"Aufatmen auf Borkum"
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Pastor Fritz Baltruweit ist für einige Wochen Kurseelsorger auf Borkum. Er berichtet von Begegnungen und Impulsen in einer besonderen Zeit.
Sonntagmorgen 10 vor 10. Alle Bankreihen sind besetzt. Die Menschen müssen nochmal zusammenrücken. Stühle werden geschleppt – Papphocker hingestellt. Endlich haben alle Platz gefunden. Der Gottesdienst kann beginnen.
Urlaub auf Borkum. Für viele gehört ein schöner Gottesdienst dazu. Im Anschluss dankbare Worte von vielen an der Kirchentür. „Wie schön, dass wir das Lied ‚Gott gab uns Atem‘ gesungen haben – das singen wir immer beim Friedensgebet bei uns in Lingen. Ich hab deshalb meiner Freundin schon mal eine Postkarte geschrieben. Könnten Sie die signieren?“ – „Ich war heute zum ersten Mal seit 30 Jahren wieder in der Kirche – und habe es nicht bereut.“
Auch beim anschließenden Familiengottesdienst, wo Groß und Klein gemeinsam singen, beten und sich beim Segen die Hand reichen, werden wir nach den Texten aus dem Gottesdienst gefragt. „Das würde ich so gern zu Hause auch machen…“
Nachmittags ist Pause. Zeit für den Strand – ganz im Osten der Insel. Da wo kaum jemand ist, auch wenn über 25 000 Gäste die Insel bevölkern. In der Weite des Strandes verliere ich mich fast. Immer weiter am Wasser entlang gehen, immer weiter … …an den Wellen, die sich immer und immer wieder brechen. Eine ewige Musik.
Der Blick schweift in die Ferne weit übers Wasser – ganz hinten: Zwei Schiffe.
Wohin deren Reise wohl geht? Beim Blick in die Ferne glitsche ich fast auf einer Qualle aus. Ich schaue auf den Sand. Muscheln, halb zugeweht vom Wind. Eine Mini-Krater-Landschaft.
Wie lange bin ich schon hier. Eine Stunde? Drei? Die Zeit zerfließt zu einem Stück Ewigkeit.
Schließlich kehre ich aus der Sand- und Wasser“wüste“ in den Ort wie in einen Hafen zurück. Und dann – wieder zurück im „normalen Leben: überall Sand…
Ich versuche, ihn von den Füßen zu schütteln - und aus den Zähnen…
Am nächsten Morgen beim Bäcker. „Das war so schön gestern! Wir kommen heute Abend natürlich wieder.“
Etwas später ruft der Landesposaunenwart aus Wiesbaden an. „Ich wollte nochmal wegen des Ökumenischen Dreiklangs übermorgen nachfragen…“. Der Ökumenische Dreiklang besteht aus einem Gang von der lutherischen zur katholischen und dann zur reformierten Kirche. In jeder Kirche gibt es so eine „Mischung“ aus Andacht und Kirchenführung. Und auf den Wegen ist dann Zeit für Gespräche. Ein schönes Veranstaltungsformat.
„Wir kommen mit 27 Bläsern – und bringen auch noch ein paar andere mit, haben schon Werbung gemacht.“ Oft machen sich beim Dreiklang mehr als 100 Menschen auf den Weg. Aber: 27 Bläser in unserer lutherischen Christuskirche? Ich bin gespannt, ob die Fundamente noch stehen, wenn die gespielt haben.
Nachmittags dann Probe mit den Künstlern für das Konzert abends. Die Kirche wird wieder voll. „Geistliche Volkslieder aus fünf Jahrhunderten“. Eine Frau sagt ganz begeistert am Ausgang: „Ich habe mir das Buch mit der CD gekauft. Damit mein Pastor in Saarbrücken so eine wunderschöne Veranstaltung auch mal macht.“
Weit mehr als 600 Menschen sind an zwei Tagen in die Christuskirche gekommen, die eigentlich nur 280 Menschen „fasst“ – abgesehen von den Ungezählten, die sich zwischendurch die Kirche anschauen und eine Kerze anzünden.
Und was ich besonders schön finde: Menschen, die aus Gemeinden ganz Deutschlands kommen und nicht nur am Strand, sondern auch in der Kirche aufatmen und Impulse für sich und ihre Gemeinden mitnehmen wollen, sitzen neben denen, die zu Hause kaum mal den Weg in die Kirche finden. Gerade diese „Mischung“ lässt das Geschehen so herrlich lebendig werden.
Fritz Baltruweit