Gemeindemitglied oder nicht? Spielt keine Rolle!
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Die Hildesheimer Lukasgemeinde möchte mit ihrem Café Luca einen Ort für einen ganzen Stadtteil schaffen
Franziska Fritz hat es sich mit ihrer Tochter Henriette in einem Strandkorb gemütlich gemacht. Die Bedienung bringt Kaffee und Saft. Die beiden kommen oft ins Café Luca, das im Hildesheimer Stadtteil Ochtersum mit Sesseln und Strandkörben auf der Außenterrasse lockt. Henriette mag den Saft und das Eis und außerdem findet sie es hier "gemütlich und nicht so vornehm wie in anderen Cafés".
Aber das Café Luca ist auch nicht wie andere Cafés. Wenn BesucherInnen den Innenraum betreten, staunen viele von ihnen nicht schlecht. Sie stehen in einer Kirche. Das Café Luca ist ein Projekt der evangelischen Lukasgemeinde und erst seit etwa einem Jahr geöffnet. Die Idee, ein Café in der Kirche zu eröffnen, entstand aber schon viel früher. Bei einer Klausurtagung mit den neuen Kirchenvorständen im Jahr 2012 hatten die Teilnehmer zum Abschluss die Aufgabe, ihren Traum von der Kirche auf eine Papierwolke zu schreiben. Auf der Wolke von Pastorin Meike Riedel standen zwei Worte: "Café Luc". "Ich habe mir die Kirche als Ort des Lebens vorgestellt, wo Menschen kommen und gehen können", erinnert sie sich. "Und ich glaube, dass ein Café das bieten kann."
Dass dieser Traum, wenn auch mit einem etwas anderen Namen, Realität wurde, ist den Kirchenvorständen der Lukasgemeinde und vielen weiteren ehrenamtlichen Helfern zu verdanken. "Wir haben gleich gesagt: Das machen wir wirklich!", erinnert sich Inge Lähnemann. Sie war damals neu im Kirchenvorstand und hat sich gleich für das Café-Projekt begeistert.
Sechs Jahre sollte es bis zur Eröffnung aber noch dauern. So lange arbeiteten die ehrenamtlichen HelferInnen für ihr Ziel, informierten sich bei anderen Gemeinden, sammelten Geld und planten das Café gemeinsam mit einem Architekten-Eheparr. Dabei ging es Ihnen nicht nur darum, GottesdienstbesucherInnen einen Kaffee anbieten zu können. Das Luca sollte etwas völlig Neues werden, so Diakonin Sandra Heiting, die das Café-Projekt als Koordinatorin begleitet: „Ein Café in der Kirche, das für alle BewohnerInnen des Stadtteils da ist.“
"Wir haben festgestellt, dass in Ochtersum ein Treffpunkt fehlt", erinnert sich Lähnemann. "Und so einen alters- und religionsübergreifenden Treffpunkt wollten wir realisieren." "Wir haben erkannt, dass ein Café genau das bewirken kann, was wir uns für die Kirche wünschen", erklärt Pastorin Riedel. "Wir möchten neue Wege gehen, andere diakonische Impulse geben und uns in den Stadtteil öffnen."
Und tatsächlich wirkte das Projekt schon im Entstehungsprozess in den Stadtteil hinein. "Es gab ein wirklich großes Interesse", berichtet Lähnemann. "Und wir konnten schnell ein Team aus Ehrenamtlichen aufbauen." Und diese seien keineswegs nur aus der Lukas-Gemeinde gekommen. "Ob jemand Gemeindemitglied ist, hat überhaupt keine Rolle gespielt", erzählt Kirsten Kuckuck, die ebenfalls im Luca mithilft. "Bei den meisten wussten wir es überhaupt nicht." Auch Mitglieder der benachbarten katholischen St. Altfrid-Gemeinde engagierten sich bereits früh für das Café in ihrem Stadtteil.
Im Mai 2017 konnte das Café Luca schließlich Eröffnung feiern. Seitdem gibt es in der Lukaskirche an vier Tagen in der Woche selbstgebackene Kuchen, Kaffee, Tee und Saft. Das heißt aber auch: Viermal in der Woche muss gebacken, Kaffee gekocht, abgespült und müssen Gäste bedient werden. Etwa 45 Ehrenamtliche teilen sich alle Arbeiten, die rund um die Gaststätte anfallen. Es gibt eine Marketing-, eine Veranstaltungs- und eine Blumen-AG, außerdem Arbeitsgruppen für Projektsteuerung, Finanzen, Betriebsorganisation und ein Backteam.
Drei Ehrenamtliche teilen sich an jedem Tag die Arbeit im Service. "So hat auch immer jemand Zeit, sich mal dazuzusetzen, wenn ein Gast alleine her kommt", erklärt Sandra Heiting. Im Café Luca bleibe deshalb niemand einsam. Und oft könnten die Gäste in dem Café auch Pastorin Riedel oder sie selbst antreffen und mit ihnen über ihre Sorgen sprechen. Sogar Trauergespräche fanden im Café schon statt.
"Wir werden langsam zu einem echten Begegnungsort", freut sich Meike Riedel. Trotzdem möchte sie, dass das Café noch mehr zu einem wichtigen Teil des Stadtteils wird. Darum nimmt das Café Luca nun an der "Initiative Gemeinwesendiakonie" der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers teil. Mit dem Projekt sollen Gemeinden gefördert werden, die sich in ihrem Stadtteil oder Dorf aktiv einbringen und über die eigene Gemeinde hinaus Menschen erreichen wollen. "Mit der Unterstützung durch das Projekt möchten wir analysieren, welche Bedürfnisse die Menschen hier in Ochtersum haben", erklärt Riedel.
Auch die Kooperationen mit anderen Institutionen im Stadtteil sollen gestärkt werden. "Es gibt viele Ideen, wie auch Schulen und Sportvereine das Café Luca nutzen könnten", erzählt Heiting. "Jetzt müssen wir nur noch erkennen, wie wir sie umsetzen können."
Julia Dittrich