Furcht ist nicht in der Liebe
Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de
„Wir haben uns ganz kurzfristig entschlossen: Wir machen das jetzt!“ Ein junges Paar sitzt vor mir zum Traugespräch. Sie ist ganz atemlos, er dreht ständig sein Handy in den Händen. Beiden schlägt das Herz bis zum Hals, das spüre ich noch vier Meter entfernt. In sechs Wochen werden sie heiraten, das haben sie gestern beschlossen. Ich merke: Sie sind sich der Tragweite dieser Entscheidung bewusst. Da sitzen zwei, die sich wirklich (etwas) trauen.
„Wer in der Liebe bleibt…“ Wie oft geht das bei uns Menschen schief! Wir stehen im Altarraum unserer Kirche – nervöse Blicke, dann nimmt sie seine Hand, und sie strahlen sich an. Die Brautleute stellen sich vor, wie sie in sechs Wochen hier stehen und sich ewige Liebe und Treue versprechen. Beide haben schon eine Ehe hinter sich. Beide bringen Kinder in die Ehe mit. Für beide ist es das erste Mal, dass sie um Gottes Segen für ihre Ehe bitten.
„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“ Schon bei manch einer Hochzeit habe ich diesen Vers gehört als Beschreibung des Brautpaares – vollkommen in ihrer Liebe, füreinander bestimmt, Liebe auf den ersten Blick, ohne Zögern, ohne Furcht. „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“ Wie unvollkommen fühle ich mich da selbst als Zuhörerin in der Kirchenbank. Denn so sehr ich auch liebe, den Traummann, mit dem es ganz und gar vollkommen wäre, habe ich noch nicht gefunden und umgekehrt bin ich selbst sicher nicht perfekt. Im Gegenteil: Gerade wo ich liebe, erlebe ich auch existentielle Furcht und heftige Auseinandersetzungen.
„Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Dieses Versprechen nimmt mir die Furcht, denn Gottes Liebe ist vollkommen. Sie ist mein Lebensraum, aus dem ich nie herausfallen kann. Diese Verheißung kann ich weitergeben an Brautpaare, die zu mir kommen. Das Paar, das mir so deutlich vor Augen steht, braucht den Segen Gottes für seinen Neuanfang als Patchwork-Familie.
Sie wissen, wie schmerzhaft es ist, wenn Liebe zwischen Partnern zerbricht. Sie wollen gute Eltern sein für ihre eigenen Kinder und die Kinder des Partners. Zugleich aber keine andere Mutter, keinen anderen Vater verdrängen, die Kinder nicht in eine Familie hineindrängen, es behutsam angehen lassen. Und doch braucht es den schnellen Entschluss: Heirat in sechs Wochen. „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ Lass es uns versuchen – mit dem Segen Gottes für uns und unsere neue Familie.
Christina ErnstChristina Ernst