"Ein unglaublich überzeugendes Zeichen von Humanität"
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Über die Notwendigkeit der privaten Seenotrettung im Mittelmeer wird aktuell viel diskutiert. Am Mittwoch lief im Kino am Raschplatz eine Dokumentation, die die Arbeit eines Rettungsschiffes aus nächster Nähe zeigt.
Das Bild der beiden toten jungen Frauen geht Jonas Buja (26) nicht aus dem Sinn. Gleich am zweiten Tag seiner ersten Rettungsmission an Bord der "Iuventa" vor der libyschen Küste erlebte er mit, dass die beiden Flüchtlinge nur noch tot aus einem völlig überladenen Schlauchboot bergen. "Da habe ich gedacht, was machst du hier eigentlich? Das ist doch alles Sch..." Doch dann habe er sich umgedreht und in das Gesicht eines jungen Mannes geblickt, der noch vor wenigen Minuten in dem selben Schlauchboot um sein Leben bangte und ihn nun freudig anstrahlte. "Da war mit klar, ich tue das Richtige, ich rette hier Menschen vor dem sicheren Ertrinken."
Die Arbeit von Jonas Buja und seinen Kolleginnen und Kollegen an Bord eines Schiffes, das im Mittelmeer geflüchtete Menschen aus Seenot rettet, zeigt die Dokumentation "Iuventa - der Film", die am Mittwoch im vollbesetzten Kinosaal im Kino am Raschplatz in Hannover gezeigt wurde.
Die evangelischen Kirchen stehen laut Landesbischof Ralf Meister zweifelsfrei und fest hinter der Seenotrettung von Flüchtlingen durch zivilgesellschaftliche Initiativen. "Ihr habt unsere volle Unterstützung", sagte der evangelische Theologe bei der Diskussion im Anschluss an den Film zu den Mitgliedern der Organisation "Jugend rettet", die mit ihm auf dem Podium saßen.
Die im Dokumentarfilm des italienischen Regisseurs Michele Cinque dargestellte Rettungsarbeit habe ihn "unglaublich beeindruckt", sagte Meister. "Für mich seid ihr Helden." Für einen kleinen Kreis anderer Menschen seien private Seenotretter hingegen Kriminelle, vielen Menschen sei ständen der Rettungsarbeit gleichgültig gegenüber. Es seien jedoch oft kleine Kreise engagierter Menschen, die für gesellschaftliche Veränderungen sorgten, betonte Meister.
In Deutschland gebe es inzwischen den gefährlichen Trend, über die Sinnhaftigkeit der Seenotrettung von Flüchtlingen zu debattieren - selbst in liberalen Blättern wie der "Zeit". Dies sei ein starkes "Alarmsignal", warnte Meister. Denn damit würden bereits zentrale Werte der Bundesrepublik infrage gestellt. "Unser Grundrechtekatalog darf nicht ausgehöhlt werden", unterstrich der Landesbischof.
Sophie Tadeus von "Jugend rettet" betonte, jeder Mensch habe das Recht aus Notsituationen gerettet zu werden, egal wohin er gerade unterwegs sei. "Jede andere Haltung führt in die Barbarei." Retter dürften nicht kriminalisiert werden, sagte Tadeus, die im Vorstand des 2015 in Berlin gegründeten Vereins aktiv ist. Die Kritik an der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer weise auf Rassismus in der Gesellschaft hin, ergänzte sie. "Über Seenotrettung in der Nordsee diskutiert ja niemand."
Das Rettungsschiff "Iuventa", mit dem die jungen Aktivisten auf mehrwöchigen Missionen 2016 und 2017 nach eigenen Angaben 14.000 Menschen retteten, wurde vor einem Jahr von den italienischen Behörden beschlagnahmt. Den Aktivisten werde Kooperation mit Schlepperbanden vorgeworfen. Es lägen jedoch weder Beweise noch eine Anklage vor, sagte Tadeus. Die Beschlagnahme sei eine präventive Maßnahme der Behörden gewesen, die diese ohne jede Frist fortsetzen könnten. Auch viele Schiffe anderer ziviler Rettungsorganisationen würden durch die Behörden blockiert.
epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen