Startseite Archiv Tagesthema vom 11. Juni 2018

Seitenwechsel in Südafrika

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Freiwilligen-Programm des ELM

Killian, ein junger Mann aus dem Freiwilligen-Programm des ELM und ich haben gerade ein Projekt besucht. Ganz in der Nähe befindet sich die Tswane Leadership Foundation, bei der Leah und Thandiwe, ebenfalls Freiwillige, arbeiten. Leah begrüßt uns am Eingang. Wenige Minuten später stehen wir mit ihr in der Küche, Thandiwe ist unterwegs. „Die Arbeit hier ist toll und macht echt Spaß!“ sagt Leah als sie von ihrem Tageslauf erzählt. „Sie ist nicht nur fun, sondern z.T. auch echt verantwortungsvoll. Wir können hier richtig was machen!“

Und wie ist es, hier zu leben? Die besten Zeiten der Küche liegen sicher weit über dreißig Jahre zurück. Überhaupt ein schönes Haus, aber doch sichtbar in die Jahre gekommen. „Dass ich statt zu duschen mir in der Wanne das Wasser mit der Schöpfkelle übergieße ist schon ein Erlebnis. Aber diese Erfahrung wird mich in Zukunft begleiten. Die werde ich mitnehmen. Überhaupt, dass das ELM uns diese Möglichkeit gibt, das ist unglaublich! Das ist einfach ein riesiges Geschenk!“ Killian nickt zustimmend. Dass die beiden davon überzeugt sind, ist ihnen abzuspüren. Es gibt viel zu erzählen. 

Sonntag. Nach einem Gottesdienst wollen Killian und ich ins Moyo, einem Restaurant am Zoo Lake in Johannesburg. In der Nähe ist eine andere Gemeinde, in der es eine ELM Freiwillige gibt, Sarah. Heute sind aber bestimmt noch mehr aus dem Freiwilligen-Programm des ELM dort. Wir überlegen kurz, fahren in die Gemeinde. Der Gottesdienst ist auch hier vorbei. Sarah sitzt am Klavier in der Kirche und begleitet Vera. Ein recht eingängiges Lied. Amelie trudelt ein, Killian sucht nach anderen; eine lockere Gruppe, die sich gut kennt und wertschätzt. Wir werden mehr.

Schließlich gehen wir los zum Moyo. Malte, der Besuch von seinen Eltern hat, fragt, ob er später mit Winnie dazustoßen kann. Klar. Kaum auf der Straße begegnen wir Freunden aus der Gemeinde-Jugendarbeit. Großes Hallo, Händeschütteln, vor allem Umarmungen und „How are you?“. Hundert Meter weiter die gleiche Situation: „Hey, where are you off to now?“ Wo wollt ihr jetzt hin? Umarmungen, Küsschen, Lachen, Weitergehen. Wieder und wieder. Die Freiwilligen sind drin, mittendrin im Leben vor Ort. Ganz selbstverständlich. Klasse. Dass ich einfach so dabei sein kann ist super! Eine bunte Truppe, offen für Begegnungen jeder Art! Im Moyo. Runder Tisch im Freien. Gut Platz für uns alle. Und dann geht es los, Interna, die ich nicht verstehe, Gefrotzel, Lachen, die neuesten Erlebnisse, ab und an frage ich nach und bin immer wieder überrascht.

