Henne Martha und die Käfighaltung
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Ausstellung der Umweltstiftung mahnt zu bewusstem Umgang mit Lebensmitteln
"Poooak, Pok, Pok Pok", gackert es aus dem Lautsprecher. Gleich darauf wendet sich eine leicht schrullige menschliche Stimme an den Besucher: "Ich bin Marta und lebe mit 59 anderen Hühnern in einem Käfig. Es ist etwas eng hier, aber dafür gut organisiert und sauber."
Ein weiteres "Poooak, Pok, Pok, Pok" schließt sich an. Marta und ihre Kolleginnen aus anderen Ställen sind die Stars der neuen Ausstellung "ÜberLebensmittel" in der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück.
Marie-Sophie, Eliah und die anderen Schüler der Klasse 7a der Dom-Realschule in Osnabrück sind schwer beeindruckt. Sie sind die ersten Besucher der Schau. Sie wurde Mitte August eröffnet und wandert ab 2017 fünf Jahre lang durch ganz Deutschland.
Acht Themenbereiche und 16 interaktive Stationen informieren über Ernährung und Landwirtschaft. Sie verdeutlichen, wie Obst, Gemüse, Fleisch oder Milchprodukte hergestellt, verarbeitet und konsumiert werden. Zudem zeigt die Ausstellung Probleme auf, die durch Flächenverbrauch, Überproduktion, Einsatz von Kunstdünger oder Verschwendung von Lebensmitteln entstehen. "Wir wollen die Bundesbürger dazu motivieren, bewusster mit Lebensmitteln umzugehen", sagt Generalsekretär Heinrich Bottermann.
Besucher betreten zum Beispiel eine symbolisierte Weltkugel und erfahren, wie sich die Weltbevölkerung in den letzten 200 Jahren verändert hat. Sie schlüpfen in die Rolle eines Landwirtes und können sich entscheiden, ob sie ihre Wiesen mähen oder dort Rinder grasen lassen.
Marta und die anderen Hennen erklären aus ihrer Sicht die Vor- und Nachteile ihres Lebens in Käfigen, im Freiland, in Bodenhaltung und auf einem Bio-Hof. "Ich finde es nicht in Ordnung, Hühner in engen Käfigen zu halten", sagt Marie-Sophie (12) und ergänzt empört: "Das ist ja so, als würde man unsere Klasse in einen ganz kleinen Raum einsperren." Eliah (13) und Mauthin (13) stimmen zu.
Genau so hatten es sich die Macher der Ausstellung vorgestellt: Die Stationen klären auf und stellen verschiedene Lösungsmöglichkeiten vor - "aber ohne erhobenen Zeigefinger", betont Bottermann. Die Besucher sollen selbst herausfinden, wie sie mit ihrem Verhalten Landwirtschaft, Umwelt und die eigene Gesundheit beeinflussen können.
Angesichts des Klimawandels, eines viel zu hohen Flächenverbrauchs, und einer dramatisch rückläufigen Artenvielfalt sei es dringend notwendig, zu einer nachhaltigen Landwirtschaft zu kommen, betont der Generalsekretär. Ökologische und konventionelle Landwirtschaft müssten ihre ideologisch geprägte Konfrontation aufgeben.
Aber auch der Hunger in vielen Ländern und die wachsende Weltbevölkerung mahnten zum Umdenken, meint Bottermann: "Wir müssen wieder dahin kommen, dass die Mittel zum Leben wertgeschätzt werden." Einerseits landeten in Deutschland jedes Jahr etliche Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Andererseits hungerten weltweit rund 800 Millionen Menschen. "Diesen ökologischen, volkswirtschaftlichen und sozialen Irrsinn müssen wir stoppen."
Marie-Sophie und ihre Familie sind, was das betrifft, bereits jetzt vorbildlich: "Wir nehmen für unsere Reste immer Aufbewahrungsboxen", erklärt sie. "Und wenn dann doch mal was übrig bleibt, haben wir auch noch einen Hund."
Martina Schwager (epd)Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) fordert Maßnahmen der EU gegen Massenställe in der Bio-Geflügelhaltung. "Ein Stall muss künftig gleich ein Gebäude sein, worin dann maximal 3.000 Bio-Legehennen gehalten werden dürfen", sagte Meyer der Berliner "taz.am wochenende". Bislang verstünden die Behörden unter "Ställen" nur Stallabteile, von denen mehrere in einem Gebäude sein könnten. Diese Interpretation der EU-Ökoverordnung ermögliche zum Beispiel, 30.000 Bio-Hühner unter einem Dach zu halten.
Stallgebäude sollten genügend Abstand voneinander haben, sagte Meyer. Dann gingen mehr Tiere regelmäßig ins Freie und der in hohen Konzentrationen umweltschädliche Stickstoff aus ihren Ausscheidungen würde besser verteilt. "Die EU-Ökoverordnung sollte deshalb in diese Richtung so schnell wie möglich weiter entwickelt werden."
2014 lebten laut Statistischem Bundesamt über 70 Prozent der Bio-Legehennen in Betrieben mit mehr als 10.000 Tieren, über 24 Prozent sogar mit mehr als 30.000. Experten zufolge werden die Hühner meist jeweils in einem Gebäude untergebracht. Konventionelle Hühnerfarmen hielten im Schnitt sogar doppelt so viele Tiere wie ökologische Betriebe.
epd