Das Dorf und die Flüchtlinge
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Im 100-Einwohner-Ort Sumte ist die Krise ausgeblieben
Kardo Dilan Ibrahim legt mit flinker Hand Brötchen in den Backofen, noch eins und noch eins. Doch so viele Abendessen wie im November, als der 17-Jährige aus dem Irak in der niedersächsischen Notunterkunft Sumte angekommen ist, werden längst nicht mehr gebraucht.
1.000 Flüchtlinge auf 102 Einwohner, mit dieser Aussicht machte der kleine Ort Sumte im Nordosten Niedersachsens im Herbst Schlagzeilen. Mehr als 700 Menschen lebten zu Hochzeiten tatsächlich vorübergehend in dem ehemaligen Bürokomplex, sagt Mitarbeiterin Daniela Hartwig. Jetzt sind es nicht einmal mehr 60.
Noch bevor im November die ersten Flüchtlinge eintrafen, berichteten etwa die "New York Times" oder der Nachrichtensender Al Jazeera über das Dorf, in dem sie ein Symbol der deutschen Flüchtlingspolitik sahen.
Bürgerversammlungen waren von Ängsten geprägt. Straßenlampen wurden installiert, der Ruf nach mehr Polizei wurde laut. "Aber durch die gute Zusammenarbeit konnten die meisten Probleme gelöst werden", bilanziert Ortsvorsteher Christian Fabel. Nur auf eine vernünftige Internetverbindung warte der Ort bis heute.
Vor dem Gehöft gegenüber der Notunterkunft grasen Ponys auf der Weide. "Bitte die Pferde nicht füttern, bitte nicht mit den Pferden spielen" steht in englischer und arabischer Schrift am Zaun. Eine der praktischen Lösungen, die wie Fabel sagt, "im guten Miteinander" gefunden wurden. Noch immer treffen sich der Ortsvorsteher und weitere Lokalpolitiker regelmäßig zu Lagebesprechungen mit dem verantwortlichen Leiter der Unterkunft, Jens Meier vom Arbeiter-Samariter-Bund.
Es herrscht Ruhe im Ort und in der Notunterkunft. Im Gang sitzen ein paar Männer vor dem Fernseher. Einige Jungen haben sich am Bushäuschen vor dem Flüchtlingsheim versammelt. Von den Trakten mit den Schlafsälen stehen viele leer. Arbeiter tauschen bewegliche Paravents zwischen den Stockbetten gegen feste Sperrholzplatten aus - für mehr Privatsphäre. Der Kindergarten, die Schule und Freizeitangebote laufen weiter. "Jetzt haben wir Zeit, um zu gucken, was wir hier noch verbessern können", sagt Daniela Hartwig, die die Sanitätsstation leitet.
Wenn die Notunterkunft weiterhin so gut geleitet werde, könne sie ruhig noch bleiben, sagt auch Ortsvorsteher Fabel. Schließlich sei viel investiert worden. Und nötig sei die Hilfe für Flüchtlinge wohl auch in Zukunft noch: "Wenn wir die Nachrichten verfolgen..."
Karen Miether (epd)