Falsche Propheten
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Andacht zum 1. Sonntag nach Trinitatis
„Falsche Propheten, falsche Fährten“, so beginnt ein Kommentar der Deutschen Presseagentur dpa. Sie berichtet unter der Überschrift „Falsche Propheten“ jüngst von der Mega-Welle der Fake News und was man dagegen tun kann.[i] Falsche Nachrichten, falsche Propheten sind das Thema der Stunde. Das Wort „Postfaktisch“ war 2016 das Wort des Jahres, 2017 wurde „alternative Wahrheiten“ zum Unwort des Jahres ernannt. Falsche Propheten haben Hochkonjunktur.
Da kommt uns der Prophet Jeremia gerade Recht, der von falschen und wahren Propheten spricht. Träume und Eingebungen gegen das klare Wort Gottes.
Und das ist in der Zeit von Fake News und jeder Menge falscher Propheten. Lüge und falsche Propheten sind nämlich kein bisschen neu. Neu aber ist die Möglichkeit, dass eine falsche Nachricht in kürzester Zeit durch die elektronischen Medien in kürzester Zeit eine unerhörte Reichweite gewinnt.
Das Negative und Sensationelle wird „gehypt“. Was sind die Gründe für Fake News-Verbreitung? Unfug, Wichtigtuerei, aber immer öfter auch blanker Hass und die Absicht, andere zu schädigen. Darum: „Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch.“
Ein höchst aktuelles Bibelwort also zur Medienkritik und zur Prophetenkritik, in dem es weiter heißt: Ist mein Wort nicht wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt? Wenn wir einen solchen Hammer des Wortes Gottes doch öfter hätten. Wenn wir doch ein klares prophetisches Wort hätten, das die Menschen aufrüttelt, das die Welt verändert, das Glauben weckt. Wie oft erlebe ich meine Worte doch auch ziemlich kraftlos, sie versenden sich ohne großen Nachhall. Da ist vielleicht die Erinnerung gut: Der Hammer ist das Wortes Gottes, nicht meines. Es gilt hier ein striktes Machtmonopol Gottes. Es ist seine Kraft, die in diesem Wort wirksam wird. Sie geht durch uns hindurch, aber bleibt doch für uns unverfügbar. Wir sind Zeugen seines Wortes, nicht mehr und nicht weniger.
Dabei aber geht es um viel. Bei Jeremia geht es um eine schroffe Scheidung der Geister, um den Kampf zwischen Lüge und Wahrheit. Wir sollen Zeugen der Wahrheit Gottes sein. Dass wir bloß nicht Lügenpropheten sind.
Aber: Wie geht das? Gewiss, es gibt Lebensbereiche, da ist ziemlich deutlich, wo ein klares Wort auch im Namen der Kirche, auch im Namen des Wortes Gottes, angesagt ist. Wo ein neuer Nationalismus um sich greift. Wo Feindschaft und Hass gesät werden. Wo in unserem Land Antisemitismus wieder ernsthaft gesellschaftsfähig zu werden droht. Da sind klare Worte nötig und wir müssen es doch wohl riskieren, wie ein Prophet zu sagen: „So spricht der Herr: Das darf nicht sein!“
Doch nicht überall ist die Unterscheidung von wahren und falschen Propheten so eindeutig. Was ist wahre Prophetie Gottes, was sind Lügen und Träume? Das ist immer wieder ein mühsames Ringen und Suchen und keineswegs frei von Fehlern und Irrtümern. Und zu meinen, die falschen Propheten, das sind immer die anderen, glauben wir uns ja selbst nicht. Also: Höchste Vorsicht vor zu steilen Ansprüchen an den eigenen prophetischen Auftrag.
Oft sieht man richtig klar erst im Nachhinein, was Wahrheit war und was Lüge, beim Blick in die Vergangenheit. Was ist die Kirche in den letzten Jahrzehnten für Wege und Irrwege gegangen in der Einschätzung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften? In den Fragen um Anfang Ende des Lebens. Im Umgang mit dem Islam. Was sind da die richtigen Wege? Wir suchen, tasten, fragen. Irrtum nicht ausgeschlossen.
Da mag es trösten, dass bei Jeremia auch keinesfalls alles klar war. Auch da war erst im Nachhinein klar, wer der wahre Prophet war, nämlich Jeremia. Er hatte recht gehabt mit seinen Warnungen, und das Volk hatte auf falsche Propheten gehört, die es in Sicherheit wiegten.
Wir sollten uns von Jeremia in Erinnerung rufen lassen, dass ein Unterscheid zwischen Wahrheit und Lüge besteht. Es ist nicht alles gleich wahr, es ist nicht alles beliebig. Religion bedeutet immer auch Ringen um die Wahrheit.
Nötig ist eine Unterscheidung der Geister, das prüfende und nachdenkende Unterscheiden. Wir brauchen einen kritischen Glauben, einen fragenden, aufgeklärten, unterscheidenden Glauben, dessen Maßstab das Wort Gottes ist.
Eine Gebrauchsanweisung für wahre Prophetie gibt es nicht. Aber wir dürfen gewiss sein, dass Gott selbst durch uns und zu uns reden will. Wer euch hört, der hört mich. Gott will uns durch seinen Geist immer wieder in alle Wahrheit leiten und uns als seine Zeugen gebrauchen in dieser Welt. So dass wir uns in der Überfülle der Wörter immer wiederfinden in seinem Wort, das Christus selbst ist.
Amen.
Landessuperintendent Hans-Christian Brandy