Die Familien tragen
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Mobiles Kinder- und Jugendhospiz hilft Familien durch schwere Zeiten
"Manchmal brauchen Familien Unterstützung, um herauszufinden, was sie stärkt und wie sie den Alltag mit einem schwerkranken Kind und eventuell dessen Geschwistern bewältigen können" weiß Juliane Ehlers. Sie ist Mitarbeiterin beim mobilen Kinder- und Jugendhospiz MOKI. Der Verein will Familien durch ein pädagogisch-therapeutisches Beratungsangebot unterstützen. Die Arbeit beginnt für den Verein im Moment der Diagnose einer schweren Krankheit oder Behinderung des Kindes. Dann begleiten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Familie im Leben, im Sterben und in der Trauer.
Im Interview erzählt Juliane Ehlers von ihrer Arbeit.
Warum arbeiten Sie bei MOKI?
Juliana Ehlers: MOKI ist ein ganz besonderer Ort, wo Trauer aufgefangen und gelebt werden kann. Ich fühle mich hier mit meinen Fähigkeiten am richtigen Platz und kann sowohl Eltern, betroffenen Kindern als auch ihren Geschwistern Zeit schenken und mit Ihnen bewusste Momente gestalten.
Was ist das Besondere an der Arbeit?
Juliane Ehlers: Das Besondere ist, dass die individuellen Bedürfnisse und Anliegen der Familien die Grundlage unserer Arbeit sind und wir ein vielfältiges Angebot haben, um darauf eingehen zu können. Wir besuchen die Familien zu Hause, wenn es aufgrund der Erkrankung des Kindes/ des Jugendlichen nicht möglich ist, das Haus zu verlassen. Wir beraten Mütter und Väter einzeln oder als Paar. Darüber hinaus bieten wir Elterngruppen, gemeinsames Frühstücken sowie Workshops zur Entspannung oder Körperarbeit an.
Auf Wunsch kann die Beratung auch in unseren Räumlichkeiten stattfinden. Für die Begleitung von Geschwistern und betroffenen Kindern/ Jugendlichen gibt es ein eigenes Team und altersentsprechende Einzel- und Gruppenangebote. Ich finde es toll, hier so kreativ und vielfältig wirken zu dürfen.
Was fällt Ihnen manchmal schwer?
Juliane Ehlers: Natürlich berühren mich die Schicksale. Die Tatsache, dass ich in einer so belastenden Situation hilfreich sein kann und darf, empfinde ich als großen Vertrauensbeweis. Viele, die von meiner Arbeit bei MOKI hören, reagieren ernst oder sogar betroffen. Doch zu meiner Arbeit gehört auch viel Lachen und Freude.
Was gibt Ihnen die Arbeit?
Juliane Ehlers: Die Arbeit erfüllt mich. Sie relativiert manches Mal meine alltäglichen Sorgen. Ein strahlendes Geschwisterkind zu sehen, das mit einem Pony in seinem Garten überrascht wird, damit die Geschwister noch mal einen besonderen Moment erleben und in Erinnerung behalten können - erfreut mich zutiefst. Die Arbeit mit meinen Kolleginnen bereichert mich sehr. Wir tragen die Familien und zwischendurch auch mal einander.
Corinna Stremme nahm an einem MOKI-Workshop teil, der Entspannungstechniken zeigte. Über die Stunden erzählt sie:
"Etwas, was ich immer wieder bei MOKI, ob beim Tanzen oder bei Gesprächen erfahre: ich erfahre dort ganz explizit, dass ich von der Locke bis zur Socke mit meinem Geist und mit meinem Körper ernst genommen werde und ich nicht allein sein muss: beim Atmen nicht, beim Tanzen nicht, bei Entscheidungen rund um mein behindertes Kind nicht. Welch Wohltat!
Und so erdrückt mich dieser Tag einmal nicht, sondern ich darf am Samstag bei Jule ganz Ich sein, ich habe hier wieder einmal „meinen Ort“ angesteuert, an dem ich andere betroffene Eltern treffe und mich wieder einer Gruppe zugehörig fühle. Hier darf ich mit mir mittlerweile lieb gewonnenen Eltern entspannen, schweigen, atmen, tönen, singen, auf dem Gymnastikball hopsen, lachen, meinen Gedanken nachhängen, im Kreis tanzen, einer von uns über Berührungen Kraft und Zuwendung schenken und auf der Erde lümmeln, ohne mich meines Müßigganges zu schämen."
Corinna StremmeKlaus Bulenz war Teil der Elterngurppe "Anteil geben - Anteil nehmen. Er erzählt:
"Ich hatte einen Ort gesucht, an dem ich nicht mehr nur mit mir allein, sondern auch mit anderen Eltern in ähnlichen Lebenssituationen meine Sorgen, Ängste, Traurigkeit und besonderen Empfindungen zum Leben teilen konnte.
Es war eine Sehnsucht nach ehrlicher Solidarität, nach Nähe, nach Anteilnahme, die ich ernsthaft nur bei Menschen mit einem ähnlichen Erfahrungshintergrund finden konnte. Mir war immer klar, mit meinem „besonderen Kind“ bin auch ich „besonders“, und dieses besonders Sein braucht einen Ort, eine Zusammenkunft seines Gleichen, um dem Gefühl der Einsamkeit zu entfliehen. Einen Ort und eine Zeit, in der ich so sein kann, wie ich eben grad bin,- ohne Pflichterfüllung, ohne „stark sein müssen“, ohne auf die Reaktionen der „Alltags-Normalo-Welt“ und deren Bewohner Rücksicht nehmen zu müssen."
Klaus Bulenz