Zwischen Tradition und Moderne
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Epiphanias-Empfang in Kloster Loccum/ Ministerpräsident und Bischof weiter für Reformationstag als Feiertag
Trotz Kritik von jüdischen Gemeinden und katholischer Kirche haben sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der hannoversche Landesbischof Ralf Meister erneut für den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag im Land ausgesprochen.
Während des 500. Reformationsjubiläums im vergangenen Jahr habe die evangelische Kirche bewusst immer wieder Angebote zur interreligiösen Diskussion gemacht und Gemeinsamkeiten betont, sagte Weil beim 68. Epiphanias-Empfang der hannoverschen Landeskirche am Sonnabend im Kloster Loccum. In einem so verstandenen Sinne sei der Reformationstag ein guter vorstellbarer Anlass für einen gesetzlichen Feiertag.
Der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden, Michael Fürst, hatte zuvor scharfe Kritik an der Absicht der Landesregierung geübt, den Reformationstag möglicherweise zum Feiertag zu erheben. In einem Brief an alle Abgeordneten des Landtags verwies Fürst dabei auf den Judenhass des Reformators Martin Luther (1483-1546).
Bei dem Empfang vor rund 130 Gästen aus Landespolitik, Wirtschaft und Kultur unterstrich Meister als Bischof der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland, wer den Reformationstag als Martin Luther-Verehrung verstehe, ignoriere die Arbeit der evangelischen Kirche in den vergangenen Jahrzehnten. "Der Reformationstag als Feiertag bietet nicht nur die Gelegenheit, ein historisches Erbe unserer Kultur zu pflegen, sondern auch Reformation als Impuls in die Gegenwart zu übersetzen und für die Zukunft fruchtbar zu machen."
Selten zuvor habe ein evangelischer Festtag religionsübergreifend, ökumenisch und weltoffen so viele Menschen national und international mit in das Nachdenken über Herkunft und Zukunft der Gesellschaft gezogen wie am 31. Oktober 2017, sagte der Bischof. Die öffentliche Diskussion über den Reformationstag als Feiertag sollte fortgesetzt werden.
Ministerpräsident Weil mahnte, dass angesichts einer zunehmenden Verunsicherung der gesellschaftliche Zusammenhalt nötiger denn je sei. Etwa beim Schutz vor Straftaten und der sozialen Sicherung habe der Staat wichtige Aufgaben zu erledigen, doch könne er nicht allein das Gefühl gesellschaftlicher Sicherheit schaffen. "Gewissheit und Gemeinschaft zu vermitteln, das ist die gemeinsame Aufgabe von Staat und Gesellschaft, von Politik, Kirchen und vielen Verantwortlichen mehr." Kirchen und Religionsgemeinschaften hätten dabei eine ganz besondere Rolle, weil sie Orientierung böten. "Deswegen brauchen wir sie gerade in ungewissen Zeiten ganz besonders."
Die Landeskirche lädt seit 68 Jahren Repräsentanten des öffentlichen Lebens zum Jahreswechsel zu dem Empfang in das mehr als 850 Jahre alte Zisterzienserkloster ein. Der frühere Landesbischof Hanns Lilje (1899-1977) hatte 1950 nach seiner Wahl zum Abt zu Loccum erstmals zum "Empfang zwischen den Jahren" gebeten. In diesem Jahr war der Ablauf leicht verändert: Das Refektorium, der ehemalige Speisesaal der Mönche mit seinen hohen gotischen Gewölben und wertvollen alten Büchern, ist wegen Bauarbeiten nicht zugänglich. Deshalb nahmen die Gäste in der Klosterkirche Platz, die extra hochgeheizt wurde.
Zwischen Tradition und Moderne hat der Empfang bis heute einen besonderen Charakter. Lilje bezeichnete seine Gäste gern als "Notabeln des Landes". So wurden einst die Mitglieder der königlichen Ratsversammlungen in Frankreich genannt. In Loccum beschränkt sich ihre Zahl schon immer auf höchstens 140 Personen. Mehr waren nicht im Refektorium unterzubringen.
Ein Zeitzeuge erinnert sich: "Der liebe Gott hatte meist ein Einsehen und schickte Glatteis, so dass nicht jeder kommen konnte und doch noch alle einen Platz fanden."
Landesbischof Ralf Meister und Abt Horst Hirschler stehen Seite an Seite an der Tür, um alle Gäste per Handschlag zu begrüßen. Altbischof Hirschler ist bereits seit 1988 einer der Gastgeber - zunächst als Landesbischof, seit 2000 als Abt. Die Reden sind noch immer allein dem Bischof, dem Ministerpräsidenten und dem Abt vorbehalten.
Bis heute gilt es als etwas Besonderes, auf der Einladungsliste zu stehen. Die Jahre, als die einzige Rolle von Frauen das Kaffeeausschenken war, sind allerdings schon länger vorbei. Margot Käßmann sorgte in den elf Jahren ihrer Amtszeit als Landesbischöfin konsequent dafür, dass die Frauenquote unter den Gästen von Jahr zu Jahr stieg.
Früher wurde neben Kaffee und Butterkuchen nur noch der eine oder andere Schnaps zum Aufwärmen gereicht, bevor sich um 18 Uhr in der Klosterkirche alle zur Andacht, der Hora, versammelten. Heute ist das Angebot um Orangensaft, Sekt und Salzgebäck erweitert.
epd