Die Herzen der Menschen erreichen
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Riesen-Ensemble führt die „Lukaspassion“ von Krzysztof Penderecki auf
„Das ist das Aufregendste, was ich je gesungen habe,“ meint einer der Sänger auf dem Weg zur Kaffeepause. Er gehört zu dem großen Chor, der sich zur Zeit im Hildesheimer Michaeliskloster auf ein außergewöhnliches musikalisches Mega-Projekt vorbereitet.
Es geht um die Aufführung der „Lukaspassion“ von Krzysztof Penderecki. Drei Jahre arbeitete der berühmte polnische Komponist an diesem Werk, bis es 1966 zu einer umjubelten Uraufführung kommen konnte. Mit diesem Ereignis wurde Penderecki schlagartig weltberühmt.
Eine Aufführung der großartigen Musik ist stets ein absoluter Höhepunkt im Kulturkalender einer Stadt und ihrer Region. Penderecki ist mit seinen 84 Jahren inzwischen ein Altmeister der modernen Musik von höchstem Weltrang geworden. Das liegt auch daran, dass seine Musik mit ihrem emotional-expressiven Stil die Herzen der Menschen erreicht. „Ich wehre mich als Komponist einfach dagegen, dass die Musik immer komplizierter wird,“ sagte Penderecki 1987 in einem Spiegel-Interview.
Dabei stellt seine Musik die Ausführenden durchaus vor hohe Anforderungen. Das spüren auch die Mitglieder des Projektchores, die von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers extra für dieses Musikevent zusammengerufen wurde.
Dieser Chor ist etwas ganz Besonderes. Denn nur hauptamtliche Kirchenmusikerinnen und –musiker wurden zur Mitwirkung eingeladen. Mit ein paar Gästen in den Frauenstimmen ist das ein stimmgewaltiger Chor von 100 Sängerinnen und Sängern geworden. „Für viele von uns ist es sehr spannend, so etwas einmal aus der Sicht des Chorsängers zu erleben. Wir lernen sehr viel dabei,“ sagt Hans-Joachim Rolf, der als Landeskirchenmusikdirektor sonst selbst vorne am Pult steht.
Mit der „Lukaspassion“ ist 240 Jahre nach der alles überragenden „Matthäuspassion“ von J.S. Bach eine Passionsmusik entstanden, die den Vergleich mit dem großen Barockmeister aushält. Und Penderecki muss sich dieser Tradition verpflichtet gefühlt haben. Denn er verarbeitet neben vielen anderen Motiven auch die Tonfolge B-A-C-H als Material für sein Werk.
Man hat nicht oft die Chance, dieses bedeutende und tief bewegende Werk zu erleben. Denn der organisatorische und finanzielle Aufwand zur Verwirklichung ist immens. Zum Lutherjahr ist es aber gelungen. Das ist ein Glücksfall.
Für den Dirigenten bedeutet die Aufführung eine vielschichtige musikalische Koordinationsaufgabe. Antoni Wit ist dafür wie kein anderer berufen. Der Dirigent studierte bei Penderecki Komposition und gehört zu den kompetentesten Kennern seiner Musik. Er wird ein hoch qualifiziertes Riesen-Ensemble dirigieren: den Projektchor, den Knabenchor Hannover und die sehr groß besetzte NDR-Radiophilharmonie Hannover.
Dazu kommen noch der Sprecher Helmut Thiele und die Vokal-Solisten Ewa Biegas-Sopran, Jarosław Bręk-Bariton und Stephan Klemm-Bass.
„Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, neue Klänge zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben. Mein derzeitiges Schaffen ist eine Synthese.“ So gibt Penderecki ein Resümée seines Schaffens.
Claus-Ulrich Heinke