In der Arbeit selbst wirklich werden
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Andacht zum Sonntag Kantate
„Spare, lerne, leiste was – dann haste, kannste, biste was“: So war die „Generation Golf“ der zwischen 1965 und 1975 Geborenen zum beständigem Klettern auf der Karriereleiter angefeuert worden.
Eine makellose Arbeitsbiografie gab festen Halt auf dem Weg nach „oben“. Ein guter Job ermöglichte Konsum und Anerkennung. Ein noch besserer Job, die Beförderung oder Gehaltserhöhung sicherten den sozialen Status.
Karriere: Laufbahn zum Ich – Du – Wir
Zukünftig werden immer weniger Erwerbstätige leben, um zu arbeiten. Sie sind dem ursprünglichen Wortsinn von Karriere wieder näher gekommen. Das französische „carrière“ ist vom lateinischen Wort für „Karren“ entlehnt und meint „Fahrstrecke“ oder schlicht „Laufbahn“.
Wer Karriere macht, ist unterwegs. Manchmal geradeaus und mit hohem Tempo; manchmal finden Zwischenhalte statt, befahren Menschen Spielstraßen oder finden aus Sackgassen heraus. Das alles ist Karriere im wahrsten Sinne des Wortes.
Sinnvoll Arbeiten
In der Apostelgeschichte wird erzählt, wie ein ausländischer Verwaltungsbeamter einen Karrierekick erhält. Auf einem Karren sitzend und unterwegs zu einem Termin liest er vom Propheten Jesaja und versteht kein Wort. Das wird ihm durch die Frage seines Reisegefährten klar. Den hatte ihm der Heilige Geist kurzerhand mit auf den Bock gesetzt. „Verstehst du auch, was du liest?“, fragt der ihn.
Nichts ist in der Karriere ein solcher Makel wie Unkenntnis. Eigentlich. Indem die beiden ins Gespräch kommen - der eine sein Nichtwissen zugibt und der andere dem Gelesenen Sinn gibt - entfaltet sich die Perspektive: Der Beamte wünscht sich, getauft zu werden. Und nach seiner Taufe heißt es: „Er zog aber seine Straße fröhlich.“
Da entdeckt ein Mensch Sinn – in seinem Leben, der Arbeit, im Alltag. Nicht mehr der Blick nach oben treibt ihn an, sondern das Wissen um das, was Arbeit auch ist: Dass ich selbst wirklich werde. Näher zu mir komme. Erfüllt bin vom Wissen, dass ich wichtig bin. Das lässt leichter und unbeschwerter auf der Laufbahn unterwegs sein. Zufriedener arbeiten.
Generation Y: Arbeit als Selbstverwirklichung
Gute Konjunktur und Fachkräftemangel rücken den Mensch an eine neue Position in der Kette der Wertschöpfung. Digitalisierung und die Herausforderungen durch globale Märkte scheinen von einem anderen Thema abgelöst.
Karriere machen bedeutet für jüngere Arbeitnehmer nicht mehr sozialen Aufstieg, ein Sich-Durchsetzen gegen andere.
Die Generation Y setzt Sinn an die Stelle von Status und das Gestalten von Netzwerken an die Stelle von Eigensinn. Unternehmen und Betriebe kriegen es mit Mitarbeitenden zu tun, für die Arbeit vor allem Sinn und Spaß machen soll.
Immer mehr Erwerbstätige lesen einen Satz wie: „Er zog aber seine Straße fröhlich“ als Leitbild für gute Arbeit. Gut, wenn die Arbeitswelt diesem Bedürfnis nach persönlicher Wertschöpfung Rechnung trägt: Durch neue Modelle zur Arbeitszeit, in der innerbetrieblichen Organisation und der Wertschätzung individueller Biografien.
Pastorin Nicole Beckmann, Theologische Referentin im Fachbereich Kirche, Wirtschaft, Arbeitswelt