Architekt der Erinnerung
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Stararchitekt Daniel Libeskind wird 70 Jahre alt, doch der Ruhestand ist nicht in Sicht. Sein Entwurf für die Leuphana Universität in Lüneburg sorgt fortwährend für Diskussionen. Vor wenigen Wochen hat das New Yorker Libeskind Studio nun ein neues Großprojekt vorgestellt: Im Norden von Irak, in Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, soll ein „Kurdistan Museum“ entstehen, die weltweit „erste bedeutende Einrichtung“ zur Geschichte und Kultur des kurdischen Volkes.
Es ist ein typisches Libeskind-Vorhaben. Der Sohn polnischer Holocaust-Überlebender, geboren am 12. Mai 1946 in Lódz, hat sich in vielen seiner rund 70 Bauwerke mit Erinnerung und Hoffnung befasst. Zu den Hauptwerken zählen das Jüdische Museum in Berlin, das Militärische Geschichtsmuseum in Dresden, das Kongresszentrum im belgischen Mons, die Keppel Bay Wohntürme in Singapur und das Denver Kunstmuseum. Libeskind-Bauten - das sind spitze Winkel, harte Kanten, Kristall, Licht und leerer Raum, Stahl und Glas. Auch das neue Zentralgebäude der Leuphana Universität folgt diesem Stil.
Das Museum in Erbil wurde von der Regierung der Autonomen Region Kurdistan in Auftrag gegeben. Es soll die „reiche Kultur und die Zukunft vom Kurdistan“ vermitteln, erklärte Libeskind. Es müsse einen Weg finden zwischen „zwei extremen Emotionen“: Trauer wegen der Last der Unterdrückung durch den irakischen Diktator Saddam Hussein und „Freude und Hoffnung beim Blick auf die Zukunft“.
Als Architekt sei man zwangsläufig Optimist, sagte Libeskind in einem Interview mit der Architekturwebseite „archdaily.com“. Denn ein Architekt entwerfe Projekte, die erst noch realisiert werden müssen. Architekt sei ein „Beruf, der Geschichten erzählt“. Bauwerke müssten auf Erinnerungen stehen, denn man könne keine neuen Horizonte öffnen ohne Verankerung in der Geschichte.
Lódz sei für einen jüdischen Jungen in den Jahren nach Krieg und Holocaust gefährlich gewesen, schrieb Libeskind in seiner Autobiografie „Entwürfe meines Lebens“. Als der Junge elf war, zog seine Familie nach Israel, zwei Jahre später in die USA. In Interviews und bei Vorträgen spricht Libeskind über seine Ankunft im Hafen von New York und die Freiheitsstatue als Inbegriff der Hoffnung.
Der Entwurf des Kurdistan Museums erinnert an das Jüdische Museum Berlin und Libeskinds Versuch, nach „diesen schrecklichen Ereignissen dem Leben zum Sieg zu verhelfen“. Vier Museumsteile repräsentierten die kurdischen Besiedlungsgebiete in der Türkei, im Irak, in Syrien und im Iran. Zwei Linien durchbrechen das Gebäude und treffen sich in einem Innenhof: Eine repräsentiert Trauer, die andere Hoffnung.
Iraks Kurden stehen im Überlebenskampf gegen den Terrorverband „Islamischer Staat“. Nach jahrelanger Arbeit im Verborgenen enthüllte Daniel Libeskind das Museumskonzept im April bei der Bloomberg Businessweek Design Konferenz in San Francisco. Zu Zeiten der Zerstörung habe er „das Verlangen, etwas zu bauen“, sagte er.