Freiwillige bei der Essenausgabe an SchülerInnen

Sarah meint: „Mal sehen, später will ich vielleicht studieren, vorher erstmal etwas Geld verdienen. Aber dass ich über das ELM dieses Jahr hier haben, das ist einfach unglaublich!“ Ich frage Amelie, die neben mir sitzt, was sie macht und sie erzählt von Drama for Life an der Wits Universität. „Gerade in den letzten Wochen hat es unglaublich viel zu tun gegeben.“ Offensichtlich hatte sich etwas unerwartet verändert. „Von dem was ich im Team mit den anderen zu erledigen hatte, hing für viele Studenten sehr viel ab. Das war schon eine Herausforderung. Aber gleichzeitig hat es uns sehr motiviert! Es ist echt klasse, die ganze Atmosphäre hier, die Leute.“ Winnie stimmt zu. „Wen ich hier alles kennenlerne!“ Sie arbeitet mehr in dem künstlerischen Bereich bei Drama for Life. Als ich sage, dass ich es wohl kaum schaffen werde, mal vorbeizuschauen, meint sie, dass das nicht ginge. Gerade in dieser Woche wäre ein echt sagenhaftes Programm. Besonders am Donnerstag. Da gäbe es eine Aufführung zum Thema Poetry. Sie schickt mir am nächsten Tag Informationen zur Big Poetry Show am Donnerstag. Die gehört mit in ihren Arbeitsbereich und sei sehenswert. Ich fahre hin, hört sich interessant an. – Ist es auch! Da mitzuarbeiten, internationale Künstler kennenzulernen; das ist schon etwas Besonderes.

Wir haben danach noch ein langes Gespräch. Die Welt findet Winnie hier definitiv weiter und offener, als Deutschland ahnen lässt. Manchmal ist sie hier wohl auch freundlicher. Auf alle Fälle ist es eine spannende und herausfordernde Zeit. Winnie ist gerne hier. Ein Schritt aus Deutschland heraus.

Malte treffe ich wieder bei Diakonia Aids Ministry (DAM) in Soweto. Ich bin schon in Hermannsburg auf Maltes Arbeit gestoßen. Er arbeitet mit den Jugendlichen und ist für den monatlichen News-Letter verantwortlich. Nicht eine Monatsbericht auf Papier. Ein Monatsvideo, dass an die Unterstützer verschickt wird. Malte hat es entscheidend mitentwickelt. „Das ist genau mein Ding! Genau meine Sache!“ Der News-Letter entwickelt sich spürbar. Mal eine neue, moderne Weise. Malte findet den richtigen Dreh, das reale Leben auf Video zu bringen, neu, ansprechend. „Ich probiere noch rum und es geht schon ganz gut.“ Das finde ich auch.

Sein Vorgesetzter, Maribe, ist sehr zufrieden mit ihm. Das lässt er durchblicken. Ich kann ihn verstehen. So wie Malte ist auch Vera bei DAM. Sie war erst an einem anderen Einsatzort. Das war nicht so der Treffer. Wie es ihr hier geht? „Das ist eine ganz andere Sache. Hier kann ich es gut aushalten! Ich fasse an, wo es nötig ist.“ Sie grinst zu Malte herüber, die beiden bieten gleich eine dance-class an, Tanzunterricht für die Schülerinnen und Schüler, die nachmittags kommen. Das ist bestimmt kein Walzer!

Malte, Freiwilliger bei DAM, und Jugendlicher aus Soweto

Als ich zur Outreach Foundation nach Hillbrow komme dauert es nicht lange und ich treffe auf Marten. Er arbeitet für den Sozialarbeiter Johan Robyn im neuen Beratungszentrum für Geflüchtete und MigrantInnen. Woche für Woche kommen drogenabhängige Menschen ins Zentrum und bitten um Unterstützung. Es gibt viele Gespräche und am Ende steht dann manchmal die Einweisung in eine Drogenklinik oder ein Reha-Zentrum. „Mittlerweile fahre ich jeden Mittwoch fünfzehn bis zwanzig Männer und manchmal auch Frauen in eines der der Zentren oder eine der Drogenkliniken, mit denen wir zusammenarbeiten.“ Dann zählt er mir eine Reihe von Einrichtungen auf. Er kennt sie mittlerweile genau. Und man kennt ihn. Da die Einrichtungen oft nur einen Schlafsaal haben, ist es besonders schwierig, wenn Frauen einen Platz brauchen. Aber auch den findet er. „Auch sonst ist hier viel zu tun. Da kommt auch am Wochenende ein Anruf: Kannst Du mal … Und ja, ich kann! Das ist anders hier. Da schau ich nicht auf die Uhr, ich schau auf die Menschen. Das ist nicht nur traurig, wir erleben vieles Schöne!“

Er fährt seinen Dienstwagen vor, da kommt ein Kollege vorbei, es fallen ein paar kurze Sätze, wir können uns kaum halten vor Lachen. Stimmt! Es gibt auch viel Schönes bei dieser Arbeit!

