Tür - und Angel-Situationen
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Das Religionspädagogische Institut (RPI) Loccum und das Zentrum für Seelsorge laden zu einer Fortbildung für die Konfirmanden- und Jugendarbeit ein. Die Vorträge und Workshops, an insgesamt drei Tagen, stehen alle unter dem Thema „Konfis, Teams und Eltern brauchen mehr als Unterricht!“.
Dr. Sönke von Stemm aus dem RPI wird die Veranstaltungstage leiten. In einem Interview mit der Online-Redaktion des Evangelischen MedienServiceZentrums (EMSZ) gibt er Einblicke in die Thematik rund um das Thema Jugendarbeit und Seelsorge.
Redaktion: Konfirmandenarbeit und Seelsorge verbinden viele wohl nicht direkt miteinander. Was ist darunter zu verstehen?
Sönke vom Stemm: Konfirmandenzeit ist lebendige Kirche mit Jugendlichen (wenn auch auf Zeit). Das bedeutet, Konfirmandenarbeit besteht nicht nur aus Lernen. Die Jugendlichen üben und erproben, wie das „Christsein“ mitten im Alltag und in besonderen Momenten für sie gehen kann, indem sie singen, beten, feiern und eine Gemeinschaft auf Zeit werden. Dazu gehört auch der Kontakt und die Begleitung durch Hauptamtliche, die nicht nur erzählen, sondern vor allem auch zuhören.
Redaktion: Im Flyer zum Seminar steht, es soll ein „update“ für die Verknüpfung dieser beiden Bereiche sein. Was hat sich verändert?
von Stemm: Die Konfirmandenarbeit hat sich in den letzten Jahren weiter entwickelt und auch die Seelsorge. Insbesondere die Gesprächsführung in Kurzgesprächen, aber auch der Personzentrierte Ansatz sind beispielsweise erst relativ neu in die Ausbildung der Vikarinnen und Vikare aufgenommen worden.
Redaktion: Das Seminar soll mit der Einstiegsfrage: „Siehst Du mich?“ beginnen. Wie ist die Lebenssituation der jetzigen Konfirmanden-Generation?
von Stemm: Natürlich ist das sehr individuell unterschiedlich, und doch lassen sich bestimmte Aufgaben identifizieren, die von Jugendlichen heute bewältigt werden müssen. Spannend ist der regelmäßige Bericht der Arbeitsgemeinschaft Ev. Jugend dazu zu lesen. Ein wichtiges Beispiel ist die Medienkompetenz: sind die neuen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke eigentlich ein Vorteil oder ein Nachteil, wenn man gerne echte und vertiefte Freundschaften eingehen möchte.
Redaktion: Wie häufig kommt es im Unterricht und z.B. auf Freizeiten zu Situationen, in denen die Jugendlichen Seelsorge brauchen und sie auch von Pastoren/Diakonen in Anspruch nehmen möchten?
von Stemm: Jugendliche suchen einen Erwachsenen außerhalb ihrer Familie nur selten zu einem Visavi-Gespräch auf. Das ist auch in der Konfirmandenarbeit nicht anders. Aber gerade auf den Freizeiten entstehen sehr viele Tür- und Angel-Situationen, in denen Jugendliche in halböffentlicher Atmosphäre die Gelegenheit haben, sich einer Vertrauensperson zu öffnen.
Ich habe den Jugendlichen vor Augen, der auf der Rückfahrt im Bus neben all dem Lachen und der Musik plötzlich erzählt, wie wenig er sich auf zu Hause freut, weil seine Eltern sich gerade trennen. In solchen Situationen gilt es, angemessen zu reagieren.
Redaktion: Wie wichtig ist bei der Arbeit mit Konfirmanden die Einbeziehung der Eltern und weiterer Personen aus dem Umfeld?
von Stemm: Ca. 25% aller Gemeinden in unserer Landeskirche setzen auf die zweiphasige Konfirmandenarbeit, die schon mit Grundschulkindern beginnt. Hier sind die Eltern sogar Mitarbeitende und werden zu den Inhalten der Konfirmandenarbeit geschult.
Aber auch in allen anderen Modellen ist es üblich, die Eltern nicht nur zu informieren, was in der Konfirmandenarbeit läuft, sondern zu beteiligen bzw. ihnen eigene Angebote zu machen. Elternabende werden im Idealfall (!) zu Gesprächsabenden, zum Beispiel über die Frage, wie ich mit meinem (jugendlichen) Kind über Tod und Sterben sprechen kann.
Interview (Online-Redaktion EMSZ)Sönke von Stemm
Bild: RPI Loccum