Arbeitszeit, die zum Leben passt
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Stephan Eimterbäumer vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt über Arbeit und Zeit
Am ersten Mai ist der Tag der Arbeit. Wie steht es um die Erwerbsarbeit der Deutschen? Die einen haben viel Arbeit, manche zu viel. Andere haben wenig Ar- beit und würden gern mehr Stunden machen. Dabei gibt es einen auffälligen Unterschied zwischen Männern und Frauen: Von den erwerbstätigen Frauen arbeiten 47% in Teilzeit, von den erwerbstätigen Männern neun Prozent. Den Frauen entgeht damit Einkommen und sie riskieren kleine Renten. Männer und Frauen sollten in gleicher Weise an beruflicher Erfüllung teilhaben und zum Familieneinkommen beitragen.
Kurze Vollzeit für alle
Ein Vorschlag dafür ist das Leitbild der „kurzen Vollzeit für alle“, die z.B. bei 30-32 Stunden pro Woche liegen könnte. Dann teilen sich Eltern die Arbeit in Haus und Familie gleichberechtigt. Viele Väter wollen heute eine stärkere Bindung zu ihren Kindern aufbauen und sie aufwachsen sehen. Das ist in diesem Modell möglich. Und Frauen erwerben nennenswerte Rentenansprüche. Der Wertewandel geht in diese Richtung: Jüngere Bewerber fragen schon mal, ob sie eine Vier-Tage-Woche arbeiten können!
Man könnte beginnen mit einer „kurzen Vollzeit für alle, die das wollen“. D. h. sie sollte in Unternehmen und Behörden ein Angebot sein. Wo das betrieblich durch Projekt- oder Schichtarbeit nicht geht, müsste es im Jahr zusätzliche Freizeitblöcke geben. „Kurze Vollzeitler“ müssten gleiche Aufstiegschancen haben wie „Langarbeiter“. In dem Maße, wie die einen ihre Arbeitszeit verkürzen, bräuchte es neues Personal.
In Tarifverträgen wird jetzt gelegentlich die Wahl „mehr Geld oder Freizeit“ eröffnet; und ein hoher Prozentsatz – auch der älteren Beschäftigten – entscheidet sich für zusätzliche Freizeit. Auf diese Weise könnten sich viele schrittweise der „kurzen Vollzeit“ nähern.
Arbeitszeitmodelle für das Leben
Ein Personalleiter behauptete: „Wir machen für jeden neuen Mitarbeiter sein eigenes Arbeitszeit- modell.“ Darin kann man das Bemühen sehen, Arbeitszeit so zu gestalten, dass sie zum Leben passt. Wann und wieviel sie arbeitet, kann jede Mitarbeiterin mitbestimmen. Es wäre wünschenswert, dass sie dies regelmäßig an ihre Lebenssituation anpassen kann, z. B. alle zwei Jahre (Wahlarbeitszeit). Wo es Fachkräftemangel und einen „War for Talents“ gibt, stehen die Chancen gut, dass attraktive Arbeitgeber ihren Beschäftigten kürzere und flexiblere Arbeitszeiten ermöglichen.
Zeit zum Leben
Was für eine Vision: Eine gerechtere Verteilung von Arbeit zwischen Frauen und Männern. Für alle, die kürzer arbeiten: trotz voller Stelle mehr Zeit für Familie, Freunde, Initiativen, Hobbys oder Weiterbildung. Für manche Paare würde die „kurze Vollzeit für alle“ weniger Geld bedeuten; doch Glück hängt nicht allein an Flugreisen und Zweitwagen. Und allen, die leidenschaftlich gern viel arbeiten, denen sei es gegönnt.
Pastor Stephan Eimterbäumer