Startseite Archiv Tagesthema vom 18. August 2016

"Familienplanung ist ein Menschenrecht"

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Die Stiftung Weltbevölkerung unterstützt Entwicklungsländer in der Aufklärungsarbeit

Vor 25 Jahren beschlossen die niedersächsischen Unternehmer Erhard Schreiber und Dirk Roßmann, zur Verlangsamung des Weltbevölkerungswachstums beizutragen. In einer Zeitung liest Schreiber 1991, dass sich die Bevölkerung in den Entwicklungsländern in den vorausgegangenen 40 Jahren mehr als verdoppelt hat. Dass Frauen ungewollt schwanger werden und ihre Kinder nicht ernähren können. Schreiber will Geld spenden, doch an wen? Schnell wächst die Idee, selbst eine Stiftung zu gründen. Davon erzählt er Roßmann. Der 69-jährige Drogeriemarkt-Gründer erinnert sich noch genau, wie er daraufhin zu Schreiber sagte: "Sie sprechen mir aus der Seele." Bald war für die beiden klar: "Wir machen das."

Heute hat die Stiftung Weltbevölkerung mit 170 Mitarbeitern ihren Sitz in Hannover und betreibt weitere Büros in Berlin und Brüssel, in Äthiopien, Tansania, Kenia und Uganda. Am Donnerstag feiert die Stiftung ihr 25-jähriges Bestehen. Sie will Frauen eine eigene Familienplanung ermöglichen und damit die Chancen ganzer Länder verbessern. Für Dirk Roßmann ist klar: "Wenn wir Frauen ermöglichen, dass sie den Abstand zwischen den Geburten kontrollieren können und weniger Kinder haben, sind sie im Durchschnitt gesünder, haben bessere Ausbildungschancen und Möglichkeiten am Erwerbsleben teilzunehmen."

Geschäftsführerin Renate Bähr sagt, dass jede vierte Frau in Entwicklungsländern gerne verhüten würde, aber keine Mittel dazu hat oder es nicht darf. Das Resultat: Jede Minute gibt es 160 Menschen mehr auf der Erde, pro Jahr sind es mehr als 80 Millionen. Für Bähr ist Familienplanung ein "Menschenrecht". Gerade in den ersten Jahren setzte sich die Stiftung darum vor allem dafür ein, Frauen aufzuklären und zu stärken. Für das erste Projekt im Jahr 1992 reisen Mitarbeiter nach Kenia, um dort Geburtshelferinnen auszubilden und eine Geburtsstation auszubauen.

Als Bähr 1994 zur Weltbevölkerungskonferenz nach Kairo fährt, ist der Grundstein für das politische Engagement der Stiftung gelegt. Zwei Jahre später richtet das Team bereits ein europäisches Netzwerk-Treffen mit anderen Nichtregierungs-Organisationen (NRO) aus. Seit 2003 ist die Stiftung Weltbevölkerung Bähr zufolge die einzige deutsche NRO, die einen parlamentarischen Beirat hat. Seine rund 30 Mitglieder engagieren sich dafür, dass Deutschland einen angemessenen Beitrag für die Gesundheit, insbesondere Aufklärung und Familienplanung, in Entwicklungsländern leistet.

Die Stiftung selbst verfügt über ein Kapital von rund zwei Millionen Euro. Die eigenen Projekte würden aber mehrheitlich aus Spenden und mit Zuwendungen anderer Organisationen in Höhe von insgesamt etwa sieben Millionen Euro im Jahr finanziert, erläutert die Geschäftsführerin.

"Die größte Hebelwirkung liegt in der Aufklärung von Jugendlichen", erläutert Bähr. Denn nie zuvor gab es auf der Welt so viele junge Menschen wie heute. In Uganda etwa ist die Hälfte der Bevölkerung jünger als 15 Jahre. Die Stiftung bietet darum in mehr als 400 Jugendclubs Projekte gezielt für Jugendliche an. Dabei geht es um Themen wie Sexualität, HIV und Verhütung. "Auf anderem Weg werden die Jugendlichen meist nicht aufgeklärt, haben aber oftmals schon Sex", sagt Bähr.

Die Stiftung bietet den jungen Menschen außerdem Ausbildungen zum Beispiel als Koch oder Hühnerzüchter an. Denn Armut, Perspektivlosigkeit und Bevölkerungswachstum seien eng miteinander verknüpft. Oder umgekehrt: "Mit dem Reichtum sinkt tendenziell die Kinderanzahl. Armutsbekämpfung trägt daher auch zur Verlangsamung des Weltbevölkerungswachstums bei."

Dirk Roßmann ist zufrieden mit dem Erreichten. Zwar ist die Weltbevölkerung seit der Gründungszeit rasant auf mehr als 7,4 Milliarden Menschen gestiegen. "Doch die Weltbevölkerung wächst deutlich langsamer als noch vor 25 Jahren." In Äthiopien bekommen Frauen im Durchschnitt nur noch vier statt sieben Kinder, sagt er. Für die Zukunft wünscht sich Roßmann, dass alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können. "Dann wären die Ziele der Stiftung erreicht und wir könnten die Arbeit einstellen."

Leonore Kratz (epd)

Notruf für Schwangere

Schwangere und Mütter in Bremen können sich ab sofort rund um die Uhr an die kostenlose Notruf-Nummer 0800/6050050 wenden. "Die Anrufe werden von ehrenamtlich tätigen Frauen entgegengenommen, die Frauen in Not ein offenes Ohr bieten", sagte Bremens Diakoniesprecherin Regina Gruse. "Sie hören zu, sind da und vermitteln bei Bedarf passende regionale Beratungs- und Unterstützungsangebote." Die Hotline richte sich beispielsweise an Mädchen und Frauen, die ungewollt schwanger sind.

Auch wer Fragen zu Verhütung, Schwangerschaft und Geburt hat oder überfordert mit einem Baby oder Kleinkind ist, kann sich melden. Die Mitarbeiterinnen stellen überdies Kontakte zu Adoptionsvermittlungen, Kuren und Therapien her. Frauen werden vor und nach der Geburt betreut und können in Zusammenarbeit mit Netzwerk-Partnern auch Wohnmöglichkeiten sowie eine Ausbildungs- und Berufsberatung bekommen.

Mit dem Bremer Angebot unter der Schirmherrschaft von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) wird das Netzwerk "Mirjam" erweitert, das 2001 unter anderem von der damaligen hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann in Niedersachsen gegründet wurde. Von Bremen aus wird nun auch das schon länger bestehende Angebot für den Nordwesten koordiniert, zu dem ein Standort in Emden gehört. Stützpunkte befinden sich außerdem in Hannover und in Göttingen. "Mirjam" ist ein Angebot des Diakonischen Werks Bremen und des Landesvereins für Innere Mission in Hannover.

epd