Startseite Archiv Tagesthema vom 27. Oktober 2016

Kulturpreis 2016

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Den Kulturpreis der Landeskirche für das Jahr 2016 erhält der in Hannover lebende Fotojournalist Wolf Böwig (Jahrgang 1964), der für eine Dokumentarfotografie von einzigartigem Zuschnitt und künstlerischem Anspruch steht.

Seit 30 Jahren bereist Böwig Orte nicht nur einmalig oder gar ausschließlich im Rahmen von Aufträgen. Er besucht die von ihm porträtierten Personen und festgehaltenen Orte vom Horn von Afrika über den Balkan bis nach Indonesien mehrfach, nimmt auf diese Weise Anteil an ihrem weiteren Schicksal und dokumentiert es immer wieder. Böwigs Fotografien heben sich auch deshalb von anderer Dokumentarfotografie ab, weil er die Ergebnisse seiner Arbeit anschließend oft zu Collage ähnlichen Kunstwerken zusammenstellt. Seine Fotografien werden dafür übermalt, verfremdet oder mit Texten ergänzt, wodurch unikatäre ausgefeilte ästhetische Kompositionen geschaffen werden.
Mit der Preisvergabe würdigt die Jury Wolf Böwig, weil seine Arbeiten zu einer tiefergehenden Auseinandersetzung insbesondere mit den Themen von Krieg, Gewalt und Flucht anregen, keine Distanz schaffen, sondern vielmehr zu Nähe zwingen. Während die gesellschaftliche Diskussion oftmals an den Folgen von kriegerischen Auseinandersetzungen und Fluchtbewegungen hängenbleibt, gelingt es Böwig, deren Ursachen ins Bild zu setzen und die Geschichten der davon getroffenen Menschen zugleich fotografisch zu erzählen. Darüber hinaus beeindruckt die Jury sein über das Fotoprojekt hinausgehendes persönliches Engagement und sein weiterführendes empathisches Interesse an menschlichen Schicksalen.

Mit dem Kulturförderpreis der Landeskirche für das Jahr 2016 wird die 1988 geborene Autorin Shida Bazyar für ihren Debütroman „Nachts ist es leise in Teheran“ ausgezeichnet.

Die aus Rheinland-Pfalz stammende Autorin mit iranischen Wurzeln hat an der Stiftungsuniversität Hildesheim Literarisches Schreiben studiert. Sie spannt in ihrem Roman einen Bogen von der iranischen Revolution im Jahr 1979 bis in die deutsche Gegenwart. Die von ihr erzählte Familiengeschichte über Umsturz, Flucht, Integration und deutsche Gegenwart ist nach Auffassung der Jury von brennender gesellschaftlicher Aktualität. Die Komposition ihres Romans und die Zeichnung seiner Charaktere überzeugen in hohem literarischen Maß.
Shida Bazyar hat als Autorin bereits für ihren Debütroman eine unverwechselbare Sprache gefunden, in der Inhalt und Ausdruck, Herkunft und neue Heimat zu einer spannungsgeladenen Einheit verwoben werden. Sie verbindet dabei Fremdheit und Ankommen in einer literarischen Form, die nach Auffassung der Jury dem gegenwärtigen gesellschaftlich-kulturellen Diskurs zu Migration und Integration in Deutschland einen wesentlichen Impuls gibt.

Kunst pflegen und fördern

Eine Jury mit zehn Expertinnen und Experten aus Kirche, Kunst und Kultur hat die Preisträger aus den Sparten Film, Bildende Künste, Literatur, Musik, Theater ausgewählt. 17 Scouts aus dem Bereich der Landeskirche haben der Jury zugearbeitet. Der Preis wird alle drei Jahre an herausragende künstlerische Leistungen im Raum der Landeskirche verliehen.
 
„Wir freuen uns, dass mit den diesjährigen herausragenden Preisträgern erstmalig in der Geschichte des Kultur- und Kulturförderpreises unserer Landeskirche auch die beiden Kunstsparten Fotografie und Literatur in den Fokus rücken. Auch deshalb, weil sie je in besonderer Weise mit zwei exponierten Orten unserer Landeskirche verbunden sind, die Fotografie mit Hannover und das ‚literarische Schreiben‘ mit Hildesheim“, sagt Dr. Matthias Surall, Kulturbeauftragter im Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche.
 
Landesbischof Ralf Meister sagt: „Die Kirchen pflegen und fördern die Kommunikation mit der autonomen Kunst und Kultur, weil beide wichtige Formen der Weltbearbeitung und Weltdeutung sind. Darum hat die hannoversche Landeskirche Hannovers 2010 erstmalig ihren Kultur- und Kulturförderpreis ausgelobt, der Künstlerinnen und Künstler auszeichnet, die auf hohem Niveau Dialoge zwischen Glaube und Gesellschaft führen und darin uns als Kirche herausfordern. Dies wollen wir 2016 und darüber hinaus fortführen und pflegen.“