Zwiebelkuchen und Prosecco
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18. Sonntag nach Trinitatis
Zum Ende seiner dreiwöchigen Praktikantenzeit in unserer Kirchengemeinde resümierte der angehende Theologiestudent: „Etliches war mir ja bekannt aus meiner eigenen Gemeinde, und vieles hat meinen Erwartungen entsprochen. Eines aber hat mich bei euch verwundert: Es wird bei euch unglaublich viel gegessen und getrunken, und das zu den erstaunlichsten Anlässen. Das ist ja sehr angenehm, aber ich frage mich: Ist das nicht ein bisschen übertrieben und kommt der Inhalt nicht zu kurz?“
Mh – im Stillen ging ich unsere üblichen Aktivitäten in der Gemeinde durch: Der Gottesdienst am Sonntag mit Kirchen-Kaffee, Kinderkirche am Samstagvormittag mit Frühstück zu Beginn, Frauenhilfe natürlich mit Kaffee und Kuchen, Kirche im Kerzenschein bei Zwiebelkuchen und Prosecco, Fördervereinstreffen mit Abendbrot, Konfer-Blocktage mit Hot Dogs, das Begegnungscafé mit geflüchteten Menschen bei Tee, Crêpes und Waffeln …
Ja, er hatte Recht! Bei uns wird viel gemeinsam gegessen und getrunken. Zwischen Stirnrunzeln und Lächeln schwankend überlegte ich weiter: Beschäftigen wir uns zu sehr mit dem Nebensächlichen, so wie sich damals die Gemeinde in Rom über Nebensächlichkeiten zerstritt und das Wesentliche und in Christus Vereinende zu übersehen drohte? Konnte man meinen, dass sich unser Gemeindezentrum zu einem Imbiss oder kulinarischen Treffpunkt mit Beiprogramm verwandelt hatte?
Aber Nein, welch ein Irrtum! Denn ganz egal, was immer der Speiseplan in unseren Veranstaltungen bietet, im Vordergrund steht der Mensch, die Begegnung, das Miteinander, der Austausch, die Gemeinschaft, der gelebte Glaube, die gemeinsame Feier des geschenkten Lebens. Unser Zentrum ist und bleibt das menschgewordene Wort Gottes Jesus Christus und das Einander-Mitteilen, wie wir es verstehen und in unserem Leben in Handlung und Haltung umsetzen auf vielfältige Art und Weise.
Die Schätze, die wir beim Essen miteinander teilen, stehen nicht auf dem Tisch, sondern sie sitzen um den Tisch herum und schauen einander in die Augen, hören einander zu und sprechen Worte des Vertrauens und des Friedens. Sich gemeinsam an einen Tisch setzen und das Brot zusammen brechen und miteinander teilen, spricht manchmal eine deutlichere Sprache als Worte es je könnten.
Beim Begegnungscafé mit geflüchteten Menschen wird es ganz und gar offensichtlich:
Die Tischgemeinschaft von Deutschen und Syrern, Afghanen und Eritreern, Ungarn, Polen und Libyern lässt uns Brücken bauen, wo uns die gemeinsame verbale Sprache fehlt. Wir sitzen gemeinsam am Tisch, trinken und essen, mühen uns mit den wenigen zu Verfügung stehenden Worten und werden doch erfüllt von dem einen Geist, den Gott uns schenkt, der uns beseelt und eint, der uns Menschen sein lässt, so wie Gott uns von Anbeginn meint. Welch ein Segen! Guten Appetit!
Schulpfarrerin Andrea Below