Letzte Ruhe zwischen Heide und Mittelmeergarten
Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de
Wandel in der Bestattungskultur stellt Friedhofsbetreiber vor Herausforderungen
Andreas Sterneck breitet den Arm aus und schlägt einen Bogen. Er deutet auf den Rasen rund um einen allein stehenden Grabstein auf dem Friedhof in Uelzen - viel Platz bis zum nächsten Grab. "Unser Problem sind die großen Freiflächen", sagt der Geschäftsführer des Friedhofsverbandes im evangelischen Kirchenkreis Uelzen.
Die Bestattungskultur wandelt sich und stellt Friedhofsbetreiber damit zunehmend vor neue Herausforderungen.
Auf den knapp 940 Friedhöfen der hannoverschen Landeskirche waren 1990 noch fast 90 Prozent aller Bestattungen Sargbestattungen. 2015 ergab die Umfrage schon ein deutlich anderes Bild, sagt Referatsleiterin Erika Marten vom Landeskirchenamt: Beinahe jede zwei Beerdigung war ein Urnenbegräbnis. Ein Urnengrab benötige aber nur etwa ein Drittel der Fläche. "Der Trend geht zum pflegearmen Grab, weil Menschen ihren Angehörigen keine Mühe machen wollen."
Längst ist es auch nicht mehr selbstverständlich, dass Menschen dort ihre letzte Ruhe suchen, wo sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht haben. Auch in Friedwäldern, Ruheforsten oder einer Seebestattung sehen immer mehr Menschen eine Alternative.
Die Friedhöfe wurden aber häufig in den 1970er Jahren nach der Einwohnerzahl berechnet. 20 Hektar ist der Uelzener groß, der in den 1990er Jahren noch erweitert wurde. "Die Hälfte würde aus heutiger Sicht auch reichen", sagt Sterneck.
Als einer von 33 Friedhöfen ist Uelzen an einem Projekt der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland beteiligt, bei den Landschaftsplaner auf der Suche nach neuen Wegen die Friedhöfe begutachten. "Eine erste Erkenntnis ist, dass möglichst mehrere alternative Grabformen angeboten werden müssen", sagt der Sachgebietsleiter im Landeskirchenamt, Martin Lahmsen. Es gebe eine immer größere Individualisierung, was die Art der Grabstätte angehe.
Andreas Sterneck sieht sich und sein Team auf einem guten Weg. Schon seit Jahren sind auf dem Friedhof auch Baumbestattungen möglich, sagt der Geschäftsführer. "Wir gehen mit den Angehörigen herum und zeigen, was wir im Angebot haben."
Ein Pfad führt dabei zum Beispiel durch angelegte Heideflächen, auf denen kleine Findlinge mit den Namen der Verstorbenen die Gräber markieren. Noch relativ neu ist ein mediterraner Garten mit Kies, Lavendel, Wacholder und Gräsern, der ebenfalls als Urnengrabstätte dient.
Eine attraktive Gartenlandschaft mit möglichst geringem Pflegeaufwand zu schaffen, löst aber nicht alle Probleme, erläutert Sterneck, der auch Vorsitzender der niedersächsischen Regionalgruppe im Verband der Friedhofsverwalter in Deutschland ist. Gerade musste er Gebühren erhöhen.
In Celle hat eine Kirchengemeinde ihren Friedhof bereits vor fast drei Jahren komplett geschlossen, weil er sich nicht mehr rechnete. Unterhalten muss sie ihn aber bis zum Ablauf der letzten Ruhefrist im Jahr 2036. Bevor dann eine ganz andere Nutzung möglich wäre, müsse 15 weitere Jahre eine Pietätsfrist eingehalten werden, sagt der Celler Kirchenkreissprecher Uwe Schmidt-Seffers. Weil die Gemeinde das nicht finanzieren könne, springe der Kirchenkreis mit einem Darlehen von bis zu 290.000 Euro ein.
Grundsätzlich gelte, dass Friedhöfe sich selbst tragen müssten und nicht etwa mit Kirchensteuermitteln finanziert werden dürften, sagen die Experten aus dem Landeskirchenamt. Langfristig werde es zunehmend sogenannte Überhangflächen auf den Friedhöfen geben, über deren alternative Nutzung nachgedacht werden müsse. "Da muss es eine Friedhofsentwicklungsplanung geben", sagt Lahmsen. Eines sei aber klar, ergänzt Referatsleiterin Marten: "Friedhöfe müssen Orte der Trauer, Ruhe und Besinnung bleiben."
Karen Miether (epd)