Killian arbeitet auch hier. „Ich bin dem ELM echt dankbar! Ich bin in das Freiwilligen-Programm gerade noch so hereingerutscht. Jetzt arbeite ich hier so als Mädchen für alles auf dem Compound.“ Er ist ausgebildeter Elektriker, aber auch sonst handwerklich fit. Es gibt immer etwas zu tun, sei es die Lampe mit dem Wackelkontakt oder die Schrauben, die in die Wand müssen, aber einfach nicht wollen.

Und manchmal kommt einfach eines zum anderen. Wie bei der neuen Bibliothek. Eigentlich sollte der Raum, der als Abstellraum genutzt wurde, nur aufgeräumt werden. „Aber wir merkten, es wäre wichtig, die ganzen alten Stromkabel rauszureißen und zu ersetzen. Es kamen kurzerhand noch ein paar Steckdosen dazu.“ Dann, so erzählt er, überlegten sie, ob man nicht etwas Sinnvolleres aus dem Raum machen könne, als einen Abstellraum. „Wir haben dann eine Wand rausgerissen und gedacht, dass er sich bestens für eine Bibliothek eignet. Da habe ich schnell ein paar Regale gebaut. Bücher hatten wir ja genug!“ Eine neue Buchspende kam hinzu, Tische und Stühle in den Raum, jetzt ist er hoch geschätzt bei den Besuchern der Outreach Foundation. So sehr, dass sogar eine Bücherei-Mitarbeiterin von einem Sponsor bezahlt wird. „Eigentlich will ich hiernach meinen Meister machen, aber wer weiß, vielleicht komme ich danach noch mal wieder. Wir sind hier im Gespräch.“

Und ich bin einfach nur stark beeindruckt! 

Michael Schultheiss
Killian, Freiwilliger bei LCOF, vor "seinem" Regal in der Bibliothek

Mitmachen!

Wer Interesse hat, selbst bei einem Freiwilligendienst dabei zu sein, kann sich an das ELM wenden! Anpsrechpartnerin für das Freiwilligenprogramm ist 

Regina Temmler
Teamkoordinatorin Internationale Freiwilligendienste
Tel: 0 50 52 / 69-257
Mail: r.temmler@elm-mission.net

Das ELM

„Grenzen überschreiten – Gottes Liebe erleben – Für eine gerechte Welt eintreten“: Für diesen Dreiklang steht das Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen (ELM Hermannsburg) in seinem Engagement. Dahinter steht die Überzeugung des ELM: „Nur gemeinsam sind wir stark. Denn ohne helfende Hände, ohne gleich gesinnte Freunde, ohne mitfühlende Worte, kommen wir nicht weit.“

Deshalb arbeitet das 1977 gegründete ELM Hermannsburg für ein starkes weltweites Miteinander in einem Netzwerk aus 23 evang. Kirchen in 19 Ländern auf vier Kontinenten  zusammen. Mit Gemeinden und Freundeskreisen in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika.

"Wir sehen und hören, in welchen Lebensbereichen unserer Partner Unterstützung gefordert ist und vermitteln lösungsorientiert die jeweils passenden Kompetenzen und Ressourcen. Das ist eine unserer Stärken, weil unsere interkulturell qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im fortlaufenden Dialog mit unseren Partnern in aller Welt stehen." 

Das ELM hat jahrzehntelange Erfahrung im Austausch von Theologen, Entwicklungsfachkräften und Ehrenamtlichen und unterstützt Projekte der Partnerkirchen finanziell. Als Stiftung arbeitet es auf der Grundlage rechtverbindlicher Verträge im Auftrag der drei evangelischen Landeskirchen Hannovers, Braunschweig und Schaumburg-Lippe und unterstützt die missionarischen Aktivitäten vor Ort: In Deutschland und in der Welt. Außerdem bestehen intensive Kontakte zur Ev. Kirche von Kurhessen und Waldeck sowie der Union ev. Kirchen in Elsass-Lothringen.
Rund 20 Freundeskreise und Bewegungen begleiten die Arbeit des ELM.