Flucht-Gedanken
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Andacht zum letzten Sonntag nach Epiphanias
Müde Gesichter mit Staub bedeckt: ein Mädchen und ein Junge kauern in einem Keller. Sie gucken durch ein Loch im zerbombten, bröckelnden Stahlbeton – himmelwärts.
Mit ihren Händen klammern die Kinder sich an die rostigen Stahlstreben – zugleich nach Halt suchend und nach Freiheit, nach Licht und nach Leben.
Zwei Kinder in Syrien, die in ihrem Leben nur den Krieg kennen und Verzweiflung, statt Spielen und Lachen.
Zwei Kinder, die sich einander halten, um nicht ins tiefe Dunkel gezogen zu werden. Mit ihren sehnsuchtsvollen Blicken gen Himmel gerichtet bitten sie um Frieden und Freiheit.
Als Mose gen Himmel mitten in der Wüste schaut, da bittet er Gott. Er bittet auch um Frieden und Freiheit für sein Volk, das festsitzt in Ägypten, versklavt, ausgenutzt, bald auf der Flucht.
Und Gott zeigt sich im Dornenbusch, der brennt, aber nicht verbrennt. Und Moses hört wofür Gott steht – für die Befreiung aus dem Elend: „Ich habe euer Elend gesehen. Ich habe euer Leiden erkannt. Und damit soll Schluss sein. Ich werde das beenden!“
Was für ein Versprechen. Kaum zu glauben.
Für das Volk Israel wurde dieses Versprechen konkret, nahm Gestalt an, wurde fassbar. Raus aus der Sklaverei. Flucht durch die Wüste. Dann: Rettung im gelobten Land.
Wie lautet Gottes Versprechen für die Menschen im 21. Jahrhundert? Wer versklavt uns? Was macht mich unfrei? Was macht mich mutlos, ängstlich? – Die Antwort Gottes: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Für Dich. Das ist Gottes Versprechen, da zu sein.
Es werden Menschen da sein, die einem zur Seite stehen. Die einem helfen. Einem aufhelfen. Gewiss auch mal: den anderen tragen.
So erlebt es gerade Hayel Nasr, der das Bild mit den Kindern gemalt hat. Der 40-Jährige ist syrischer Zeichner, Maler und Grafik-Designer. Nach der Einberufung zum Kriegsdienst verließ er vor 17 Monaten seine Heimat.
Zurück ließ er seine Frau und zwei Kinder, drei und neun Jahre, die sich bis jetzt in einer Kleinstadt in der Nähe von Damaskus befinden.
Hayel Nasr kommt regelmäßig in unsere Liebfrauenkirche in Neustadt. Hier findet er Menschen, die ihm helfen bei seinen Behördengängen im Asylverfahren. Hier findet er eine Heimat, die auch für seine Kinder eine Heimat sein könnte. Hier betet er für Freiheit, Frieden und Leben.
Pastor Marcus Buchholz, Liebfrauenkirche, Neustadt