Startseite Archiv Tagesthema vom 13. Mai 2016

Pfingsten

Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de

Was wir heute Pfingsten nennen, ist die althochdeutsche Übersetzung des griechischen Wortes „pentecoste“ „fimfchustin“, also der fünfzigste Tag.

50 Tage nach dem Passah-Fest erinnerten sich die Juden im so genannten Shavuot-Fest daran, wie Mose am Berg Sinai die Tafeln mit den Zehn Geboten von Gott erhalten hat.

Die ersten Judenchristen haben also ihre Bibel, auf dem Hintergrund des Lebens, Sterbens und der Auferstehung Jesu Christi neu gelesen.

Sie verkündeten: mit Leben, Tod und der Auferstehung Jesu Christi sind endlich die Verheißungen der Propheten Wirklichkeit geworden. Einer von ihnen, Joel, wird in unserem Text genannt:
„In der Zeit vor dem Ende der Welt werde ich meinen Geist ausgießen."

Im Alten Testament wird der Berg Sinai als feuerspuckender Vulkan beschrieben, also wird das Pfingstgeschehen in Jerusalem als ein ähnliches Schauspiel mit „Brausen vom Himmel, wie von einem gewaltigen Sturm“ und Feuerzungen erzählt.

Diesmal ist allerdings kein Vulkan ausgebrochen, sondern endlich ist der Groschen bei den Jüngern gefallen.

Worin bestand das andere Verstehen der alten Weissagungen?

Ein Blick auf die Metaphern die Sinaigeschichte und der Pfingstgeschichte macht das deutlicher. Die Sinaigeschichte erzählt vom Erhalt der Gesetzestafeln.

Bei dem Wort Gesetz fallen uns vielleicht Begriffe wie Hierarchie, Unterordnung, Befehl und Gehorsam ein. Gott ist wie ein König, ein oberster Gesetzgeber, der ganz allein entscheidet, ob sein Gesetz eingehalten wird.
Die Wortbilder der Sinaigeschichte sind aus dem Bereich der Natur und des sozialen Zusammenlebens entlehnt. So wird das Verhältnis Gottes zu seinen Menschen beschrieben.

Die ersten Christen benutzen andere Bilder, um diese Beziehung zu beschreiben. Sie nehmen die Bilder auf, die sie von Jesus gehört hatten: sie sprechen von Kindern, Erben, Mitgenossen - Partnern würden wir heute sagen. Bilder, die es im Judentum auch schon gab.

Es sind Bezihungsbilder aus dem familiären Bereich. Neben dem Bild des Königs tritt das des liebenden, vergebenden Vaters. Menschen werden zu Mitgliedern einer Familie, Erben, und Partnern. Das Verstehen der Gebote als göttlichem Willen leitet der Geist Gottes.

Gott und Menschen gehören zusammen wie in einer großen Familie, die von der Liebe des Vaters inspiriert und belebt wird.

Das hat Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen untereinander: wildfremde Menschen von ganz verschiedener Herkunft, Sprache oder Kultur - sie gehören ja zu einer Familie -,verstehen sich, sie haben alle einen Vater, und führen ihre unterschiedlichen Tradition weiter. So erzählt es unsere Geschichte.

Der Geist Gottes führt alle Menschen als Teilhaber Gottes zusammen. Sie bleiben in ihrer Unterschiedlichkeit bestehen. Diese Unterschiede führen nicht zu Verhältnissen, wo sich einer dem anderen unterzuordnen hat. Nicht alle sind gleichartig, aber alle sind gleichberechtigt.

Das ist eine Auffforderung an uns. Vielleicht müssen wir, um die Botschaft Jesu weiterzutragen ganz neue Bilder finden, wie z. B.: Pfingsten ist wie das Installieren einer ganz neuen App auf einem I-Phone.

Es kommt darauf an, dass wir die biblischen Geschichten in ihrem Geist und Sinn erfassen, sie für uns neu erschließen. So geht Pfingsten weiter. So werden wir Teilhaber an der Herrlichkeit Gottes und erzählen die Pfingstgeschichte weiter.

Der Text

Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

(Apostelgeschichte 2,1-4)
bibel_blumen
Bild: Wiebke Ostermeier/lichtemomente.net

Der Autor

Johann Stephan Lorenz ist Klinikseelsorger und Leiter der Chatseelsorge.

Fernseh-Gottesdienst

Das Erste überträgt am Pfingstsonntag einen Fernseh-Gottesdienst aus der evangelischen Pauluskirche in Hannover. Dabei wird Pastorin Anke Merscher-Schüler unter anderem ein Kind taufen, wie die Evangelische Kirche im NDR mitteilte. In der Predigt wird die Theologin die zentrale Bedeutung der Taufe als einigendes Band aller Christen hervorheben.

Pfingsten gilt als Geburtstag der Kirche. Nach der biblischen Überlieferung predigte der Apostel Petrus am Pfingstfest in Jerusalem zu einer großen Menge aus verschiedenen Ländern, und 3.000 Menschen ließen sich taufen. In dem Gottesdienst wirken auch ein Kinderchor, ein Bläserensemble und zwei Flötistinnen mit. Die Übertragung beginnt um 10 Uhr.