Gärtnern, Hausmeister und Hauswirtschafterinnen zu ihrem Team.
Möglichst viel dessen, was die Gärten hergeben, wird hier angeboten. „Irgendwann kriegt man ein Gespür dafür, was man aus welchem Essen zur Weiterverwendung machen kann, ohne etwas wegzuwerfen.“ Und schließlich kommen auch die vielen frischen Blumensträuße hier aus den Klostergärten.
Der Garten ist allerdings nicht Potyka-Hartmanns einziger Arbeitsplatz: „Wenn wir Gruppen zu Gast haben, stehe ich überwiegend in der Küche“, erzählt sie. Mit ihren Kolleginnen kocht und backt sie dann für die Gäste des Klosters, die hier eine Auszeit vom Alltag nehmen oder Gott erleben wollen. Zum Mittag gibt es heute beispielsweise „Mediterranen Klostertopf“. Fast täglich wird zudem frisch gebacken. So wie an diesem Tag: Hauswirtschafterin Sabine Harder-Ehrich macht Zwetschgenkuchen aus den Früchten, die Gärtnerin Désirée Levy eben von den Bäumen gepflückt hat.
Nachmittags geht Felicitas Potyka-Hartmann dann an ihren dritten Arbeitsort: das Büro. Aufgabe der Leiterin ist es nämlich auch, die Arbeiten der Angestellten zu koordinieren und Arbeitspläne zu schreiben. Eine zentrale Koordination sei sehr wichtig, erklärt sie. Dies erleichtere die Arbeit für alle. Kollegen könnten dann auch besser mal als Hilfen füreinander einspringen.
Im Frühjahr schloss die Hauswirtschaftsleiterin eine Weiterbildung in nachhaltiger Wirtschaftsweise ab. Ihre berufliche Position lässt sich gut mit ihrem ökologischen Anspruch verbinden, erklärt Potyka-Hartmann. Denn größere Einrichtungen verbrauchen oft zu viele Ressourcen, die sich mit guter Planung und effektiven Methoden einsparen ließen.
Dabei gehe es nicht nur um den Lebensmitteleinkauf, sondern etwa auch ums Putzen. So sorgte Potyka-Hartmann für die Anschaffung eines Dosiergeräts für Reinigungsmittel. Dieses gibt je nach Putzoberfläche ein passendes Gemisch heraus, mit dem ihre Kolleginnen dann arbeiten können. „Das spart nicht nur Mittel, man muss auch nicht mehr so viel schleppen“, sagt sie.
Beruflich begann sie Anfang der 1970er Jahre in ihrer Heimatstadt Kassel als Hauswirtschafterin in der Altenhilfe. Schon dort übernahm sie die Küchenleitung. Immer wieder bildete sie in den folgenden Jahrzehnten Hauswirtschafter an Schulen oder an einer Außenstelle der Uni Kassel aus. „Aber ich bin keine Theoretikerin. Mich zog es immer wieder in die praktische Arbeit.“ So war sie in der Altenpflege, der Hilfe für Suchtkranke oder der Behindertenhilfe tätig – immer in der Hauswirtschaft und fast immer für kirchliche Arbeitgeber. „Meine Arbeit musste immer einen sozialen Hintergrund haben.“
Nach der Geburt ihres zweiten Kindes arbeitete sie im Gartengeschäft ihres Mannes. Parallel aber auch weiterhin in der Hauswirtschaft. Zuletzt war sie im Kloster Bursfelde tätig. Von dort ging es nach Wülfinghausen. Hier will Potyka-Hartmann so lange arbeiten wie möglich und schon eine Nachfolgerin für sich suchen, die sie einarbeiten kann.
Der Juli war für die Hauswirtschaft die Zeit der Grundreinigung. Als andere Urlaub machten, wurden hier die Matratzenbezüge gewaschen. Das Kloster hatte in dieser Zeit vier Wochen Pause. Die Konventualinnen gingen in Urlaub, das Seminarangebot mit seinen Spiritualitätskursen, Exerzitien oder geistlichen Einkehrtagen ruhte. Mit Ausnahme weniger gästefreier Wochen ist das Kloster sonst durchgängig gut belegt. 25 bis 30 Gäste sind normal, rund 40 Gäste das Maximum, berichtet Potyka-Hartmann.
Die spirituellen Angebote des Klosters begeistern die Hauswirtschaftsleiterin sehr: „Die Reiter-Exerzitien finde ich toll. Auf dem Pferd durch die Natur zu reiten, ist etwas Besonderes“, schwärmt sie. „Ich gehe auch gern ins Mittags- oder Abendgebet.“ Zu ihrem Geburtstag gaben ihr die fünf Konventualinnen in der gotischen Klosterkirche eigens ein kleines Harfenkonzert.
Die Schwestern waren es sogar, die den Ausschlag für Potyka-Hartmanns Zusage an das Kloster Wülfinghausen gaben. Als sie das erste Mal hier war, lasen sie im Mittagsgebet eines Text von Dietrich Bonhoeffer, in dem es um einen ersten Schritt ging, erinnert sich Potyka-Hartmann. „Da war mir klar, hier fange ich an.“
Stefan Korinth